Honda HR-V:Fit für die Fahrt in die Freizeit

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Das Allradgefährt ist für die Abenteuer der Großstädte gedacht und überzeugt durch problemloses Fahrverhalten

(SZ vom 30.01.1999) Wenn es nach den Automobilherstellern geht, wird wohl bald keiner mehr arbeiten wollen. Denn in der letzten Zeit schwappt eine Welle von sogenannten Freizeitautos in die Schauräume der Händler - Gefährte, deren Aufgabe nicht darin besteht, ihren Besitzer von A nach B zu bringen, sondern zu demonstrieren, daß man Lust auf das Leben hat, aktiv, vielseitig und vor allem natürlich jung (geblieben) ist.

Der neueste Vertreter dieser Fahrzeuggattung kommt aus Japan und rollt am 20. Februar zu den deutschen Händlern. Da das Gefährt auf die kryptische Abkürzung HR-V hört, ist sogleich auch klar, aus welchem Stall es kommt. Wie es scheint, haben die japanischen Designer und Ingenieure ganze Arbeit geleistet: "Wir sind mit diesem Auto jünger geworden", sagt Willy Cohnen, der Geschäftsführer von Honda Deutschland.

Braungebrannt surfen im Auto

Mit dem High-Riding Vehicle peilt Honda die Gruppe der 25- bis 35jährigen an, denen natürlich die Abkürzung sofort klar ist: High-Riding bezeichnet Trendsportarten wie Snowboarden, Surfen oder Skaten - und so schleppen im Werbefilm braungebrannte junge Männer entsprechendes Equipment zum HR-V, wo sie es natürlich problemlos verstauen können. Nähert man sich dem HR-V ohne entsprechende Ausrüstung, stellt sich erst einmal Ratlosigkeit ein: Ist das ein höhergelegter Kombi oder doch ein richtiger Offroader?

Von vorne betrachtet, ist die Antwort klar: Die schräg angeschnittenen Doppelscheinwerfer und der Unterfahrschutz demonstrieren Sportlichkeit und die Fähigkeit, ausgefahrene Pfade zu verlassen. In der Seitenansicht wirkt das vier Meter lange Auto hingegen seltsam belanglos. Es ist ein Zweitürer, und vielleicht hätte die lange Fensterfläche zwischen B- und C-Säule irgendwie unterbrochen gehört. Die Heckansicht wird von der steil stehenden Klappe und den hochgesetzten Leuchteinheiten à la Volvo V80 dominiert. Was stellt dieses Auto nun dar? Honda gibt die schlichte Antwort: ein Multitalent.

Bei einer ersten Begegnung zeigte der HR-V, daß er ein Soft-Roader ist: Dank der kurzen Abmessungen und Einzelradaufhängung rundum spurt der HR-V problemlos durch Kurven und ist in der Großstadt wendig genug, um auch in kleine Parklücken zu kommen. Wer lieber vor der Almhütte parkt, wird den quasi automatisch zuschaltenden Allradantrieb schätzen: Normalerweise wird die Kraft auf die Vorderräder geleitet, bei Bedarf stellt eine Lamellenkupplung den Kraftschluß zu den Hinterrädern her. Gepaart mit einer Bodenfreiheit von 19 Zentimetern sind so auch kurze Ausflüge ins Gelände denkbar - wobei uns unser Fahrzeug mit einem brenzligen Geruch aus dem Motorraum (wars die Kupplung?) gemahnte, schnell wieder ordentliche Straßen aufzusuchen.

Auf Asphalt fühlt sich der High-Rider auch am wohlsten - nur der Motor hält nicht ganz das, was die Optik des Fahrzeugs verspricht. Zwar bietet der 1,6-Liter-Vierzylinder mit 16 V-Technik und seinen 77 kW (105 PS) nominell ausreichend Leistung für ein 1,2 Tonnen schweres Auto, aber in der Praxis entfaltet sich die Kraft eher zäh: Es muß fleißig geschaltet werden, was zwangsläufig dazu führt, daß die Nadel des Drehzahlmessers im oberen Bereich pendelt. Mit einer solchen Fahrweise läßt sich auch der angegebene Durchschnittsverbrauch von 8,6 Liter Super auf 100 Kilometer nicht erzielen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 162 km/h, frühestens nach 12,1 Sekunden ist man auf Tempo 100.

Bis auf Seitenairbags ist die Sicherheitstechnik mit ABS, zwei Luftsäcken und Gurtstraffern auf der Höhe der Zeit. Raum für die Modellpflege bietet das Interieur: Zwar hat man die Instrumentenskalen blau unterlegt, und auch das Honda-Logo auf dem Lenkrad ist von Rot zu einem kräftigen Blau mutiert, aber die weiten, schwarzen Plastikflächen fördern nicht gerade den Frohsinn. Ärgerlich ist, daß die Vordersitze nicht mehr in ihre ursprüngliche Position zurückfahren, wenn die Lehne zum Ein- oder Aussteigen in den Fond vorgeklappt werden mußte. Aber dem Vernehmen nach arbeiten die Japaner schon an einer längeren, viertürigen Variante.

Da muß Honda allerdings aufpassen, sich nicht selbst ins Gehege zu kommen. Man hat ja noch den "richtigen" Geländewagen CR-V (Comfort Runabout Vehicle) im Programm. Der Neue sieht sich hingegen eindeutig als Konkurrent von Autos wie dem Toyota RAV4 oder dem Suzuki Vitara - und in ähnlichen Preisregionen ist er auch angesiedelt. Der Basispreis beträgt 32 350 Mark. Als Extras gibt es ein stufenloses Automatikgetriebe (CVT) für 1800 Mark Aufpreis, ein Komfortpaket (Zentralverriegelung, Sonnendach, elektrisch einstellbare Außenspiegel) für 1500 Mark, ein Sportpaket (Alufelgen, Dachspoiler) für 1980 Mark und eine Klimaanlage (1880 Mark). 4000 Exemplare will Honda heuer noch vom HR-V absetzen - bestimmt wird es so viele Deutsche geben, denen ein zweitüriger Kombi mit Feldwegtauglichkeit so viel wert ist.

Von Otto Fritscher

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