Fahrbericht: Mercedes-Benz CL 500:Champagner statt Selters

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Verehrte Damen, wenn Ihr Gatte demnächst etwas von den Traummaßen 5065 - 1871 - 1418 erzählt, dann hat er nicht etwa einen Druckfehler im Playboy entdeckt. Die Zahlen geben vielmehr die Dimensionen des neuen Mercedes CL in Millimetern wieder.

Von Sebastian Viehmann

Bei den Verkaufszahlen hat Mercedes den Erzrivalen BMW überholt. Die S-Klasse läuft gut - und sogar der Papst fährt Benz. Fehlt zum vollkommenen Glück eigentlich nur noch das beste Mercedes-Coupé aller Zeiten.

Die ruhige, elegante Front, die geschwungenen Hüften, die herrlich fließende Dachform - wenn man in diesem Blech gewordenen Auto-Traum unterwegs ist, zieht man alle Blicke auf sich. (Foto: Foto: press-inform)

Die ruhige, elegante Front, die schön geschwungenen Hüften, die herrlich fließende Dachform - wenn man in diesem Blech gewordenen Auto-Traum unterwegs ist, zieht man alle Blicke auf sich.

So etwa muss es gewesen sein, als in den Zeiten des Wirtschaftswunders die großen Industriellen in ihren 300er oder 220er Benz-Coupés auf den Werkhof rollten und die Angestellten ehrfurchtsvoll wisperten: "Macht Platz, der Chef kommt." Ob wir bald ein zweites Wirtschaftswunder bekommen, ist ungewiss - aber Mercedes hat in jedem Fall wieder das passende Auto dazu.

Wenn man sich hinter dem Volant des CL niederlässt, bekommt man genau das, was man für 105.850 Euro erwarten darf: nur vom Feinsten. Sekt statt Selters. Na, eigentlich sogar schon Champagner statt Selters. Die aus der S-Klasse bekannte Kommandobrücke bietet edles Leder und Hölzer, wohin das Auge blickt, todschick gestaltete Knöpfe und Schalter, dazu Sitze mit Clubsessel-Atmosphäre.

All die Annehmlichkeiten...

Den Tachometer hat Mercedes durch ein Digital-Instrument ersetzt. Dafür gibt es eine klassisch gestylte Zeiger-Uhr in der Mittelkonsole. Gegen Aufpreis verfügen die elektrisch in jede denkbare Richtung verstellbaren Sitze über zusätzliche Wangen und Schulter-Polster, die ihren Füllungsgrad an die jeweilige Kurvenlage anpassen und für noch mehr Seitenhalt sorgen. Auch im Fond des CL 500 sitzt man erster Klasse - nur der hintere Einstieg ist etwas unbequem. Im Kofferraum - die Klappe schließt auf Knopfdruck selbsttätig - warten 490 Liter aufs Reisegepäck.

Der Blick unter die mächtige Haube offenbart einen wirklich schönen Motorblock. Hier möchte man beim Ölstandmessen am liebsten weiße Handschuhe anziehen. Das V-8-Aggregat mit 5461 Kubikzentimetern Hubraum, 530 Newtonmetern Drehmoment und 388 PS Leistung hält, was die Optik verspricht: satter und seidiger Sound, kraftvoller Schub in fast allen Drehzahlbereichen und dazu eine anschmiegsame Siebengang-Automatik, die ihre Arbeit sauber und ruhig verrichtet. Der große Benz beschleunigt in 5,4 Sekunden auf 100 und ist damit fast eine Sekunde fixer als das Vorgänger-Modell.

Sport ja, Rennen nein

Allzu forsch sollte man es aber vor allem bei glatter Fahrbahn nicht angehen lassen. Beim schnellen Anfahren gerät das Heck sonst schon mal in leichte Zuckungen. Und auch in scharfen Kurven sollte man immer die zwei Tonnen Leergewicht im Hinterkopf behalten. Straßenlage und Fahrkomfort lassen trotzdem keine Wünsche offen. Das System "Active Body Control" gleicht mit besonders feinfühligen Hydraulikzylindern in den Federbeinen Wank- und Nickbewegungen der Karosserie aus. Im Fahrprogramm "Sport" drückt sich der CL außerdem ab 60 km/h Schritt für Schritt um bis zu zehn Millimeter näher an die Straße.

Falls Ihnen 388 PS nicht reichen sollten: Der V12 im CL 600 leistet 517 PS und liefert nur 4,6 Sekunden für den Spurt auf 100 km/h. Das zehrt natürlich am Benzinvorrat - 14,3 Liter fließen im Schnitt durch die Leitungen, in der Stadt sind es sogar fast 22 Liter (laut Werksangaben). Aber wer 149.640 Euro für einen CL 600 anlegt, für den sind Tankquittungen wohl ohnehin nur bedruckte Papierstreifen. Der CL 500 ist mit 12,1 Litern im Durchschnitt etwas genügsamer.

Die großen Mercedes-Coupés waren schon immer die Crème de la Crème dessen, was die Stuttgarter an High-Tech zu bieten haben. Sechs Airbags plus Windowbags, adaptives Bremslicht, das Sicherheitssystem Pre-Safe sowie Abbiege- und Kurvenlicht sind Standard, ebenso das subjektive Panzerungs-Gefühl durch die mächtige Karosse.

Hi-Tech im Alltag

Gegen Aufpreis kann man sich echtes James-Bond-Feeling in den Benz holen: TV-Tuner, Rückfahr-Kamera, Abstands-Assistent Distronic mit automatischer Bremse und vor allem der Nachtsicht-Assistent sind beeindruckend. Wenn man ihn aktiviert, tritt an Stelle des digitalen Tachos ein gestochen scharfes Bild, das von Infrarot-Scheinwerfern geliefert wird. Damit ist die Sichtweite noch deutlich größer als mit Xenon-Licht, selbst wenn man vom Gegenverkehr geblendet wird.

Weniger spacig, aber extrem nützlich ist der Tempomat mit variabler Geschwindigkeitsbegrenzung. Per Knopfdruck lässt sich eine Geschwindigkeit einstellen, die der Wagen nicht überschreitet - egal, wieviel Gas man gibt. Da man im flüsterleisen CL hohe Geschwindigkeiten ohnehin kaum merkt, lässt sich so jedes Tempolimit einhalten, ohne dass man das Ruder dem Tempomaten übergeben muss.

Nur ein System fehlt diesem Benz noch: Ein Stimmungs-sensitiver Tröst-Assistent, wenn man schweren Herzens aus dem CL wieder aussteigen muss. Aber der ultimative Coupé-Luxus war schon immer etwas für die oberen Zehntausend. Da heißt es: nicht ärgern - nur wundern. Und sich nach Erfolg versprechenden Geschäftsmodellen umsehen.

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