Lancia Zeta:Relativ viel Auto für relativ viel Geld

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Die Qualitäten des Euro-Vans liegen vor allem in seiner Variabilität und seinem Platzangebot

(SZ vom 26.03.1997) Großraumlimousinen sind die Multitalente unter den Automobilen: Sie sollen den Fahrkomfort eines Pkw, die Funktionalität eines Kombis und das Ladevolumen eines Transporters in einer Karosserie vereinen. Weil sie für viele Autofahrer die Anschaffung eines Zweitwagens überflüssig machen, erfreuen sich Minivans, wie die Amerikaner diese automobile Gattung nennen, stetig wachsender Beliebtheit.

Dies läßt sich auch an der zunehmenden Modellvielfalt der Minivans ablesen - beinahe jede Firma hat inzwischen eine eigene Kreation im Programm. Oder die Hersteller kooperieren, wie Volkswagen und Ford mit dem Sharan/Galaxy, oder die französischen und italienischen Marken Citroën, Peugeot, Lancia und Fiat. Deren Vario-Mobile basieren auf dem gleichen Chassis, sie unterscheiden sich technisch durch die Motorenpalette und optisch durch den Kühlergrill und die Inneneinrichtung.

Wir hatten die Gelegenheit, uns etwas näher mit der Lancia-Variante des Euro-Vans, wie die italienisch-französische Verbundlösung auch genannt wird, zu beschäftigen. Der Lancia Zeta will sich durch eine gewisse Noblesse von seinen Brüdern und den anderen Vans auf dem Markt abgrenzen, entsprechend der Philosophie, nach der Lancia die Rolle der Edelmarke im Fiat-Konzern spielt.

Diesen Anspruch dokumentierten schon die schön gestylten Felgen und die Lackierung in Dunkelblau-Metallic nach außen. Im Innenraum herrschen edle Stoffe vor: Die Einzelzsitze - unser Gefährt war mit zwei Einzelsitzen vorne und dreien in der zweiten Reihe ausgerüstet - weisen Bezüge aus Alcantara auf. Etwas weniger edel wirkt allerdings das große Armaturenbrett, das sich vor der Frontscheibe ausbreitet: Der Kunststoff sieht billig aus.

Auffällig ist der Schaltknüppel, der neben dem Lenkrad direkt aus der Armaturentafel herausragt. Joystickschaltung nennen Experten diese Art der Schalthebelanordnung. Was auf den ersten Blick ungewöhnlich wirkt, erweist sich im Alltag aber als außerordentlich praktisch. Der Hebel läßt sich leicht bedienen und ist griffgünstig angeordnet. Zudem bleibt der Raum zwischen den beiden Vordersitzen frei, so daß man entweder leichter nach hinten durchsteigen oder zwischen dem Gestühl seine Aktentasche deponieren kann.

Die vielfältigen Möglichkeiten der Inneneinrichtung sind die eigentliche Stärke des Zeta: Es lassen sich bis zu sieben Passagiere mitnehmen oder jede Menge Gepäck transportieren. Die Sitze der zweiten Reihe sind leicht wegklappbar, können aber bei Bedarf auch ausgebaut werden, wenn die maximale, ebene Ladelänge von annähernd zwei Metern gefragt ist. Das maximale Ladevolumen beträgt 2580 Liter, was einen normalen Kombi um gut 1000 Liter Fassungsvermögen übertrifft.

Zwei Motorisierungen stehen in Deutschland zur Wahl: ein 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbomotor, der 108 kW (147 PS) leistet, und ein 2,1-Liter-Turbodiesel-Aggregat, das es auf 80 kW (109 PS) bringt. Klar, daß die Vorzüge des Turbodiesels in der Wirtschaftlichkeit liegen. Man kann mit ihm zwar nicht so schnell unterwegs sein wie mit der Variante mit Otto-Motor, die es auf eine Höchstgeschwindigkeit von 195 km/h bringt und bei Bedarf in 10,9 Sekunden von Null auf 100 km/h beschleunigen kann, dafür aber auch 10,0 Liter Super bleifrei auf 100 Kilometer konsumiert.

Der Turbodiesel ist 175 km/h schnell und benötigt für den üblichen Spurt von Null auf 100 km/h exakt 13,3 Sekunden - ein völlig ausreichender Wert. Im Alltag überzeugt der aufgeladene Selbstzünder aber vor allem durch den Verbrauch, der bei rund neun Litern liegt, und durch das gute Durchzugsvermögen in niedrigen Drehzahlbereichen.

Doch es gibt auch Verbesserungswürdiges: Zu dieser Kategorie gehören die Vordersitze, deren Auflagefläche nicht lang genug ist. Außerdem fallen die Verstellbereiche der Kopfstützen und der Sicherheitsgurte zu knapp aus. Und was beim täglichen Umgang mit dem Zeta auf die Nerven gehen kann, ist die Gestaltung der Wegfahrsperre: Sie funktioniert nicht - wie bei modernen Autos üblich - per Funkfernentriegelung oder wird durch den Kontakt im Zündschloß, wenn der Schlüssel eingesteckt wird, deaktiviert. Man muß erst eine kleine Klappe links unterhalb des Lenkrad öffnen und eine vierstellige Zahlenkombination eingeben, bis eine Diode von rot auf grün schaltet und endlich die Starterlaubnis erteilt.

Trotz dieser kleinen funktionalen Mängel erfüllt der Zeta die Ansprüche, die an einen modernen Van gestellt werden dürfen. Besonders die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten können überzeugen. Wer zudem noch ein Freund italienischen Chics ist, für den wird der Zeta aus der Masse der Vans herausragen. Die Preisskala reicht von 49 390 Mark für den Turbodiesel bis zu 57 900 Mark für die sechssitzige 2,0-Liter-Turbovariante. Das ist zwar nicht gerade ein Sonderangebot, aber dafür erhält man bei diesem Italienier relativ viel Auto für relativ viel Geld.

Von Otto Fritscher

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