Innenleben:Neue Trends bei Auto-Interieurs

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Mit Autos geht es vielen wie mit ihrer großen Liebe: Oft ist der erste Blick entscheidend. Doch damit aus anfänglicher Begeisterung eine lange Beziehung wird, müssen auch die inneren Werte stimmen.

Diese These vertritt zumindest Stefan Sielaff, der im Interieur-Kompetenz-Center in Sindelfingen für Mercedes-Benz das Innenraum-Design der gesamten Modellpalette verantwortet. Nach seiner Beobachtung besitzt die Innenraumgestaltung in der Branche insgesamt wachsende Bedeutung.

Sanfte Farben sollen Geborgenheit vermitteln. (Foto: Foto: DaimlerChrysler / dpa)

Pflichtprogramm: Modeschau und Möbelmesse

Die Inspirationsquellen für Innenraumdesigner sind vielfältig, sagt Daniela Knapp von der für Design zuständigen Abteilung bei VW in Wolfsburg. Aktuelle Freizeitaktivitäten werden beachtet, aber auch Wohn- und Möbeltrends oder Mode und Architektur. "Regelmäßige Besuche auf den Modeschauen in Paris gehören darum bei uns ebenso zum Pflichtprogramm wie die Möbelmesse in Mailand", sagt Knapp.

Dabei müssen die Designer auf dem schmalen Grad zwischen kurzlebigen Moden und langfristigen Trends balancieren. Denn anders als ihre Kollegen in der Textilindustrie arbeiten sie mit einem langen zeitlichen Horizont: "Unsere Arbeit beginnt etwa fünf Jahre vor dem Serienstart, dann wird ein Auto etwa acht Jahre lang produziert, und danach ist das letzte Fahrzeug im Schnitt noch 13 Jahre unterwegs", sagt Sielaff. Von kleinen Facelifts abgesehen, müsse das Design fast ein Vierteljahrhundert lang attraktiv bleiben.

Trend zur Wohnlichkeit

In der näheren Zukunft aber steht den Autofahrern wohl mancher Stilwechsel ins Haus. Nachdem Fahrzeuge zuletzt durch alle Klassen hinweg sehr funktional gestaltet waren, beginnt laut Sielaff jetzt eine Zeit der wohnlichen Innenwelten. "Weil die Menschen immer mehr Zeit in ihren Autos verbringen, wollen sie sich dort behaglich fühlen und ihren Wagen sinnlich erleben", sagt auch Sielaffs Kollegin Verena Kloos, die das auf Innenräume spezialisierte Advanced Design Studio von Mercedes-Benz im italienischen Como leitet.

Laut Sielaff und Kloos geht der Trend hin zu Materialien, die echt und natürlich wirken. "Statt alles auf Hochglanz zu lackieren, sieht Holz wieder aus wie Holz. Aluminium wird nicht lackiert, sondern gebürstet, und Leder fasst sich an wie Leder", sagt Kloos.

Matt versus Hochglanz

Dazu gibt es erdige Farben, die das Gefühl von Wärme und Geborgenheit vermitteln sollen. Als prominentes Beispiel für diese neue Philosophie gilt das viertürige Coupé CLS, das Mercedes auf der Plattform der E-Klasse im Oktober auf den Markt bringt. Dabei zeigen die Schwaben nicht nur Stoffe und Leder in einem für Mercedes fast schon gewagten Rotbraun, sondern auch so viel Holz, dass man das Cockpit zurecht wieder Armaturenbrett nennen darf.

Allerdings stößt der matte Grundton laut Sielaff nicht überall auf Gegenliebe. Während europäische Kunden die gewachste Optik des Holzes als edel bewerten, sähen viele Amerikaner darin nur stumpfen, also minderwertigen Lack, weshalb es vor allem für die US-Kundschaft auch ein Interieur in Hochglanz geben werde.

Neue Materialien

Damit die Autos von heute auch morgen noch gut ankommen, arbeitet die Industrie zudem an neuen Materialien: So haben sich die Mercedes-Designer nach Angaben von Kloos etwa bei der Studie F 400n 2001 von den Hightech-Textilien moderner Sportschuhe inspirieren lassen.

Laut Frank Beermann, Designer bei Recaro zu Kirchheim in Baden-Württemberg, werden vermehrt Metallmuster auf Cockpits und Konsolen appliziert. Der Zulieferer Siemens VDO Automotive in Schwalbach am Taunus registriert einen deutlichen Trend zu Interieurs mit textilen Stoffen. Der Anteil von "Plaste und Elaste" gehe zurück, so Sprecher Johannes Winterhagen.

In Wolfsburg arbeitet man laut VW-Designerin Knapp gerade am ersten Einsatz von "Technogel", einem in der Autoindustrie bislang unbekanntem Kunststoff mit Silikonfüllung. Wie der Fahrradsattel oder die Barhocker in fortschrittlichen Szenekneipen, könnten sich dann Autositze oder Bedienelemente jedem Fahrer anpassen. Zwar werden aktuelle Golf-Kunden darauf noch verzichten müssen, doch schon in zwei Jahren könnten solche Elemente im Innenraum in Serie gehen.

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