Fahrbericht: Škoda Roomster 1.9 TDI:Im Schneckenhaus

Lesezeit: 3 min

Škoda will nicht länger als müder Krieger im Volkswagen-Konglomerat mitlaufen. Der neue Roomster mit seinem Design soll ein erster Versuch sein, die "emotionale" Schiene zu fahren und besonders jüngere Familien anzusprechen.

Von Stefan Grundhoff

Der Škoda Roomster ist ein Auto (wie) aus dem Baukasten. Unter dem Blech gibt es Komponenten bekannter VW- und Skoda-Modelle. Doch auch das Außendesign scheint ziemlich zusammengepuzzelt. Die vordere Hälfte des Fahrzeugs sieht aus wie von der einen Truppe der Designabteilung kreiert, ab der B-Säule musste dann die zweite Gruppe ran.

Zwei Seelen wohnen ach in meiner Seite... (Foto: Foto: press-inform)

Zumindest Front und Heck des Roomster präsentieren sich klar gezeichnet und wie aus einem Guss. Doch während sich die dynamische Front bis weit in den vorderen Türrahmen zieht, ist es in der Mitte halt vorbei mit der Homogenität. Die Fenster- und Schulterpartie erfährt einen harten Schnitt, der nicht jedermanns Geschmack sein dürfte.

Škoda-Chefdesigner Jens Manske ist um eine Erklärung nicht verlegen: "Das Roomster-Konzept besteht auch aus zwei Teilen: Vorne ist der Wagen ähnlich wie ein Flugzeug oder ein Visier gestaltet, während sich das Heck wie ein Haus als Lebensraum präsentiert." Aha.

Schneckenhaus

Zumindest designerisch sind die Roomster-Insassen also in einer Schnecke unterwegs. An den gefälligen Vorderwagen schließt sich das üppig dimensionierte Schneckenhaus an.

Auch das deutlich tiefer angesetzte Fenster der Fondtür hat selbstverständlich seinen Grund: "Zusammen mit den erhöhten Sitzen hat so auch der Nachwuchs kein Problem, aus dem Autos zu schauen", erklärt Manske selbstbewusst. Keine Spur vom One-Box-Design eines Opel Meriva oder eines Golf Plus. Stattdessen folgt man Modellen wie dem Renault Kangoo oder Citroen Berlingo, die vor einem knappen Jahrzehnt ein neues Segment kreierten.

Der Škoda Roomster liegt mit einer Gesamtlänge von 4,20 Metern auf Augenhöhe mit dem Golf, baut mit 1,60 Metern jedoch deutlich höher und bietet nicht zuletzt dank des 2,62 Meter langen Radstandes ebenso deutlich mehr Platz im Innenraum.

Variable Mobilie

Das "Haus" präsentiert sich so pfiffig, wie man es von einer familiären Allzweckwaffe von Škoda erwarten kann. Kopf- und Beinfreiheit sind im Fond ordentlich, an der Schulter wird es dagegen recht eng. Nur selten dürften im Fond jedoch drei Personen sitzen.

Daher kann man die einzelnen Stühle nicht nur um 150 Millimeter nach vorn oder hinten verschieben, sondern nach dem Wegklappen des mittleren Sitzess auch nach innen schieben. Umklappen im Verhältnis 40:20:40, Ausbauen und Neigen der Lehnen - das ist ebenfalls drin. Vario-Flex macht's möglich.

Leider sind bei der Umsetzung des Designprozesses die gleichermaßen praktischen wie beliebten Schiebetüren auf der Strecke geblieben. Trotzdem können durch die weit aufschwingenden Fondtüren Kinder problemlos versorgt werden.

Das Innenraumdesign lässt die von Skoda gewünschte Emotionalität jedoch nach wie vor vermissen. Praktisch und ordentlich verarbeitet, das kennen wir von den Tschechen ja schon, aber etwas mehr hätte es ruhig sein dürfen. Während sich die zahlreichen Ablagefächer als überaus praktisch erweisen, sorgen die kurze Sitzfläche und die herausstehende Mittelkonsole beim Fahrer für leichtes Stirnrunzeln. Doch was zählt das schon, wenn gerade die Passagiere in der zweiten Reihe den Ausblick in den Himmel genießen können?

