Lexus LS430:Der große Unbekannte

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Für 136 908,10 Mark bietet der LS430 jeden Komfort - wer auf deutsche Prestige-Namen verzichten kann, wird hier bestens bedient

(SZ vom 22.11.2000) Wie selbstverständlich nehmen die Deutschen für sich das Recht in Anspruch, die besten Fahrzeuge der Welt zu bauen - und dieses ausgeprägte Selbstbewusstsein manifestiert sich besonders in den großen und teuren Modellen aus Stuttgart, München und Ingolstadt. Um so schmerzlicher müssen in den deutschen Konzernzentralen die weltweiten Zulassungszahlen der Toyota-Luxus-Tochter Lexus zur Kenntnis genommen werden, denn von dem Top-Modell LS400 wurden seit der Markteinführung 1991 rund 600 000 Exemplare verkauft. Dass sich diese beeindruckende Stückzahl auf unseren Straßen nie so niederschlug, liegt schlicht und einfach daran, dass für jeden Lexus, der in Europa verkauft wurde, 20 in den USA ausgeliefert wurden.

Zweifellos steckt hinter diesem Erfolg ein Bündel von Gründen. Zuerst einmal bietet das Lexus-Programm viel Qualität fürs Geld. So landet der LS400 seit seinem ersten Auftritt Jahr für Jahr auf Rang Eins der Statistiken für Kundenzufriedenheit des anerkannten J.D.Power-Instituts. Zweitens bietet die LS-Baureihe außergewöhnlich viel Ausstattung fürs Geld und drittens braucht das Fahrzeug - was die Technik betrifft - keine Konkurrenz zu scheuen.

Und dennoch: Die Deutschen lieben Lexus offenbar nicht - hier scheinen die einheimischen Marken einen uneinholbaren Vorsprung zu besitzen, an dem der LS400 nur mit jährlich 400 bis 500 Fahrzeugen nagen konnte. "Eine Zahl, die sich auch in der Zukunft nicht großartig verschieben wird", ist sich Dietrich Hartmann, der Leiter der Toyota-Öffentlichkeitsarbeit, sicher, "denn rund 80 Prozent aller Fahrzeuge in diesem Segment werden als Dienstwagen geordert - und es bedarf keiner großen Phantasie um zu verstehen, dass dieser Markt in Deutschland auch mit deutschen Fahrzeugen besetzt wird. Mit dem neuen Lexus LS430 wollen wir - wie bereits mit dem LS400 - mehr die Individualisten erreichen, die Exklusivität und Luxus schätzen. "

Für reichlich Exklusivität ist also gesorgt - und unter dem mit viel Understatement gezeichnetem Kleid (das von einigen Blickwinkeln aus verdächtig an die prestigeträchtige alte S-Klasse erinnert) verbirgt sich eine rundum gelungene Luxus-Limousine, deren Qualitäten begeistern können. Selbst die japanischen Fahrzeugen gegenüber eher kritisch eingestellte Fachzeitschrift auto, motor und sport (ams) schreibt über den 4,3-Liter-Motor: "Der Lexus-V8 flüster nicht. Er schweigt. Windgeräusche? Fehlanzeige. " Und ams fährt fort: "Die Außenwelt, so scheint es, befindet sich auf einem weit entfernten Planeten. "

Diese Lobeshymne ist letztlich ein Ergebnis der typisch japanischen Suche nach der Perfektion, und so wurde im Optimierungsprozess eine Fehlerquelle nach der anderen gesucht und beseitigt. Dass das Ergebnis nun mit all seinen Dämmmatten, Lederhäuten, Holzfurnieren und elektrischen Helferlein knappe zwei Tonnen Leergewicht auf die Waage bringt, steht auf einem anderen Blatt. Allerdings sind die 14 bis 20 Liter Super Bleifrei, die die 207 kW oder 282 Pferdestärken auf deutschen Straßen schlucken dürften, in dieser Fahrzeugklasse wohl eher die Norm - und in dem Hauptmarkt USA sowieso kein Thema.

Mit kalten und mit warmen Sitzen

Glatte 70 000 - oder komplizierte 136 908,10 Mark - kostet der LS430, der vom 25. November an bei den Lexus-Händlern steht. Für diesen stolzen Preis, der laut Dietrich Hartmann "noch immer deutlich unter dem eines entsprechenden deutschen Modells liegt", erhält der Besitzer eine seidenweich und praktisch nicht hörbar laufende Luxus-Limousine, die zweifelsohne komplett ausgestattet ist. Hier sind wahlweise kühlende und wärmende Ledersitze genauso selbstverständlich wie eine je nach Sonnenstand regelnde Klimaanlage oder eine hervorragende Luftfederung mit adaptiver Stoßdämpfung.

Kein Wunder, dass die Aufpreisliste nur vier Punkte umfasst: Ein Glas-Schiebe-/Hebedach; ein Mobiltelefon mit Freisprechanlage, ein Navigations- und High End-Stereosystem sowie (für 16 624,56 Mark das Top-Modell President-Line, bei dem die Fondpassagiere unter anderem über elektrisch einstellbare Sitze mit Massagefunktion, eine eigene Klimaanlage und ein Kühlfach in der Rückenlehne verfügen.

Der LS430 wird in Deutschland eine rare Blüte bleiben, denn er bietet - trotz hoher Verarbeitungs- und erlesenen Langstreckenqualitäten - nicht das Prestige, auf das so viele deutsche Käufer offensichtlich Wert legen. Eigentlich schade - aber Toyota wird unter dieser Entwicklung nicht sehr leiden, denn der LS430 wird die Lexus-Erfolgsstory weltweit fortsetzen.

Von Jürgen Lewandowski

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