Los Angeles Autoshow 2007:Golden State: Spaß trifft Angst

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Die Los Angeles Autoshow will die übermächtige Detroiter Messe Anfang Januar vom amerikanischen Thron stoßen. Dabei trommeln im Golden State allen voran die deutschen Hersteller.

Radiomoderator Frank Beckmann hakt noch einmal interessiert nach. Der Radiosender abc-WJR AM760 aus Detroit ist am ersten Messetag live auf Sendung. "Sagen sie Carl, was ist nun mit den Kunden? Die haben doch einfach Angst vor einem Benzinpreis von vier Dollar pro Gallone", er macht eine Pause um die Spannung beim Zuhörer zu heben, "aber neben Diesel- und Hybridmodellen stehen hier verdammt viele dicke Vans und Luxuslimousinen."

Lexus bemüht sich mit dem IS-F um ein breites und sportliches Spektrum: Er soll dem BMW M3 mächtig Dampf machen. (Foto: Foto: Pressinform)

"Wir leben von Emotionen"

Carl Galeana von der Los Angeles Autoshow hatte die Frage des Moderators erwartet, er lächelt lässig: "Stimmt schon, aber die Messe bietet eben beides: Sparsamkeit und Power - wichtig ist, dass die Emotionen bei allem nicht zu kurz kommen. Davon lebt diese Show."

Nein, die Los Angeles Autoshow ist auch an ihrem 100. Geburtstag keine reine Ökomesse. Selbst im grünen Sonnenstaat Kalifornien interessieren sich die Amerikaner auf der Straße beim Thema Auto kaum für Umweltschutz.

Sicher, im alternativ angehauchten Venice Beach oder im Silicon Valley an der San Francisco Bay sieht die Sache mitunter anders aus, aber wenn die Amerikaner über die Autos wettern, fürchten sie allein steigende Benzinpreise. Eine Gallone von 3,8 Litern Superbenzin kostet derzeit rund 3,50 Dollar. Die Deutschen würden bei einem solchen Sparpreis jubeln.

So sind es auf der Los Angeles Autoshow die europäischen und hier besonders die deutschen Hersteller, die im Convention Center für Aufmerksamkeit sorgen.

Messe-Chef Galeana: "Die Leute lieben PS-starke Autos". So wie diese giftgrüne Dodge Viper SRT-10. (Foto: Foto: Pressinform)

Allen voran machen Audi und Volkswagen Dampf in Kalifornien. VW zeigt mit dem Space Up! Blue nicht nur die Reinkarnation des 70er Jahre Samba-Busses, sondern auch den Jetta Clean Diesel TDI Sport, mit dem man 30 Jahren VW-Diesel in den USA zelebriert.

VW war schneller - mit dem sauberen Diesel

Der neue VW-USA-Chef Stefan Jacobi kann sich einen Stich in Richtung Mercedes-Bluetec denn auch nicht verkneifen: "Wir sind die ersten, die einen sauberen Diesel in allen Staaten der USA anbieten können. Nicht nur als Leasingmodell."

Lauter denn je setzen VW und Audi bei der Show auf die Diesel-Karte. Einige Amerikaner können es immer noch nicht so ganz fassen, als sie auf die Leistung- und Effizienzdaten der neuen Modelle blicken. Das Dieselimage ist nach wie vor: schwierig, schmutzig, lahm und laut.

Immerhin, der VW Space Up! Blue macht es den Messebesuchern nicht nur mit seinem schmucken Microbus-Design leichter. Angetrieben wird er nur 3,68 Meter lange VW-Studie von einem 45 kW / 61 PS starken Elektromotor, der von zwölf leistungsstarken Lithium-Ionen-Batterien gespeist wird.

