(SZ vom 19.05.2001) Wäre das Preis-/Leistungsverhältnis in der oberen Mittelklasse bei der Kaufentscheidung ein herausragendes Kriterium, müsste bei den Kia-Händlern seit kurzem die Hölle los sein. Denn der neue Magentis ist in diesem Marktsegment ein Schnäppchen sondergleichen. Wo sonst ist es möglich, für 33990 Mark eine 4,73 Meter lange Stufenhecklimousine zu erwerben?
Überraschend an diesem Angebot ist nicht allein das stattliche Kaliber des Fahrzeugs, das 479Liter Kofferraum einschließt, sondern auch das Drumherum. Schon das Basismodell, das ein 100 kW (136 PS) starker 2,0-Liter- Vierzylinder antreibt, wartet ab Werk mit einer Klimaanlage und elektrischen Fensterhebern in allen Türen auf. Der Wagen ist sogar serienmäßig mit Leichtmetallfelgen bestückt. Gut ausgestattet
Dass der Motor bei höherer Geschwindigkeit die akustische Zurückhaltung aufgibt und im unteren Drehzahlbereich ein bisschen schwächelt, weil das maximale Drehmoment von 180 Nm erst bei 4500 Umdrehungen bereitsteht, ist kein schwerwiegendes Manko. Und auch in punkto Sicherheit werden die Käufer ordentlich bedient: ABS mit vier, an der Vorderachse innenbelüfteten Scheibenbremsen, Front- und Seitenairbags mit Belegungserkennung im Beifahrersitz, Zentralverriegelung und Isofix-Vorrichtungen zur Kindersitzbefestigung gehören schon zur Standardausstattung.
Und auch die 12-Volt-Steckdose in der Mittelkonsole, die zwecks Ladeabteil-Vergrößerung umklappbare Fondsitzlehne oder die beiden Lesespots im Dachhimmel werden nicht extra in Rechnung gestellt. Laut Hersteller erfüllt oder übertrifft die Mitteklasse-Limousine sogar sämtliche aktuellen europäischen und amerikanischen Crashnormen, die derzeit gütig sind.
Elektrisch verstell- und beheizbare Spiegel freilich fehlen in dieser Aufzählung für die Basisversion. Das lässt vermuten, dass ein Großteil der Käufer die SE-Variante vorziehen wird, um zusätzlich in den Genuss einer Klimaautomatik, einer Traktionskontrolle, einer Alarmanlage, von Nebelscheinwerfern, einer Wirbelsäulenstütze im Fahrersitz, einem Gepäcknetz im Kofferraum, einer fernbedienbaren Zentralverriegelung sowie von verchromten Türgriffen und Seitenschutzleisten zu kommen. Dieses Paket macht den geräumigen Wagen um 4000 Mark teurer. Dabei verändert sich die Kernaussage keineswegs: Ein besseres Preis-/Leistungsverhältnis ist derzeit weit und breit nicht in Sicht.
Das gilt im Übrigen auch für das 47190 Mark teure Topmodell der Baureihe, in dem ein laufruhiger 2,5-Liter-Sechszylinder bis zu 124 kW (169 PS) und bei 4000/min ein Zugkraftmaximum von 230 Nm bereitstellt. Diese Variante bietet noch mehr Luxus als der 2.0 SE, denn sie ist bereits ab Werk mit einem elektrisch verstellbarem Fahrersitz, beheizbaren Vordersitzen, einem Tempomat und einer seidenweich schaltenden Automatik ausgerüstet. Beide Motoren können mit Normalbenzin betankt werden, von dem sie Firmenangaben zufolge durchschnittlich 9,1 (2.0) beziehungsweise 10,4 Liter (2.5 V6) je 100 Kilometer verbrauchen. Die kommende Euro-4-Abgasnorm erfüllen beide Aggregate auch, obwohl der Magentis laut Entwicklungschef Song "vor allem im Hinblick auf den amerikanischen Markt entwickelt wurde".
Ein Makel allerdings bleibt: Der Magentis trägt keinen Markennamen, der das Produkt quasi automatisch schon adelt. Die Verkaufsziele der deutschen Kia-Vertretung sind daher realistisch-bescheiden. Bis zum Jahresende, hofft man, dass rund 1200 deutsche Autofahrer auf die koreanische Schnäppchen- Strategie ansprechen und das neue Flaggschiff des Unternehmens ordern. Bis Ende 2002 will man weitere 2200 Menschen von der Qualität der Stufenhecklimousine überzeugt haben.
Dass es Kia "beim Magentis nicht primär um Stückzahlen geht", verrät M. S. Lee, der Präsident von Kia Motors Deutschland: "Viel wichtiger ist es, gerade in Deutschland unseren Ruf als ernst zunehmender Automobilhersteller zu begründen und dann auch zu festigen."
Von Gerlinde Fröhlich-Merz