Honda Deauville:Mit Mut in die Lücke

Lesezeit: 1 min

Das für Europa konzipierte Motorrad wird in Spanien gebaut

(SZ vom 18.03.1998) Motorradhersteller sind stets auf der Suche nach Nischen: Honda meint, wieder eine gefunden und mit der neuen Deauville auch gleich besetzt zu haben. Seitdem nämlich BMW keinen vergleichsweise leichten und preiswerten Tourer wie die R 80 RT mehr baut, ist diese Klasse verwaist. Die auf dem langjährig bekannten Modell NTV basierende Neuerscheinung Deauville soll mit ihrem 650er Zweizylindermotor und der Beinahe-Vollverkleidung mit integrierten Gepäckbehältern jene Motorradfahrer ansprechen, die ein zugleich wartungsarmes, komfortables und leichtes Tourenmotorrad suchen, mit dem aber auch tägliche Stadtfahrten leichtfallen.

Die Eckdaten der Deauville sind unspektakulär: Der flüssigkeitsgekühlte V2-Motor schöpft bei 8000 Umdrehungen 41 kW (56 PS) aus 647 Kubikzentimetern Hubraum; das Dreiventil-Triebwerk läuft bis 6000 Touren auch vibrationsarm, wird dann aber etwas aufdringlich. Die Kraft gelangt via Kardanantrieb zum Hinterrad; seine Lastwechselreaktionen sind gering. Weil der Motor im mittleren Drehzahlbereich schon ordentlich Kraft liefert, stellt sich leicht ein flüssiger Fahrstil ein. Den liebt auch das Fahrwerk, denn es gibt sich komfortabel und unauffällig, aber auch unsportlich. Die Spitze liegt bei etwa 170 km/h.

Keiner Erwähnung wert sind Bremsen, Verarbeitung und Sitzposition - alles paletti. Das gilt auch für die Verkleidung; sie bietet guten Wind- und Wetterschutz und lärmt nicht unzumutbar. Interessant bis ungewöhnlich sind Aussehen und Ausstattung der Deauville: Sie bietet nämlich serienmäßig integrierte Kunststoff-Koffer, deren aerodynamische Form jedoch zu nur mäßiger Nutzbarkeit führt und leichtes Schließen verhindert. Von hinten erinnert die Deauville ein wenig an moderne Roller. Zwecks höheren Volumens können die Deckel der Behälter immerhin ausgewechselt werden. Auch das weitere Sonderzubehör ist für Honda höchst ungewöhnlich: Es reicht von der slipperschonenden Schaltwippe über ein mächtiges Topcase und einen maßgenauen Tankrucksack bis zu heizbaren Handgriffen.

14 270 Mark verlangen Honda-Händler für die in Europa konzpierte und in Spanien gebaute Deauville. In sandybeige erscheint sie nicht nur als gutes, sondern auch hübsches Motorrad, auch wenn ein vollständiges Plastikkleid über dem Motorblock nicht nachteilig wäre. Leider ist die spanische Kunststoff-Mischmaschine nicht in der Lage, den Farbton pyrénéebraunmetallic so anzurichten, wie er laut Prospekt wirken sollte; heraus kommt ein eher unangenehmes Braun. Sei's drum: Die Deauville ist vielleicht kein Überflieger, folgt aber immerhin einem mutigen und dazu konsequenten Konzept.

Von Ulf Böhringer

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: