Fahrbericht: Hyundai Grandeur 3.3 V6:VIP-Schaukel

Lesezeit: 2 Min.

Rechtzeitig vor der Fußball-Weltmeisterschaft bringt Hyundai nun das Auto nach Europa, mit dem Funktionäre, Kicker und Prominente von Stadion zu Stadion chauffiert werden: Der Grandeur ist ein europäisches Auto, made in Korea.

Von Jürgen Wolff

Die Erwartungen sind bescheiden: Rund 500 Grandeur hofft man bei Hyundai pro Jahr in Deutschland verkaufen zu können. Wenn das mal nicht mehr werden - denn zumindest im Sommer nächsten Jahres wird Hyundais Flaggschiff hart am Ball sein. Als Sponsor der Fußball-WM stellt Hyundai den Fuhrpark der Kicker und Funktionäre: Beckenbauer & Co. werden werbewirksam im Grandeur zwischen Stadion, Hotel und Siegesparty hin und her chauffiert.

Moderne Zeiten: Hyundai Grandeur anno 2005 (Foto: Foto: pressinform)

Aber auch ohne Kicker-Unterstützung sollte der Grandeur bessere Chancen haben als sein eher glückloser Vorgänger XG 350. Der Grandeur ist der rollende Beweis für die Lernfähigkeit der koreanischen Autobauer. Hier und da fehlt es noch an kleinen Feinheiten im Detail - aber alles in allem ist er ein Auto, das europäischen Vorstellungen von Form und Inhalt entspricht.

Post-Barock-Ära

Die Karosserieform der 4,90 Meter langen Reiselimousine ist weit weg vom koreanischen Barock der frühen Jahre: sachlich, mit Schwung und geraden Linien. Kein Auto, das man verstecken muss. Das Heck wirkt durch die breiten Rückleuchten und die leicht ausgestellten hinteren Kotflügel sportlich gestreckt, die Kofferraumklappe erinnert gar ein wenig an die von 7er-BMW und neuer S-Klasse. Vorne prägen Klarglasscheinwerfer und ein großer Kühlergrill die Optik.

Auch innen ist Europa angekommen: keine Stilbrüche mehr bei Linienführung, Farben und Materialanmutung - von Ausnahmen abgesehen. Das Radio etwa wirkt in die Mittelkonsole reingepfropft. Die Kombihebel für Blinker und Scheibenwischer muten eher fehl am Platze an. Und auch die Lenkradtasten wirken billig und sind auf der linken Seite nur als funktionslose Fakes montiert. Der Mitteltunnel ist zwar breit, aber viel zu flächig und unstrukturiert.

Passt schon

Das alles fällt um so mehr auf, da ansonsten alles zusammenpasst im Innenraum - inklusive der Verarbeitung. Die Sitze sind breit und bequem, lassen sich elektrisch (mit Memory-Funktion) verstellen und bieten den für eine Reiselimousine notwendigen Seitenhalt. Platz ist reichlich vorhanden - sowohl vorne als auch im Fonds. Die Instrumente sind funktional und sitzen da, wo sie hingehören. Der Kofferraum bietet mit 523 Litern genügend Stauraum auch für längere Touren. Kurz: Der Hyundai Grandeur ist langstreckentauglich.

Dazu tragen auch Motor und Fahrwerk bei. Der 3,3-Liter-Leichtmetall-V6, den es optional auch schon im Sonata gibt, treibt den 1,7 Tonnen schweren Grandeur mit 173 kW/235 PS Leistung kraftvoll über die Vorderräder an - läßt bei zu sportlichem Anfahren an der Ampel aber schon mal die Räder durchdrehen. Trotz Elektronik.

Gut im Futter

Insofern relativieren sich die 7,8 Sekunden etwas, die Hyundai für den Spurt von 0 auf 100 km/h angibt. Die Höchstgeschwindigkeit von 237 km/h sorgt für souveränes Fahren auf der Autobahn und für ein sicheres Gefühl beim Überholen. Der Motor läuft ruhig und leise - ab Tempo 120 ist der Fahrtwind lauter als der Motor.

Die serienmäßige Fünfgang-Automatik, die auch manuelles Schalten erlaubt, ist gut auf den Motor abgestimmt und schaltet ruckfrei und harmonisch. Die Lenkung ist etwas gefühllos ausgefallen, aber dennoch ausreichend direkt.

Die Fahrwerksabstimmung ist eine Gemeinschaftsarbeit der Ingenieure im koreanischen Namyang und ihrer Kollegen im Hyundai-Technikzentrum in Rüsselsheim - und das merkt man: straff, ohne unbequem zu werden. Wie es sich für eine Reiselimousine gehört, steckt der Grandeur alle Fahrbahnunebenheiten gelassen weg und bleibt durchgehend sicher in der Spur.

Bleibt das Thema Preis. Für 36.450 Euro ist der Grandeur zwar ziemlich komplett und komfortabel ausgestattet (Aufgeld wird nur fällig für Metalliclack und Schiebedach) - aber nicht unbedingt ein Schnäppchen. Sicher, wer einen ähnlich ausgestatteten Audi A6 oder E-Klasse-Mercedes will, zahlt mindestens 15.000 Euro mehr.

Aber ein vergleichbarer V6-Lexus GS kostet gerade mal 4000 Euro mehr und ein 249 PS starker Chrysler 300 C ist nur 2000 Euro teurer. Ein Citroen C5 mit sechs Zylindern kommt vom Preis her sogar nahezu gleich wie der Hyundai Grandeur. Über den Preis alleine wird sich Hyundais Flaggschiff also nicht mehr so leicht verkaufen.

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