Gotthard-Autobahn:Das grausame Grollen des Berges

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Gewaltige Felsbrocken haben auf der Gotthard-Autobahn in der Schweiz ein Auto zerquetscht und ein Ehepaar aus Baden-Württemberg getötet. Niemand konnte die beiden retten, da immer wieder Steine herunterstürzten.

Gewaltige Felsbrocken haben am Mittwoch auf der Gotthard-Autobahn in der Schweiz ein Auto zerquetscht und ein deutsches Ehepaar getötet. Der Wagen ging in Flammen auf.

Die Rettung für das deutsche Ehepaar kam zu spät. (Foto: Foto: AP)

Nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin stammen die Opfer aus Baden-Württemberg. Die Schweizer Polizei geht davon aus, dass die Eheleute im Raum Pforzheim wohnten. Der 64 Jahre alte Mann und seine 57-jährige Frau sollen auf einer Urlaubsfahrt in den Süden gewesen sein.

Auch zwei Lastwagen wurden von herabfallenden Steinen getroffen. Die Fahrer konnten sich jedoch retten. Die Autobahn A 2 im Kanton Uri wurde in beiden Richtungen gesperrt. Sie wird voraussichtlich erst am Freitagnachmittag wieder freigegeben. Im Alpentransitverkehr kam es zu starken Verkehrsbehinderungen.

"Meine Frau und ich schreckten gegen Viertel vor sieben aus dem Schlaf auf, weil wir laut Steine rumpeln hörten", berichtete der 52-jährige Ingenieur Philipp Sicher. "Als wir aus dem Fenster sahen, entdeckten wir in etwa 300 Meter Entfernung ein Auto, das in Richtung Süden fuhr und plötzlich von den Felsbrocken getroffen wurde. Nur 20 bis 30 Sekunden später brannte es."

Sicher und seine Frau alarmierten sofort Polizei und Feuerwehr. "Besonders tragisch war, dass niemand von den anderen Autofahrern, die noch an der Unglücksstelle vorbeikamen, anhalten konnte. Denn noch immer stürzten Steine herab", sagte Sicher, dessen Haus in der kleinen Ortschaft Gurtnellen 750 Meter hoch an einem Hang genau gegenüber dem Unglücksberg steht.

"Das Wetter war schlecht. Es gab leichten Schneefall und Regen, und es war neblig." Nur sieben bis acht Minuten dauerte es nach Angaben des Augenzeugen, bis die ersten Hilfskräfte anrückten. "Wegen des Staus benötigten sie dann nochmal 20 weitere Minuten, bis sie den brennenden Wagen erreichen konnten."

Für die Insassen gab es keine Rettung mehr. Die Toten wurden nach Angaben der Kantonspolizei ins Institut für Rechtsmedizin nach Zürich gebracht.

Zwei Lastwagenfahrer, deren Fahrzeuge auf einem 300 Meter entfernten Parkplatz von herabstürzenden Steinen getroffen wurden, kamen mit dem Schrecken davon. "Einer der beiden Lastwagen, ein Getreidetransporter, kippte auf die Seite", erzählte Philipp Sicher, "der andere blieb stehen. Ein dritter Lkw fuhr rückwärts aus dem Gefahrenbereich."

Schweizer Medien berichteten, die Steine lägen auf der Straße, "als ob ein Riese sie wahllos hingeworfen hätte. Wie Spielzeugautos haben sie einen Personenwagen gerammt und einen schweren Sattelschlepper umgekippt."

Über die Ursache für den Felssturz gab es bislang nur Spekulationen. Schweizer Fachleute vermuteten, dass möglicherweise die lange Kälteperiode im vergangenen Winter ein Grund sein könnte.

Allerdings bedeute die gegenwärtige Nässe- und Kälteperiode nicht von vorneherein eine spezielle Risikosituation für Felsstürze, hieß es vom Schweizer Bundesamt für Umwelt. Die bis zu zimmergroßen Felsbrocken stürzten etwa 700 Meter in die Tiefe.

Die Sicherheitsbehörden sperrten den Bereich weiträumig ab. Auch bei Philipp Sicher, der einen Natursteinbetrieb hat, musste die Arbeit ruhen. Wenige hundert Meter vom Unglücksort entfernt sichern in der Nähe eines Steinbruchs Schutzdämme das umliegende Gebiet gegen Steinschlag. "Aber man kann nicht überall am Berg Schutzdämme bauen", sagt Sicher nachdenklich.

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