Fahrbericht: Cadillac XLR-V:Vitamin V

Lesezeit: 3 min

Das Gesicht der Cadillac-Familie brennt sich ins Gedächnis: So sehen keine unscheinbaren Nebendarsteller aus. Auch der aufgeladene XLR-V will ein Statement setzen.

Stefan Grundhoff

Die deutsche Konkurrenz hat es eindrucksvoll vorgemacht: Die Sportabteilungen der etablierten Autohersteller bringen Image, Prestige - und Geld in die Kassen. Audi bedient sich der quattro GmbH, Mercedes schwört auf AMG und BMW lässt auf seine M-GmbH ebenso wenig kommen wie Opel auf seinen OPC-Spross. Hersteller aus Japan und den USA haben sich das lange Zeit aufmerksam angeschaut - und daraus gelernt.

Der Caddy macht keinen Hehl heraus, dass er als kraftvoller Cruiser verstanden werden will - und nicht als Fahrmaschine. (Foto: Foto: Pressinform)

Cadillac zum Beispiel. Die GM-Marke war Jahrzehnte das Aushängeschild nordamerikanischer Automobilbaukunst. Aber: "Die Marke hat trotz ihrer großen Historie gerade in den 80er und 90er Jahren den Kontakt zu sehr vielen Käufern verloren", räumt Arjen van Beek, Geschäftsführer von Cadillac Deutschland ein. Doch mit den müden Verkaufszahlen soll Schluss sein. Auf dem Heimatmarkt und besonders in Europa will man mit mehr Leistung und Einzigartigkeit neue Käufer gewinnen.

Doch zunächst gilt es, das Portfolio im Gedächnis der Kunden zu verankern, Präsenz zu schaffen. Wer sich für einen Audi, BMW, Mercedes oder Volvo entscheidet, dem soll die Konkurrenz von Cadillac zumindest kurz als coole Alternative in den Sinn kommen.

Ein Kompressor als Vitaminspritze

Ein Weg dahin: Die beiden Imageträger STS und XLR sind ab sofort auch mit einer Leistungsspritze und Vitamin "V" zu bekommen. Nicht, dass die Standardversion des Klappdach-Roadsters XLR mit ihren 326 PS allzu schwach auf der Brust gewesen wäre. Doch Lenkung, Fahrwerk und Getriebe lassen bei dem Exoten durchaus Potenzial nach oben. Der kompressorgeladene XLR-V schöpft genau diese Möglichkeiten deutlich besser aus.

Der 4,4 Liter große Achtzylinder leistet Dank seiner mechanischen Zwangsbeatmung 331 kW/450 PS und 561 Nm Drehmoment bei 3.900 U/min. Damit klopft man deutlich vernehmbar bei Corvette, BMW M6 Cabrio, Aston Martin Vantage und Mercedes SL 55 AMG an.

Bullig und wild presst der Zweisitzer mit dem kantigen Transformers-Gesicht seine 1,7 Tonnen über die Tempo-100-Marke. Er braucht dafür gerade mal 4,7 Sekunden. Die abgeriegelte Spitze von 250 km/h ist mehr als ausreichend. Die zu indirekte Lenkung, das wenig straffe Fahrwerk und die Windgeräusche lassen in dem 4,51 Meter langen Geschoss allerdings nur kurz davon träumen, wie schnell der Hecktriebler wäre, wenn man ihn von der Leine lassen würde.

Die Bremsen hat man sich beim Vorzeige-Ami Corvette C06 ausgeliehen. Und auch im Innenraum gibt es eine Vielzahl von Elementen, die man in anderen Fahrzeugen aus dem Hause GM schon einmal gesehen hat.

Die an der Hinterachse angeflanschte Sechsgang-Automatik könnte gerade unter Volllast etwas souveräner arbeiten. Wirklich etwas aussetzen kann man an dem Paket jedoch nicht. Das Fahrwerk ist Dank der idealen Gewichtsverteilung von 50:50 ausgewogen, die Lenkung dagegen zu weich und das Heck kann bei einem Kraftausbruch schon einmal zickig austreten.

Verbrauch auf europäischem Niveau

Der Caddy macht keinen Hehl heraus, dass er eher unter "kraftvoller Cruiser" denn unter "Fahrmaschine" firmieren will. Mit einem Durchschnittsverbrauch von 16 Litern Super sollte man kalkulieren. Angesichts der Leistungswerte liegt man damit auf Augenhöhe mit potenten Konkurrenten aus Deutschland, Italien, USA und England.

Der Innenraum des mobilen Robocops ist kaum überzeugend. Die Leder-Alcantara-Kombination sieht zwar gut aus, kann sportliche Piloten jedoch allenfalls auf dem Weg zum Bäcker beeindrucken. Es fehlt an Seitenhalt, Kopfraum, Beinauflage und einem ordentlichen Verstellbereich für Lehne und Sitzfläche.

Auch wenn der kantige XLR schon ein paar Jahre auf dem Markt ist - sein Design als Fortsetzung der Konzeptstudie Evoq ist nach wie vor ein Hingucker. Kein Gedanke an Heckflossen oder die verspielten Luxuskreuzer der 40er oder 50er Jahre. Der XLR-V ist Mainstream, zumindest nach Cadillac-Maßstäben. Denn beim Design zeigen die Modelle BLS, CTS, STS, SRX und Escalade eine klare Sprache. Kantige Leuchten, der eindrucksvolle Kühlergrill und eine klare Linienführung. Einen Cadillac dürfte im Straßenbild niemand verwechseln.

Auch die Fahrzeugtechnik ist mittlerweile auf der Höhe der Zeit. Diesel- und Kombiversionen sind da oder in Planung, dazu moderne Fahrwerke, Turbopower und europäische angehauchte Interieurs.

Wenn es an etwas hapert, dann ist es das Händlernetz. Dass im vergangenen Jahr gerade mal 600 Fahrzeuge an deutsche Kunden verteilt wurden, liegt insbesondere an der kargen Vertriebsstruktur. 25 Händler sind zu wenig, um im Premiumsegment eine erfolgreiche Alternative darzustellen. Bis zum Jahresende sollen es mindestens 35 Betriebe sein, mittelfristig will man sich an die 50er-Marke herantastet.

Keine Qual der Wahl bei der Ausstattung

Dass sich viele für den neuen Cadillac XLR-V entscheiden, darf bezweifelt werden. "Sicher sind das keine Modelle die Volumen machen", sagt Patrick Herrmann, technischer Manager bei Cadillac: "Aber sie bieten exzellente Fahrleistungen und eine Vollausstattung zu einem überaus günstigen Preis." Der Preis von 86.150 Euro lässt angesichts der Vollausstattung zumindest aufhorchen. Allein die Lackierung kann man noch wählen - sonst ist alles drin.

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