Fiat Punto:Kunterbunte Kleinwagenwelt

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Der italienische Konzern bietet seinen Kunden in Zukunft mehr Auto für ihr Geld

(SZ vom 06.09.1997) Mit dem Punto hat Fiat einen Volltreffer gelandet, denn der kompakte Italiener verkauft sich nicht nur in seiner Heimat prächtig und hat im ersten Quartal 1997 sogar das Kunststück fertiggebracht, den Golf in der europäischen Zulassungs-Rangliste vom ersten Platz zu verdrängen. Auch im eigenen Haus ist der Punto die unangefochtene Nummer eins, seit er den Fiat-Produktionsrekord über den Haufen geworfen hat, den bisher der Uno mit zwei Millionen Einheiten in 46 Monaten hielt: Der Punto brauchte nur 42. Mittlerweile wird er in drei Werken gebaut, die alle nach dem Prinzip "just in time" organisiert sind und täglich 2600 Fahrzeuge ausstoßen.

In Mirafiori, Termini Imerese und Melfi läuft nunmehr die zweite Auflage des Punto vom Band, denn nach dreieinhalb Jahren hat Fiat sein bestes Stück einer ersten Verjüngungskur unterzogen. Es hat dabei mächtig Make-up aufgelegt: Die Farbpalette erinnert - von den Standardfarben Schwarz, Weiß, Titan und Dukatengrau einmal abgesehen - an einen Korb mit Ostereiern, und auch im Inneren sind die Puntos bunter denn je, wobei die Designer für Drei- und Fünftürer unterschiedliche Stoffe entwarfen. Die glatten Stoffe sind durch die Bank weg sehr hübsch anzusehen und allem Anschein nach pflegeleicht, doch läßt der erste Kontakt befürchten, daß die Passagiere bei sommerlich warmen Temperaturen mächtig ins Schwitzen geraten werden.

Kritisch überarbeitet

Die Veränderungen beschränken sich indessen nicht auf den sichtbaren Teil des Punto, sondern auch die Technik wurde einer kritischen Durchsicht unterworfen, die in Verbesserungen von Federungskomfort und Fahrverhalten, Lenkung und Geräuschisolierung mündete. Vor allem aber wurde die Motorenpalette umgemodelt: Der 1,6-Liter-Vierzylinder hat einem 1,22-Liter-16-Ventiler aus der Fire-Motorenfamilie Platz gemacht, der eine Höchstleistung von 63 kW (85 PS) erwirtschaftet und bei 4500/min maximal 113 Newtonmeter bereitstellt. Der Vorgänger verfügte über 65 kW (89 PS) und 127 Nm bei 2750/min, doch er verbrauchte auch, wie Fiat betont, auf 100 Kilometer durchschnittlich 1,2 Liter mehr Kraftstoff. Allein diese Zahl macht den Verzicht verständlich, und glücklicherweise sind Fiat-Getriebe heutzutage so problemlos zu schalten, daß kleinere Zugkraftdefizite des 16V an Steigungen durch einen schnellen Gangwechsel behoben werden können. Langsamer geworden ist der Punto mit dem neuen Aggregat ohnehin nicht - im Gegenteil: Die Beschleunigungswerte liegen unter denen des 1,6er und sind im dreitürigen, flott aufgemachten Sporting besonders gut. Um dessen Tachonadel von null auf die 100er-Marke zu treiben, genügen 10,5 Sekunden.

Die meisten Käufer hierzulande werden freilich auch weiterhin dem Punto 55 mit 1,1 Liter Hubraum und 40 kW (54 PS) oder dem schwächsten 1,2er, dem Punto 60 mit acht Ventilen und 44 kW (60 PS), den Vorzug geben, der auch in Kombination mit dem Selecta-Getriebe, einer stufenlosen Automatik, erworben werden kann. Ebenfalls im Angebot geblieben ist die 54-kW (73-PS)-Version des 1,2-Liter-Benziners, und sogar die Diesel-Liebhaber, die bisher nur höchst selten Punto fahren, sind künftig gut versorgt: Für sie stehen zwei 1,7-Liter-Turbodiesel auf dem Programm, wahlweise mit 46 kW (63 PS) und 51 kW (69 PS).

Ganz gleich, für welche Variante sich ein Käufer eintscheidet: Alle bekommen mehr Auto ihr Geld als früher. Das gilt für den Punto 55 in S-Ausstattung, der in Neuauflage fortan 17 800 statt 18 415 Mark kostet, ebenso wie für das teuerste Modell, die Topversion des Punto Cabrio, das laut Preisliste jetzt für 32 000 Mark, 1550 Mark weniger als bisher, zu haben ist, obwohl die Ausstattung um elektrische Fensterheber im Fond ergänzt wurde.

Löblicher wäre es freilich gewesen, wenn Fiat, anstatt den Preis zu reduzieren, die Sicherheitsausstattung aufgestockt hätte: So aber fehlen in den S-Varianten, auf die in Deutschland voraussichtlich mehr als 60 Prozent der für 1997 erwarteten gut 50 000 Punto-Zulassungen entfallen werden, noch immer die Fondkopfstützen, obwohl der kompakte Italiener ein echter Viersitzer ist und den Hinterbänklern mehr Bewegungsfreiheit bietet als die meisten Konkurrenten. ABS kostet in den meisten Versionen weiterhin Aufpreis.

Von Gerlinde Fröhlich-Merz

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