Damit lässt sich der tägliche Weg zu Arbeit, Freizeit oder Einkauf ohne jegliche Abgase erledigen. Aufgeladen wird wie bei der viel beachteten Elektrostudie des Chevrolet Volt von der Detroit Motor Show an der Streckdose. Für längere Fahrten hat die neueste Wolfsburger Microbus-Konzeption in der Front eine Hochtemperatur-Brennstoffzelle, die ein Fahren über lange Distanzen ermöglicht. Die einfache Aussage "elektro = öko" scheint zu ziehen. Beim Diesel ist das Ganze unverändert schwerer.

Audi gibt in Los Angeles Volldampf. Der coole Studie des Audi Cross Cabriolet quattro verbindet die zukünftigen Modelle Audi Q5 und A3 Cabriolet perfekt miteinander.

VW Space Up! Blue
:Klein und rein

Nach dem Up! und dem Space Up! stellt VW nun die umweltfreundliche Microbus-Variante vor: den Space Up! Blue.

Der Clou: Auch der offene Allradler setzt auf einen Dieselmotor: 240 PS stark, über 500 Nm Drehmoment und 0 auf 100 km/h in 7,2 Sekunden. Und dann noch dieses coole Styling. Das wirkt auch bei den Amerikanern. Radiomoderator Frank Beckmann bringt im Live-Interview nochmals die PS-starken Boliden ins Gespräch. "Es gibt irrsinnig viele Konzepte auf der Messe. Aber kleinere Autos sind hier kaum zu sehen. Dafür viele Renner."

Das kann Carl Galeana nicht abstreiten: "Die Leute lieben Pick-ups und PS-starke Autos wie den coolen Ford Mustang Bullitt. So ist nun einmal das Geschäft. Trotzdem achten viele Leute immer mehr auf einen geringen Verbrauch."

Mit aller Macht wollen die Europäer den Saubermann-Diesel über Kalifornien in den ganzen USA verteilen. Überraschend leise präsentiert sich auf der Los Angeles Autoshow die Mercedes-Marke Smart. Kein mächtiges Trommeln oder ein Auftritt mit Pauken und Trompeten, sondern dezente Zurückhaltung.

Den Elektromobilen mangelt's nach wie vor an Tempo und Reichweite

Das gilt auch die GEM. Global Electric Motorcars gehören sein über sieben Jahren zur Chrysler Group. Zwischen Jeep Rubicon, Chrysler Aspen und Dodge Viper SRT-10 stehen die kleinen Elektro-Winzlinge, die mehr Golf-Karts denn Autos gleichen. Als Zwei-, Vier- und Sechssitzer erhältlich schaffen sie eine Reichweite von maximal 40 Meilen, sind jedoch nur 40 km/h schnell. Das dürfte Frank Beckmann von Radio abc-WJR aus kaum überzeugen.

Neben den Europäern sorgen besonders die Japaner für Aufsehen. Dabei glänzen weder Nissan noch Feigenblatt-Produzent Toyota mit Sparmobilen. Nissan zeigt nach der Weltpremiere in Tokio erstmals in Feindesland den Nissan Skyline GT-R - 480 PS stark und 310 km/h schnell.

Noch sehenswerter und wichtig für den US-Markt ist der neue Nissan Murano, der in Los Angeles seine Weltpremiere feiert und gewisse Ähnlichkeiten zum ebenfalls neuen Infiniti EX-35 nicht verheimlichen kann. Zwei sehenswerte SUV, die in den nächsten Jahren die amerikanischen und später auch europäischen Straßen bevölkern werden. Von Öko keine Spur.

Toyota und Lexus bemühen sich mit dem Mega-Pick-up Tundra und dem Lexus IS-F vielmehr um ein breites und sportliches Spektrum. Der soll dem BMW M3 mächtig Dampf machen.

Allein Honda stellt sich in den Dienst des Umweltschutzes und zeigt den FCX Clarity mit einer neu entwickelten und hoch effizienten Brennstoffzelle. Sicher mehr als eine Zukunftsvision. Das unterstreicht im Übrigen auch Volkswagen. Der VW Space Up! Blue soll kommen - bis Ende der Dekade zunächst jedoch als Dieselversion mit Mikroverbrauch und die "New Small Familiy" einleiten.

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