Fahrbericht: Peugeot 407 HDi Bi-Turbo:Man lädt nur zweimal

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Agent 407 ist wieder da. Im eleganten Blech-Zwirn geht er auf Jagd nach Käufern - mit extravagante Hightech-Spielereien im Gepäck. Das neueste Gadget: ein Bi-Turbo mit 170 PS. Wunderwerk? Oder nur Agenten-Bluff?

Von Sebastian Viehmann

Wer im Physikunterricht nicht gerade ständig Kreide holen war, wird etwas mit dem Begriff der "Trägheit" anfangen können. Erst, wenn das Trägheitsmoment überwunden ist, kann eine Lokomotive anfahren, ein Reifen rollen - oder ein Turbolader für (Auf-)Ladung sorgen.

Ein Hai namens Peugeot: 407 (Foto: Foto: press-inform)

Um das Trägheitsmoment zu verringern und die Turbine des Abgas-Laders schneller in Fahrt zu bringen, verwenden die Ingenieure einen simplen Trick: Zwei kleine Turbinen statt einer großen. Bi-Turbo nennt sich das. Beim neuen Twinturbo im 306 PS starken BMW 335i zum Beispiel ist jeder Lader für drei Zylinder zuständig. Neu ist das Konzept nicht, wird aber laufend verfeinert - jetzt von Peugeot.

Peugeots 2,2-Liter-HDi ist kein Bi-Turbo im klassischen Sinn, sondern einer mit parallel-sequenzieller Aufladung. Das heißt: Ein Lader steht schon bei niedrigen Drehzahlen zur Verfügung. Der andere gesellt sich erst zwischen 2600 und 3200 Touren als Verstärkung dazu.

Technik ohne Ende

Damit lässt sich das gesamte Drehzahlspektrum kräftemäßig ausnutzen. Das System haben die Franzosen zusammen mit dem Unternehmen Honeywell Turbo Technology patentiert, das sich in Sachen Motor-Doping einen Namen gemacht hat.

Zusätzlich zur doppelten Portion Turbo hat jeder Aluminium-Kolben des 2.2-HDi-Vierzylinders einen neuartig geformten Brennraum. Durch einen größeren Durchmesser und ein geringeres Verdichtungsverhältnis verbrennt der Kraftstoff, der mit bis zu 1800 bar eingespritzt wird, effizienter.

Das gute Ansprechverhalten der flinken kleinen Turbolader führt dazu, dass der Motor schneller aufs Gas reagiert als beim gewöhnlichen Turbodiesel. Zwar kommt der 1,7 Tonnen schwere 407 Bi-Turbo erst ab 1800 Umdrehungen so richtig in Fahrt. Aber die Kraft steht in jedem Drehzahlbereich fast ohne spürbares Turboloch zur Verfügung.

Auch im zweiten Gang zerren die Kräfte so ungeduldig an den Vorderrädern des Fronttrieblers, dass sie leicht durchdrehen. Das maximale Drehmoment liegt bei 370 Newtonmetern, für den Zwischenspurt von 80 auf 100 km/h - die typische Überholsituation auf Landstraßen - braucht der Bi-Turbo im fünften Gang 8,1 Sekunden.

8,7 Sekunden von Null auf 100 und 225 km/h Spitze sind zwar keine Werte, die andere Diesel mit herkömmlichem Turbolader nicht auch erreichen würden. Durch die kaum merkliche Verzögerung entsteht allerdings beim Peugeot Bi-Turbo der Eindruck von mehr Power.

Noch eins drauf

Noch stärker ist der 2,7-Liter-V6, ebenfalls ein Diesel mit zwei Turboladern. Die Fahrleistungen des kleineren Bi-Turbo kann der V6 allerdings kaum toppen - abgesehen von dem Zwischenspurt von 80 auf 100 km/h, für den er drei Sekunden weniger benötigt.

Den 2,7-Liter-V6 mit 204 PS gibt es für den 407 ausschließlich mit Sechsgang-Automatik und Porsche-Tiptronic - den 2,2-Liter-Bi-Turbo nur mit manuellem Sechsganggetriebe.

Peugeots Begründung: Für den V6 hat man kein Schaltgetriebe, das das gewaltige Drehmoment überleben würde. Und in Frankreich würden Automatik-Fahrzeuge ohnehin keine große Rolle spielen.

Besonders schlimm ist die fehlende Schalt-Übernahme nicht. Denn das manuelle Sechsganggetriebe im Bi-Turbo erfreut den Fahrer mit präzisen Schaltwegen und einer guten Abstimmung. Auch bei niedrigeren Drehzahlen kommt man im fünften oder gar sechsten Gang prima voran. Lediglich beim Übergang von 5 zu 6 muss man den Hebel mit deutlichem Druck nach unten rechts führen, um nicht im Niemandsland zwischen Gang 4 und Gang 6 zu landen.

Straff und behände

Der neue Diesel ist so sparsam, wie man das von einem Selbstzünder der neuesten Generation erwarten darf. Durchschnittlich 6,1 Liter genehmigt sich der kleine Bi-Turbo. Selbst der kleinste Diesel im 407-Programm, der 1,6-Liter mit mageren 109 PS, verbraucht laut Werksangabe nur einen halben Liter weniger.

Passend zur kraftvollen Maschine hat Peugeot das Fahrwerk des 407 ausgelegt: Komfortabel genug für angenehmes Reisen, aber auch ausreichend straff für schnelle Fahrten ums Eck. Schließlich peilen die Franzosen weniger das komfort-orientierte Rentner-Segment an, sondern eher (mit der Kombi-Variante SW) das der jungen, gut situierten Familienväter und das der eiligen Dienstwagen-Nutzer.

Erfreulich für alle potenziellen Käufer dürfte das Sicherheitspaket sein. Unter anderem sind ESP und neun Airbags serienmäßig. Das bedeutet Sicherheit auch für die Fondpassagiere.

Viel an Bord

Geblieben ist leider auch das hinten knappe Platzangebot, das sich vor allem in der Limousine durch mangelnde Kopffreiheit bemerkbar macht. Auch das Einparken bleibt wegen der wahnwitzig langen Motorhaube ein Abenteuer. Eine Einpark-Hilfe gibt es leider nur für hinten - und gegen 400 Euro Aufpreis.

Der Bi-Turbo ist ab der Ausstattungslinie "Prémium" erhältlich, mit der die Limousine 27.950 und der SW 29.250 Euro kosten. An Bord sind dann Klimaautomatik mit getrennter Regelung für Fahrer und Beifahrer, CD-Radio mit Lenkrad-Fernbedienung, elektrische Fensterheber rundum, Licht- und Regensensor, 17-Zoll-Leichtmetallfelgen und der FAP-Rußpartikelfilter.

In der Platinum-Ausstattung kostet der 2.2 Bi-Turbo 30.550 Euro. Dann sind zusätzlich Xenon-Scheinwerfer, Tempomat, Multifunktions-Display, elektrisch verstell- und beheizbare Vordersitze sowie Lederausstattung an Bord.

Als Motor-Alternative stehen neben dem 2,7-Liter-V6 die schon bekannten, schwächeren Diesel 1,6-Liter-HDi (109 PS) und 2,0-Liter-HDi (136 PS) zur Verfügung. Außerdem gibt es für den 407 vier Benzinmotoren von 125 bis 211 PS.

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