Händler hoffen auf mehr Kauflust:Gelegenheit macht Liebe

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Die angekündigte Erhöhung der Mehrwertsteuer dürfte das Neuwagengeschäft ankurbeln. Mit guten Konditionen ist zum Jahresende zu rechnen.

Klaus Justen

Die Autofahrer in Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren vor allem durch eines ausgezeichnet: durch Zurückhaltung beim Kauf eines neuen Autos. Branchenkenner Ferdinand Dudenhöffer, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts B&D Forecast, spricht sogar von ¸¸Kaufverweigerung".

Beim Autokauf (Foto: Foto: dpa)

Spätestens Mitte kommenden Jahres wird das Geschäft aber kräftig anziehen, schätzt der Professor aus Gelsenkirchen. Der Grund: Die Mehrwertsteuererhöhung von 2007 an, die den Kauf eines Mittelklassewagens leicht um 500 oder 1000 Euro teurer macht. Wer ernsthaft darüber nachdenkt, in ein neues Auto zu investieren, sollte sich so viel Zeit nicht nehmen. Denn so günstig wie in den nächsten Wochen wird man in Jahresfrist nicht mehr an ein neues Auto kommen.

"Milliarden geopfert"

Zwar haben im August und September die Verkaufszahlen zum Teil kräftig angezogen, aufs ganze Jahr gesehen liegt das Plus bei 3,3 Prozent. Das liegt aber nicht daran, dass die Kunden auf einmal die Verkaufsräume stürmen, sondern die Hersteller ziehen ihrerseits alle Register der Verkaufsförderung.

Und das wird zum Jahresende noch einmal zunehmen. So klagte schon im Laufe des Jahres Rolf Leuchtenberger, Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK): ¸¸Es gab schönere Zeiten, um neue und gebrauchte Autos zu verkaufen." Die Händler stöhnen über die hohen Preisnachlässe, die die Kunden erwarten. ¸¸In der Addition hat die Automobilwirtschaft im vergangenen Jahr einen zweistelligen Milliardenbetrag dieser Rabattitis geopfert."

Viele Optionen

Die Branche ist sehr kreativ darin, den Kunden den Kauf schmackhaft zu machen: Leasingaktionen (Renault, Opel, Toyota) und günstige Finanzierungen (von Alfa Romeo bis Volkswagen), hohe Inzahlungnahmeprämien für Gebrauchtwagen (Fiat, Ford), Sondermodelle oder den schlichten Rabatt auf den Listenpreis sowie Tageszulassungen mit hohem Preisnachlass.

Zum Jahresende hin werden diese Verkaufsanstrengungen noch einmal intensiviert: Zum einen befürchtet nicht nur ZDK-Chef Leuchtenberger, dass die politische Diskussion um Steuererhöhungen und Subventionsabbau die Kauflust der Deutschen noch weiter dämpft.

Auch aus einem anderen Grund werden die Autoverkäufer in den nächsten Wochen mit Macht und günstigen Angeboten um Käufer buhlen. Weil November und Dezember 2004 außergewöhnlich gute Verkaufsmonate waren, fürchten viele Händler, für das Gesamtjahr 2005 die Messlatte ihrer Verkaufsziele nicht zu schaffen - dabei ist dies für viele Betriebe überlebenswichtig, da sie sonst nicht in den Genuss von Bonuszahlungen kommen.

Alles für den Bonus

Für ein mittleres Autohaus hängt je nach Marke und Vertrag ein sechsstelliger Euro-Betrag am Erreichen der Verkaufsvorgaben. ¸¸Ehe man den Bonus riskiert, verkauft man ein paar Autos mit sehr hohem Nachlass", erzählt ein Ford-Händler aus dem Frankfurter Großraum.

Wenn das auch noch nicht reicht, werden die Autos auf den Händler selbst zugelassen - und anschließend als Tageszulassung mit Rabatten von 20 Prozent oder mehr angeboten. Diese Autos kommen dann verstärkt im Januar und Februar auf den Markt, wenn sich bei Eis und Schnee die Kauflust ebenfalls stark in Grenzen hält.

Bis zu 15 Prozent billiger

Da passt es ins Bild, dass Mercedes-Händler seit neuestem ihre Vorführwagen schon einen Tag nach Erstzulassung weiterverkaufen dürfen. Bislang mussten sie den Wagen drei Monate auf ihren Betrieb laufen lassen. Für den Käufer bietet das die Chance, einen nagelneuen Wagen zehn bis 15 Prozent unter Preis zu bekommen - Rabattgrößen, die zumindest für Privatkunden bei der Marke mit dem Stern nicht üblich waren.

Nachteil für den Kunden bei einer Tageszulassung: Er ist dann Zweitbesitzer des Fahrzeugs und die Garantie läuft seit dem Tag der ersten Zulassung. Tipp: mit dem Händler über eine Garantieverlängerung verhandeln.

Ein anderer Weg, dem Kunden einen neuen Wagen schmackhaft zu machen: die Finanzierung zum Sonderzins oder als günstiges Leasingangebot. Der Kredit mit 1,9 Prozent Zins oder weniger ist bares Geld wert. Aber: Oft lassen es die Computersysteme nicht zu, Aktionszinsen und Rabatte miteinander zu kombinieren.

Rechnen, rechnen, rechnen

In diesem Fall kann es ein Rechenexempel sein, ob der Rabatt oder der Sonderzins unter dem Strich günstiger kommt. Auch bei Sondermodellen, die für wenig Aufpreis viel zusätzliche Ausstattung bieten, muss der Käufer mit spitzem Bleistift nachrechnen, ob sich das Angebot tatsächlich lohnt.

Eines sollten Autokäufer aber auch beachten: Von Preisnachlässen allein kann der Autohändler nicht leben. Wer als Kunde ordentlichen, freundlichen Service erwartet, sollte seinem Gegenüber auch die Chance geben, sich diesen Service leisten zu können.

© SZ vom 16. 11. 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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