Jaguar:Die Katze hofft auf sieben neue Leben

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Der Jaguar XK ist mehr als ein Sportwagen: Von ihm hängt womöglich die Zukunft der ganzen Marke ab.

Georg Kacher

Die Marke Jaguar kränkelt, und die Fans der Marke leiden mit. Die XJ-Limousine ist zum Mauerblümchen in der Oberklasse verblasst, die wenigen treuen S-Type-Kunden warten ungeduldig auf die für 2007 versprochene Neuauflage, dem X-Type droht gar ein Produktionsende ohne direkten Nachfolger.

Die Cabrio-Version des Jaguar-Hoffnungsträgers XK (Foto: Foto: Jaguar)

Das einzige Modell, das kurzfristig für gute Moral und günstige Zukunftsperspektiven sorgen könnte, ist die zweite Generation des XK-Sportwagens. Natürlich reicht das Volumen - geplant sind im Schnitt 12.000 Autos pro Jahr - nicht aus, um der angeschlagenen Katze sieben neue Leben zu schenken.

Trotzdem gilt das Duo aus Coupé und Cabriolet als Vorzeigepaar: Von der modifizierten Technik und der verbesserten Qualität der XK-Reihe dürften auch die künftigen Jaguar-Modelle profitieren, die von 2008 an wieder schwarze Zahlen schreiben sollen.

Das Design, ja das Design

Der neue XK tritt allem Zweckoptimismus zum Trotz ein schweres Erbe an. Zum einen war der 1996 präsentierte Vorgänger ein großer Wurf, zum Zweiten hat auch die Ford-interne Konkurrenz von Aston Martin inzwischen schöne Töchter, und zum Dritten fällt es selbst eingeschworenen Jaguar-Aficionados schwer, sich auf Anhieb in das Design zu verlieben.

Nicht nur die Beliebigkeit der Scheinwerfer und Rückleuchten erzeugt beim Betrachter eine gewisse Katzbuckel-Reaktion, auch das Interieur - bisher immer ein versöhnliches Highlight im beliebten Landhausstil - wirkt erschreckend lieblos und verwechselbar. Ein Automobilunternehmen, für das so viel auf dem Spiel steht, hätte sich in diesen oft kaufentscheidenden Disziplinen ruhig etwas mehr anstrengen können.

Weil die Engländer natürlich längst gespürt haben, dass diese Raubkatze nicht ganz nach Wunsch in den Revieren der Konkurrenz wildern wird, sind sie kurzfristig in die Offensive gegangen. Fahren durften wir den Wagen zwar noch nicht, aber mitfahren, und zwar bei niemand geringerem als bei Mike Cross, der für Jaguar und Land Rover alle Autos freizeichnet.

Pluspunkte

Trotz Grippewetters öffnet der Projektleiter das Stoffverdeck, das brav unter einer starren Abdeckung verschwindet. Die Fummelei mit der Persenning gehört damit der Vergangenheit an.

Ein weiterer Pluspunkt betrifft die Platzverhältnisse. Man hockt im XK jetzt nicht mehr wie der Affe auf dem Schleifstein, sondern kann die Ellenbogen abwinkeln, die Füße ausstrecken und dem Dach auch in geschlossenem Zustand die Stirn bieten. Leider sind die Fondsitze nach wie vor ein schlechter Witz, natürlich zieht es bei abgesenkten Seitenscheiben wieder wie im Fahrstuhlschacht, und bei geöffneter Kapuze reduziert sich das Gepäckraumvolumen um 83 Liter.

Selbst vom Beifahrersitz aus spürt man aber den Quantensprung in puncto Fahrdynamik. Damit sind nicht Leistung und Drehmoment gemeint, denn der 4,2-Liter-Motor mobilisiert unverändert 219 kW (298 PS) - im Herbst folgen der 3,5-Liter mit 190 kW (258 PS) und der Kompressor-V8 mit 291 kW (395 PS).

Zum Beispiel das Fahrwerk...

Ein ganzes Magnetfeld besser ist dagegen die in sich ruhende Straßenlage. Auch das Handling wirkt nicht mehr kopflastig und kippelig, sondern ausgewogen und unaufgeregt. Die Lenkung reagiert jetzt schon auf kleine Ausschläge, das Zittern in der vorderen Schottwand beim Überfahren von Bodenwellen ist fast vollkommen verschwunden und die Bremse verbindet schnelle Reaktionen mit guter Standfestigkeit.

Obwohl Jaguar den XK auf Wunsch auch mit 19 oder 20 Zoll großen Rädern ausrüstet, sind in puncto Ein- und Ausfedern, Abrollkomfort, Geradeauslauf, Gieren und Wanken deutliche Fortschritte zu verzeichnen. Hat Jaguar vielleicht sogar heimlich die DNS der Katze neu erfunden?

¸¸Nein", antwortet Mike Cross lächelnd. ¸¸Das Geheimnis liegt im Aluminium-Monocoque, das bis zu 19 Prozent leichter und bis zu 50 Prozent verwindungssteifer ist. Dadurch fährt sich der Wagen deutlich präziser und agiler, ohne jemals hart oder stoßig zu wirken."

Klappe auf für Fußgängerschutz

Die frisch anerzogene Dynamik wird durch die neue Sechsgang-Automatik betont, die sich auf Wunsch über Wippen am Lenkrad schalten lässt. Vor allem in der Stellung SportAuto funktionieren Gangwechsel im Zeitraffer. Gleichzeitig sorgt das Steuergerät für eine aggressive Kennlinie beim Hoch- und Zurückschalten, wobei auch die aktuelle Fahrsituation und der individuelle Fahrstil berücksichtigt werden.

Als eines der ersten Autos überhaupt besitzt der XK ein pyrotechnisches Fußgängerschutzsystem. Hinter diesem Begriff verbirgt sich kein zur Abschreckung von Passanten gezündetes Mini-Feuerwerk, sondern eine mit Gaspatronen versehene Motorhaube, die im Falle eines Unfalls sensorgesteuert aufspringt und so eine zusätzliche Knautschzone schafft, die bis zu 15 Zentimeter mehr Luft zwischen Mensch und Maschine schafft.

Während der aktive Überrollschutz in Form blitzschnell ausfahrbarer Alubügel ebenfalls serienmäßig vorhanden ist, werden das Abstandsradar, die Notlaufreifen und das aktive Kurvenlicht gesondert in Rechnung gestellt.

Hoffnungsträger

Wirklich schade ist, dass der neue Jaguar auch auf den dritten Blick zumindest optisch nicht in der gleichen Liga spielt wie das XK-Urmodell, der E-Type oder der direkte Vorgänger. Auch in Bezug auf Verarbeitung und Feinabstimmung wartet noch Arbeit auf Zulieferer, Techniker und Monteure.

Doch wie das Auto klingt, und wie es geht, was es macht und was es bleiben lässt und wie es sich auf Landstraßen dritter Ordnung verhält, das lässt hoffen auf eine starke Kür ohne Kapriolen. In drei Monaten wissen wir mehr, und im Frühjahr wird man den neuen XK dann endlich kaufen können. Für die Marke ist dieses Modell der vermutlich letzte Joker. Wenn das Flaggschiff floppt, dann brennt in Whitley, Halewood und Castle Bromwich bald nur noch die Notbeleuchtung.

Doch wenn der Wagen die Erwartungen erfüllt, dann wächst mit jeder Neuzulassung der Glaube an eine bessere Zukunft.

© SZ vom 26. 11. 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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