Fahrbericht: Audi A4:Audi greift an

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Das Mittelklasse-Modell A4 ist zum Erfolg verdammt - Hightech und Raumgewinn sollen es richten. Die erste Ausfahrt mit einem Streber.

Günther Fischer

Mann-o-Mann! Audi will nach oben. Nach ganz oben. Nicht nur, dass die Ingolstädter das zwölfte Rekordjahr in Folge ansteuern und mit dem R8 selbst den Porsche 911 jagen, sie scheinen auch vor Ehrgeiz schier zu platzen: "Bis 2015 wollen wir der erfolgreichste Premiumhersteller der Welt werden", dekretiert Audi-Chef Rupert Stadler seinen Mannen ins Pflichtenheft.

Eine der besten Entwicklungen der Autoindustrie: der Abstandsradar. Auf Wunsch auch im A4. (Foto: Foto: Audi)

Keine Revolution, sondern clevere Evolution

Ein gar nicht mal so weiter Blick zurück macht klar, welchen Weg Audi zurückgelegt hat: Vor etwas mehr als zehn Jahren war das Portfolio mit dem Audi 80, Coupé, Cabrio, dem Audi 100 und 200 und sonst nix mehr als schütter - und dazu noch bieder. Heute steht die Marke Audi dank einer cleveren Modellentwicklung prima da (auch wenn es mit dem Alu-Kleinwagen nicht so gut geklappt hat).

Das aber, so Rupert Stadler, reiche nicht. Er will an BMW, Mercedes, Lexus & Co. vorbeiziehen. Das Mittel seiner Wahl: der neue A4, das Brot-und-Butter-Auto, der Mittelklasse-Bestseller. Das Auto, das bei BMW 3er und bei Mercedes C-Klasse genannt wird.

Beim Aussehen sind gerade auch deswegen Überraschungen ausgeblieben. Evolution statt Revolution, und man zitiert sich selbst - was bei Audi nicht die schlechteste Lösung ist: Was der A5 eingeführt hat. ist nun auch am Heck des A4 zu sehen: die Heckleuchten-Trapeze. Vorne gibt's natürlich den gewohnten Singleframe-Grill zu sehen, als Blickfang dienen LED-Sicheln in den Scheinwerfern.

Audi A4 neu
:Mit feiner Klinge

Der neue A4 überzeugt auf ganzer Linie: Er ist sportlich, sicher und bezahlbar luxuriös.

Das soll es aber nicht gewesen sein: Blickt man auf die Daten, muss man verwundert zur Kenntnis nehmen, dass der A4 schon von der Größe her der Mittelklasse entwächst. 4,70 Meter Länge übertreffen sowohl den Vorgänger als auch die Mercedes C-Klasse um 12 Zentimeter, der 3er BMW wird gar um 18 Zentimeter übertroffen. Der größere Radstand (jetzt: 281 cm) kratzt sogar am A6 und ist dank einer um 15 cm nach vorn verlagerten Vorderachse möglich. Der Motor rutschte dafür etwas nach hinten. Angenehmer Nebeneffekt: eine bessere Verteilung der Achslasten.

Ein Innenraum à la bonheur: schöne Stoffe, gute Materialien, Hightech aus der Oberklasse (kostet extra - natürlich). (Foto: Foto: Audi)

Zeitenwende beim Diesel

Immer größer, immer schwerer also? Pustekuchen. Leichtbau war angeordnet, auch beim Fahrwerk: Eine aufwendige 5-Lenker-Geometrie aus Alu kommt an der Vorderachse zum Einsatz, hinten arbeitet die Trapezlenker-Achse aus dem A6 - ebenfalls aus Alu. Das Ergebnis: Die Einstiegsversion mit 1.8-TFSI-Motor bringt nur 1410 Kilogramm auf die Waage.

Eine Zeitenwende wird auch bei den Motoren (fünf Stück, Leistungen zwischen 143 und 265 PS) eingeleitet: Mit dem 2.0-TDI-Motor (vier Zylinder) verabschiedet sich Audi vom rumpeligen Pumpe-Düse-Gewerke und setzt ab sofort auf zeitgemäße Common-Rail-Technik mit Piezo-Injektoren. Seine Daten: 320 Nm ab 1750 Touren, 9,4 Sekunden auf Tempo 100 und ein versprochener Verbrauch von 5,5 Liter/100 km. Die anderen Motoren: 2,7-V6-TDI (190 PS), 3,0-V6-TDI (240 PS); 1,8 TFSI (160 PS) und 3.2-V6-FSI (265 PS).

Der Innenraum wurde überdeutlich aufgewertet: größer, komfortabler, mit klaren Verweisen auf die größeren Brüder A6 und A8. Gestartet wird bei Keyless Go per Startbutton, und wer will, kann jetzt auch im A4 das Infotainment-System MMI haben (in der Topausstattung sogar mit Rückfahrkamera). Stoffauswahl, Sitze, alles in der - man muss es tatsächlich betonen - erfreulich hohen Audi-Qualität. Die 480 Liter, die im Kofferraum Platz finden, sind ein Klassenbestwert. Audi würde sagen: Das ist selbstverständlich.

Sportlich, und jetzt kommen wir zum eigentlichen, soll's auch auf der Straße zugehen - sportlicher als bei der Konkurrenz. Die Hilfsmittel: eine direkter abgestimmte, geschwindikeitsabhängige Servolenkung (Serie bei allen V6-Motoren); dazu gibt's auf Wunsch eine hochvariable Servo, die ähnlich wie BMW's Dynamic Drive arbeitet und die bei rapiden Ausweichmanövern sogar dezent ins Lenkrad greift.

Als Bonbon obendrauf hat Audi eine Wundertüte namens "Drive Select" gepackt (2100 Euro extra): Der Fahrer kann damit Gasannahme, Schaltpunkte, Lenkung und Stoßdämpfer individuell einstellen. Noch mehr Gimmicks gefällig: Spurhalteassistent, Spurwechselradar und Tempomat mit Abstandsregelung versprechen mehr Sicherheit denn je.

Ein Angriff, der Sinn macht

Was das alles bringt? Die ersten paar hundert Kilometer auf den kurvenreichen Straßen Sardiniens haben gezeigt: Der A4 hat deutlich an Fahrdynamik zugelegt, besser als im A4 kann ein Vorderradantrieb, wie es beim Basismodell der Fall ist, momentan kaum sein. Die Modelle mit dem jetzt leicht heckbetontem quattro-Antrieb (60:40; früher 50:50) lassen sich sogar noch schärfer und spaßbetonter durch die Kurven treiben.

Ob der neue A4 genug mitbringt, damit Audi zum finalen Überholmanöver in der Premiumklasse ansetzen kann, wird sich schnell zeigen. Bei Platzangebot und Preis (Einstieg ab 28.950 Euro) setzt er zumindest schon jetzt die ersten Maßstäbe. Alles andere wäre auch eine Enttäuschung gewesen.

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