Krumme Tour zum schnellen Euro:Ins Netz gegangen

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Das Internet bietet Betrügern grenzüberschreitend neue Wege, mit Gebrauchtwagen kriminelle Geschäfte zu machen.

Klaus Justen

Das Angebot klingt verlockend: Das knapp 18 Monate alte Audi S4 Cabriolet soll nur 18 000 Euro kosten, weit weniger als die Hälfte dessen, was Markenhändler für vergleichbare Modelle verlangen. Die Angaben zum Auto sind dürftig, noch dürftiger die zum Verkäufer: ein Name in Berlin, dazu eine Handynummer. Eine von vielen Gebrauchtwagenangeboten, die sich in den Internetverkaufsbörsen finden - und die den Verdacht nahe legen, dass es hier nicht um eine seriöse Verkaufsofferte geht, sondern um schlichten Betrug.

Mal ist es ein sensationell günstiger VW Touareg oder Porsche Cayenne, mal ein Alltagsauto wie ein Renault Mégane, die zum Billigpreis angeboten werden - von angeblichen Händlern in Mailand oder London, in Dubai oder Amsterdam. Betrug mit gebrauchten oder neuen Autos funktioniert genau so wie der Betrug mit angeblich todsicheren Anlagegeschäften: Die Betrüger erzählen eine gut klingende Geschichte, denn die Aussicht auf ein tolles Schnäppchen weckt die Gier und schaltet den Verstand aus, und setzt auf die Gutgläubigkeit der Opfer.

Überweisung über Western Union

"Verhindern können wir die Gaunereien nicht, aber wir müssen die Internet-Nutzer sensibilisieren und über die neuesten Betrugsmaschen schneller informieren", hat ADAC-Generalsyndikus Werner Kaessmann bereits im vergangenen Jahr vor ständig steigender Kriminalität im Umfeld von Autokäufen gewarnt.

Der simpelste Trick, auf den Autofahrer immer wieder hereinfallen, ist die Masche mit der Anzahlung: Um sich das vermeintliche Schnäppchen zu sichern, sollen zehn oder 20 Prozent des Kaufpreises angezahlt werden. Damit sich der Käufer auch sicher fühlt - wer überweist schließlich einem Wildfremden mal eben ein paar tausend Euro ins Ausland -, wird der vermeintlich sichere Geldtransfer über die Western Union Bank gewählt.

Zum Nachweis, dass er wirklich die Anzahlung angewiesen hat, soll der Käufer dem Verkäufer den Namen des Einzahlers und die Kontrollnummer der Überweisung per Mail schicken. Mit diesen Daten ist es dann möglich, das Geld bar bei Western Union abzuholen.

Eine Variante dieser Masche besteht darin, dem Einzahler noch ein Stück mehr Sicherheit vorzugaukeln: In diesem Fall soll er seinen eigenen oder einen erfundenen Namen als Empfänger eintragen.

Erst dann, wenn der Verkäufer tatsächlich das Geld erhalten soll, könne man den Empfängernamen nachträglich ändern. Dies suggeriert dem Käufer, dass sein Geld tatsächlich sicher vor dem Zugriff anderer auf dem Konto liegt. Womit die wenigsten rechnen: Dass sich der Betrüger im Ausland auf den erfundenen Namen Ausweispapiere fälscht und damit an das Geld herankommt.

Käufer sollten also immer beherzigen, dass Misstrauen oberste Priorität hat beim Gebrauchtwagenkauf. Das beginnt mit dem Sondieren der Angebote und endet mit Zahlungsmodalitäten und Fahrzeugübergabe. Dass die Gier leider all zu oft den Verstand beeinträchtigt, beweist auch der Fall des Re-Importeurs IMS-Makler, der Hunderte Autokäufer um mehrere Millionen Euro geschädigt hat.

Mit Preisnachlässen von bis zu 35 Prozent auf den deutschen Listenpreis ließen sich die Kaufinteressenten ködern. Der Blick in die Internetforen der Geschädigten zeigt: Die Aussicht auf den riesigen Rabatt verleitete gutgläubige Familienväter dazu, nicht nur die Anzahlung Wochen vor dem versprochenen Liefertermin anzuweisen.

In etlichen Fällen floss gleich die ganze Kaufsumme von mehr als 20 000 Euro auf das Konto der Betrüger - auf Nimmerwiedersehen. Hier muss an die alte Grundregel erinnert werden: Ein seriöser Autohändler verlangt keine Anzahlung, um einen Gebrauchtwagen zu reservieren, und auch bei Re-Importeuren sind Anzahlungen völlig unüblich.

Ungedeckte Schecks halten nur einen Tag

Nicht nur Autokäufer geraten ins Visier von Betrügern. Auch wer sein Auto zum Verkauf offeriert, muss auf der Hut sein. Am weitesten verbreitet ist der nicht gedeckte Scheck - allerdings in einer Variante, die den gutgläubigen Verkäufer gleich doppelt schädigt.

Wie die Masche funktioniert, beschreibt das Bundeskriminalamt: Die Kaufinteressenten aus dem Ausland, meist mit englischem Namen, melden sich bei den Besitzern hochwertiger Gebrauchtwagen, handeln auch gar nicht lange um den Preis und bestellen das Auto.

Zur Bezahlung schicken sie einen Scheck, der um etliche tausend Euro zu hoch ausgestellt ist. Dieser Differenzbetrag soll dem Abholer des Autos bar mitgegeben oder per Western Union an den Käufer zurücktransferiert werden. Der Verkäufer wiegt sich in Sicherheit, denn die Schecks halten einer ersten Überprüfung bei der Hausbank stand und werden gutgeschrieben. Allerdings erfolgt diese Gutschrift wie bei Schecks üblich "ev", also "Eingang vorbehalten".

Während man bei Scheckzahlungen innerhalb Deutschlands nach fünf Arbeitstagen über den Betrag verfügen kann, kann ein Scheck aus dem Ausland noch nach Wochen platzen. Im schlimmsten Fall ist dann nicht nur das Auto weg, sondern auch noch der rückerstattete Betrag.

Nicht ganz so teuer, aber ebenfalls ärgerlich, ist die Abzocke über teure Telefonnummern. Bei den Verkäufern melden sich angebliche Autohändler per E-Mail und bitten um einen Rückruf. Angegeben sind vermeintliche Mobilfunknummern, die sich aber als teure Mehrwertdienste entpuppen.

Ein vorschneller Anruf verursacht Kosten im zweistelligen Euro-Bereich. Diese Masche funktioniert übrigens nicht nur per Mail, sondern auch per SMS. Wer seine Handynummer in einer Zeitungsanzeige aufgegeben hat, sollte sehr genau lesen, wer sich bei ihm als Interessent meldet - und welche Rückrufnummer er angibt.

Die neueste Masche hat vor wenigen Wochen der ADAC publik gemacht: Gauner werben mit einem angeblichen Treuhandservice des Automobilclubs. Die auch in diesen Fällen weit unter Marktpreis angebotenen Autos sollen über den Treuhandservice bezahlt werden, die Informationen und Kontodaten gibt es über Webseiten - zwei Seiten mit dem Namen www.adac-schutz.de und www.sicher-adac.de hat der Münchner Club bereits sperren lassen. ADAC-Verbraucherschutzanwalt Ulrich May: "Es handelt sich um kopierte Seiten, die der Original-Internetseite nachempfunden wurden. Der ADAC bietet einen solchen Treuhandservice gar nicht an."

© SZ vom 15. 03. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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