Fahrbericht: VW Polo 1.4 TDI:Teures Wachstum

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Nach dem Debüt des kleinen Fox rückt der Polo in der Volkswagen-Familie eine Stufe rauf. Ein munteres Auto, das aber seinen Preis hat.

Tobias Opitz

Der Kleinste in einer großen Familie zu sein, ist immer schwierig. Man läuft so mit, muss manches von den Geschwistern auftragen und sich, anders als die Großen, weniger beachtet durchs Leben schlagen. Eine Rolle, die bis vor kurzem der Polo gespielt hat - von dem relativ kurzen Gastspiel des Lupo abgesehen.

Seit seinem Debüt 1975 sollte der Polo das VW-Portfolio nach unten abrunden; rund 7500 Mark, umgerechnet etwa 3835 Euro, kostete er seinerzeit zum Start. Und hatte Erfolg, wenn auch im Stillen: Rund 8,7 Millionen Exemplare sind in den 30 Jahren international an Mann und Frau gebracht worden - und das ohne besonders spürbaren Aufwand in Sachen Design oder Ausstattungsqualität.

Jetzt endlich darf sich der Polo, seit kurzem in der fünften Generation, zu den Erwachsenen zählen - der in Brasilien gebaute VW Fox hat die Rolle des Kleinsten übernommen. Und man sieht dem Polo an, dass er ein beachtetes Mitglied der Familie geworden ist: Die Front mit den Klarglas-Scheinwerfer wirkt, als hätte man den Passat geschrumpft; das Heck trägt neue Rückleuchten und eine Scheibe, die sich mit dezentem Chic in ganz leicht angedeuteter V-Form zeigt.

Familientauglich geworden

Dass sich der Polo über die Jahre zu einem familientauglichen Fahrzeug gemausert hat, zeigen auch die aktuellen Maße: Mit 3,91 Meter Länge, einer Breite von 1,65 Meter und einem Radstand von 2,64 Meter übertrumpft er längst - viele werden sich erinnern...- den Golf I und zieht mit Golf II gleich.

Wir fuhren den Polo mit 59 kW (80PS) starkem 1,4-Liter-Diesel mit drei Zylindern - ein munterer Motor, der am liebsten zwischen 2000 und 3000 Umdrehungen unterwegs ist, seine Arbeit allerdings recht knurrig erledigt. Vor allem nach dem Kaltstart und später auch bei Ampel-Stopps nagelt der Selbstzünder unüberhörbar vor sich hin.

Was altgediente Dieselfahrer nicht zwingend stört, aber nicht mehr dem heute Machbaren entspricht. Das manuelle Fünfgang-Getriebe, Lenkung, Fahrwerk - das alles ist auf der Höhe der Zeit; so macht es wirklich Spaß, durch die Stadt zu wieseln und über Land unterwegs zu sein. Der Durst des kleinen, groß gewordenen Wolfsburgers hält sich erwartungsgemäß in Grenzen - wenn auch die Praxis mit etwas mehr als sechs Liter die vom Datenblatt geweckten Erwartungen relativiert.

Drinnen ist alles so, wie man es von VW erwartet: gute Materialien, ordentliche Verarbeitung - vom einstigen Kleinwagen-Image auch hier keine Spur mehr. Platz ist für fünf Passagiere, was aber zumindest unter Erwachsenen guten Willen voraussetzt.

Nicht gerade billig

Was allerdings angesichts ansonsten moderner Technik nicht nachzuvollziehen ist, ist das schlappe Bordnetz. Gerät die Servo-Pumpe der Lenkung in Kurven oder beim Rangieren in Wallung, verdunkelt sich das Licht von Scheinwerfern und Heckleuchten des Nachts erkennbar. Ein Malus, der - zumindest beim gerade mal 4000 Kilometer alten Testwagen - den eigentlich symphatischen Auftritt im Wortsinne trübte.

Wenigstens 11.250 Euro - das wären heute gut 22.000 Deutsche Mark - kostet das Einstiegsmodell in der Grundausstattung Trendline. Wer sich für die nächste Stufe namens Comfortline und den 1,4-Liter-Diesel entscheidet, muss bereits mit stolzen 15.010 Euro rechnen - weil aber die Liste der Extras mit gut 60 Positionen umfangreich ist und damit zur Freude des VW-Kassenwarts manch Sinnvolles aus dem Serienumfang ausgeklammert wird, ist es damit wohl lange nicht getan.

Denn soll der Polo zum Beispiel durch vier Türen zum dann wirklich alltagstauglichen Familienauto werden, müssen 780 Euro draufgerechnet werden; zweifelsfrei Gutes wie ESP oder Praktisches wie ein integrierter Kindersitz verlangen nach 400, respektive 141 Euro Zuzahlung. Einen Rußpartikelfilter wird es erst Anfang 2006 geben.

Fazit: Ein an sich munteres Auto, das aber, mit nur Wenigem zusätzlich ausgestattet, recht heftig in die Haushaltskasse greift.

VW Polo 1.4 TDI Comfortline: 59kW (80PS); max. Drehmoment: 195Nm bei 2200 Umdrehungen; 0-100km/h: 12,8s; Vmax: 174km/h; Verbrauch: 4,4 l; EU4; Grundpreis: 15.010 Euro.

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