Faszination: Dodge Viper:Good Viperations

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Nach dem Frühstück ab in den Pott: Von Berlin aus braucht man für die knapp 500 Kilometer ins Ruhrgebiet meist rund vier Stunden. Heute könnte es etwas schneller gehen: Es ist eine Art Kurierfahrt - mit einer Dodge Viper.

Von Stefan Grundhoff

Knallrot liegt sie auf der Straße - wie eine giftige Schlange. Bei der Namensfindung haben es die Dodge-Leute leicht gehabt. Auf die Bezeichnung "Viper" hätte bei dieser Optik jedes Kind kommen können.

Wild at heart: Dodge Viper (Foto: Foto: www.press-inform)

Diese Schlange zu reiten, ist etwas ganz Besonderes. Unter der nicht enden wollenden Motorhaube bollert ein böser Zehnzylinder, mit sagenhaften 8,3 Litern Hubraum. Der stammt ursprünglich aus einem Truck, macht mit seinen 506 PS jedoch in einem Sportwagen eine grandiose Figur: Mehr als 300 km/h Spitze sind locker drin, die Beschleunigungswerte sind schlicht berauschend - der Sound betört als eine Mischung aus Sucht und Sex. Es gibt nicht viele Autos, die derart begeistern.

Klassenlos mobil

Der Aufmerksamkeitsfaktor ist riesig. Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer - alles glotzt. Selbst Piloten aus Porsche-Geschossen oder Ferraris schauen herüber. Der Blick verrät eine Mischung aus Anerkennung und Begeisterung.

Mit Neid hat man bei einer Dodge Viper kaum zu kämpfen. Es klingt seltsam, aber in einer Viper ist man in einem klassenlosen Auto unterwegs. Okay, auch das kostet rund 100.000 Euro - ist damit aber meilenweit von den astronomischen Preisen anderer Supersportwagen entfernt.

Und die Viper ist genau das. Und schon nach ein paar Kilometern auf dem Berliner Ring wird klar: Sie gehört unbedingt in geschulte Hände. Mit Vorliebe läuft sie der kleinsten Bodenwelle nach. Und die Lenkung erlaubt keine Unachtsamkeit.

In der City ist die 4,46 Meter lange Viper unübersichtlich und höchst unhandlich. Durch den exorbitanten Radstand und die prächtigen Walzen liegt der Wendekreis bei knapp 12,50 Metern. Das Publikum links und rechts wird es freuen.

Ausgerast

Im flotten Autobahntempo geht es über die A9 bis zum Autobahnkreuz Potsdam. Wohlgemerkt brav mit Tempo 120. Im Heck drückt ein aufgemotzter Nissan Terrano aufs Gas - trotz Tempolimits. Kaum sind wir auf die A2 in Richtung Hannover abgebogen, zieht der Terrano trotz Überholverbots und Tempo-100-Gebots rechts vorbei - mit etwa 160 Sachen.

Sein Triumph dauert ein paar hundert Meter, da fliegt von hinten ein silberner Opel Omega heran. So schnell fährt kein Omega-Fahrer - und schon gar keiner fährt einen 3,2-Liter-V6! Eine Zivilstreife macht dem Treiben des Rennfahrers ein Ende. Das wird teuer.

Wo die Viper auftaucht, schlägt sie eine rote Schneise. Autofahrer ziehen wild nach rechts, obwohl man noch mehr als 200 Meter entfernt ist und mit gleichem Tempo wie sie (160 km/h) fährt. Das Überholimage ist immens - oft treibt die Vorausfahrenden offensichtlich pure Angst. Das tut uns Leid.

Endlich strahlt die Sonne. Und so geht es auf eine Raststätte nahe Hannover, um das Dach zu öffnen. Bei der exzellenten Serienausstattung hätte man auf eine elektrische Öffnung des Stoffdachs gehofft - vergebens. Geradezu prähistorisch öffnet man die dünne Stoffmütze per Hand. Dazu muss man aussteigen und die riesige Kofferraumklappe aufmachen. Das Dach klappt umständlich nach hinten. Das wäre im dritten Jahrtausend doch auch einfacher gegangen.

So 'ne Sache

Dann wieder los. Eins, zwei, in den dritten Gang schalten - sagenhaft! Die Sonne scheint, und auch wenn es mächtig windet, macht das Offenfahren bei über 200 Sachen mächtig Spaß.

Darüber wird es nervig, indes auch mit geschlossenem Dach nicht wirklich leiser. Wer grundsätzlich schnell unterwegs sein will, sollte sich gleich eine Viper aus den USA importieren. Da gibt es eine geschlossene GTS-Version. In Europa ist sie nur als Cabrio im Handel - wieso nur? Gerade als Coupé wäre die Viper SRT-10 doch der Renner und der Schrecken der Nordschleife.

Bildstrecke
:Dodge Viper: Good Viperations

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Zum x-ten Mal geht es auf der A2 vorbei an endlosen Kolonnen grüner Autos mit schläfrigen Bereitschaftspolizisten. Im Nordrhein-Westfalen scheint ein Groß-Event zu sein - oder die Brandenburger Ordnungshüter machen einen mehrtägigen Betriebsausflug dorthin. Doch selbst der müdeste Schutzmann verrenkt sich in seinem T4-Bully den Kopf, als die Viper vorbei zieht. Der anerkennende Blick bleibt der gleiche - hier wie in Berlin.

Bei jedem Tempo spürt man die gewaltige Power des Zehnzylinders. Ein Tritt aufs Gas - und die Viper donnert nach vorn. 712 Nm Maximaldrehmoment bei 4200 U/min sind gewaltig und wollen beherrscht sein. Den Spurt von null auf 100 km/h schafft die züngelnde Schlange in unter vier Sekunden.

Die 1,5 Tonnen schwere Dodge Viper liegt dabei wie ein Brett auf der Straße - und ist dabei nicht einmal unkomfortabel. Nur bei nervigen Querfugen hat man schon wegen der 275er-Reifen vor und 345er-Walzen hinten wenig Vergnügen. Der Tank fasst 70 Liter. Bei flottem, aber gleichbleibend gemäßigtem Tempo dauert es rund 400 Kilometer, bis der erste Tankstopp fällig wird. Man würde sich über einen Bordcomputer freuen - das macht das Nachfüllen planbarer.

Mühsam gezähmt

Übrigens sitzt die Viper wie ein angepasster Rennanzug. Die Ledersitze sind exzellent, lassen sich jedoch nur lausig verstellen. Alles wird dominiert von dem mächtigen Mitteltunnel, der die über 500 Pferde nach hinten an die Achse transportiert und eine Sitzheizung entbehrlich macht.

Für einen Hauch Komfort sorgen elektrische Fensterheber, Navigation, Klimaanlage und elektrische Spiegel. Bemerkenswert sind die bärenstarken Bremsen. Sie sorgen zumindest für einen Teil der nötigen Sicherheit, denn außer Airbags ist sonst nichts an Bord.

Nach knapp vier Stunden hat man das Ruhrgebiet über die A2 erreicht. Es wäre auch schneller gegangen. Doch Verkehr und Sonnenschein forderten nun mal ihren Tribut. Für die 500 Kilometer lange Autobahnstrecke würde man sich aber eigentlich ein anderes Auto wünschen: Die Viper gehört auf die Landstraße - oder die Rennstrecke. Dann genießt man jeden Meter, die präzise Lenkung und den donnernden Sound des Saugers, der einem noch nach Stunden betörend in den Ohren hängt. Autobahn ist in diesem Auto langweilig.

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