Fernreisen:Die Politik reist mit

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Trotz heftiger Proteste gegen Mohammed-Karikaturen sehen Reiseveranstalter Touristen derzeit nicht gefährdet.

Von Sibylle Haas

Der Tourismus reagiert stärker als andere Branchen auf politische Bedrohungen. Urlauber handeln umgehend. Das war nach den Anschlägen in Ägypten, auf der tunesischen Insel Djerba und auf Bali in Indonesien der Fall: Die Gäste blieben aus, der Tourismus brach ein. Die deutschen Reiseveranstalter haben daraus gelernt: nichts zu kommunizieren, was die Touristen noch mehr verunsichern und die Nachfrage dämpfen könnte. Auch diesmal ist das wieder so.

Nach den Terroranschlägen in Ägypten blieben die Touristen erst einmal aus. (Foto: Foto: dpa)

¸¸Wir beobachten die Lage sehr genau", heißt es beim Deutschen Reiseverband in Berlin zu den jüngsten Vorfällen. Nach der Veröffentlichung von Karikaturen des Propheten Mohammed war es in der islamischen Welt zu gewaltsamen Protesten gekommen. Es gebe keinen Grund, arabische Urlaubsländer zu meiden, betonte ein Verbandssprecher. Gäste in den Badeorten in Ägypten, Tunesien und Marokko seien nicht gefährdet, es gebe nur wenige Anfragen besorgter Urlauber, berichten auch die großen Reiseveranstalter TUI und Thomas Cook.

"Immer die gleiche Antwort"

Ein Sprecher von Studiosus äußerte sich ähnlich. Studiosus bietet Studienreisen an und führt Urlauber auch ins Landesinnere. Es gebe keine Stornierungen, niemand habe seine Ägypten-Reise abgebrochen, sagte der Sprecher. In Syrien, Jordanien und Libyen seien ohnehin keine Studiosus-Gäste unterwegs, ebenso wenig in Marokko und Tunesien.

¸¸Bei den Reiseveranstaltern gibt es immer die gleiche Antwort, und später sieht man dann die Buchungsrückgänge in den betroffenen Urlaubsregionen", sagte dagegen Tourismusexperte Karl Born. Born war lange in der Geschäftsführung der TUI tätig und lehrt heute an der Hochschule Harz in Wernigerode. Er rechne damit, dass sich die Ausschreitungen in der arabischen Welt auf das Buchungsverhalten der Europäer auswirken werden. ¸¸Es werden Ausweichziele, etwa in Spanien, gebucht", sagte Born.

Orientierung am Auswärtigen Amt

Anders als sein deutsches Pendant hat der Dachverband der dänischen Reiseveranstalter nach den Protesten gegen die Karikaturen sämtliche Reisen in die klassischen Urlaubsländer Ägypten, Tunesien und Marokko abgesagt.

Die deutschen Reiseveranstalter orientieren sich an den Hinweisen des Auswärtigen Amtes. Erst wenn das Amt ausdrücklich vor Reisen in ein bestimmtes Land warnt (derzeit sind das Irak, Haiti, Afghanistan, Demokratische Republik Kongo, Zentralafrikanische Republik, Somalia), werden üblicherweise auch kostenlose Reisestornierungen akzeptiert. Das Auswärtige Amt hat die Sicherheitshinweise für Syrien, Libanon, Saudi-Arabien, Israel und die palästinensischen Gebiete verschärft, aber keine Reisewarnungen ausgesprochen.

Der Reiseveranstalter Studiosus hat übrigens einen eigenen Reisehinweis auf seiner Homepage. Darin heißt es: ¸¸Wie ... die Auseinandersetzungen ... zeigen, ist der Unmut bei vielen Moslems weiterhin hoch, die Gefahr gewalttätiger Demonstrationen besteht somit nicht nur in Syrien und Libanon, sondern in allen Ländern mit größerem islamischen Bevölkerungsanteil fort."

© SZ vom 8. 2. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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