Moderater Umzug

Große Sonnendächer liegen derzeit klassenübergreifend im Trend. Auch bei Škoda. Die Dachluke des Roomster ist rund einen Quadratmeter groß und lässt jede Menge Licht in den Innenraum. Leider kann man das Dach nicht öffnen. Und die zweiteilige Jalousie wird manuell bedient. Da sind andere weiter.

Der Gepäckraum ist durch die niedrige Ladekante und ein Fassungsvermögen zwischen 530 und 1780 Litern ebenfalls zu allen erdenklichen Transporttaten bereit. Bei 515 Kilogramm Zuladung ist auch ein gemäßigter Umzug drin.

Bei den Skoda-Kunden sind die TDI-Triebwerke besonders beliebt. Während der kleine Nagler gerade mal 70 PS leistet, sind die beiden größeren TDI-Versionen mit 80 und 105 PS deutlich interessanter. Gerade der 1.9 TDI mit 77 kW/105 PS und seinen 240 Nm maximalem Drehmoment hat keinerlei Mühe, den 1,2 Tonnen schweren Fronttriebler flott über Landstraßen und Autobahnen zu bewegen. Wer sorgsam mit dem Gasfuß umgeht, kann einen Verbrauch von rund 5,5 Litern Diesel auf 100 Kilometern realisieren.

Solide und wendig

Anders als die Benzinversionen zwischen 47 und 77 Kilowatt Leistung, kann man den Selbstzünder auch schaltfaul rollen lassen. Gerade bei längeren Autobahnpassagen würde man sich jedoch ein Sechsganggetriebe wünschen. Im fünften ist der Škoda lauft.

Das Fahrwerk besteht aus den bekannten Konzernkomponenten und zeigt sich gut abgestimmt. Die Lenkung ist direkt und die Schaltung leichtgängig. Das erleichtert zusammen mit dem 10,3 Meter kleinen Wendekreis das Rangieren in der City.

Ist der Roomster nun ein Konkurrent von Kangoo und Co.? Oder kann er sich auch gegen renommierte Konkurrenten wie den Opel Meriva, Golf Plus oder Renault Modus durchsetzen? Darüber entscheiden nicht nur Design und Variabilität, sondern insbesondere auch die Geldbörse. Der Basispreis des Skoda Roomster 1.2 mit schmalen 64 PS liegt bei gerade mal 12.990 Euro. Die weiteren Preisstaffeln hält Škoda noch unterm Deckel.

Neue Dürftigkeit

Fest steht jedoch, dass die Ausstattung des jungen Tschechen überaus sparsam ausfällt. Beim Thema Sicherheit muss man sich mit ABS, Front- und Seitenairbags sowie Isofix-Befestigungen begnügen. ESP und Kopfairbags kosten ebenso Aufpreis wie elektrisch einstellbare Spiegel und Nebelscheinwerfer.

Noch dürftiger sieht es in Sachen Komfort aus. Selbstverständlichkeiten wie Klimaanlage, Zentralverriegelung, Fensterheber hinten oder höhenverstellbare Sitze - das Basismodell bietet nichts dergleichen. Wer ein klassenübliches Paket einschließlich Sonnendach und Radio- bzw. Navigationsgerät schnürt, gibt für eine Benzinversion deutlich mehr als 15.000 Euro aus. Der Topdiesel marschiert selbstbewusst in Richtung der 20.000-Euro-Liga.

Nichtsdestotrotz will Škoda insbesondere mit dem Roomster deutlich zulegen. Škoda-Vorstandsvorsitzender Detlef Wittig: "Wir planen, 2006 weltweit mehr als 520.000 Autos zu verkaufen."

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