Ducati Desmosedici RR:Das Tier in ihr

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Mit mehr als 200 PS aus 989 Kubikzentimeter wird dieses Geschoss die erste rennsportnahe Serienmaschine aus dem Grand-Prix-Zirkus sein.

Jochen Wagner

Sie kommt! Beim Italien Grand Prix in Mugello stand sie schon in der Boxengasse. Die Straßenversion der aktuellen Ducati MotoGP-Werksrennmaschine heißt Desmosedici RR.

Mit mehr als 200 PS aus 989 Kubikzentimeter - das Wettbewerbsoriginal hat mehr als 250 - wird dieses Geschoss die erste rennsportnahe Serienmaschine aus dem Grand-Prix-Zirkus sein.

Natürlich ist es wieder ein 90-Grad-V-Motor mit der berühmten Desmodromik, der Zwangssteuerung der Ventile, seit den achtziger Jahren über Zahnriemen anstatt über Königswellen.

Doch erstmals ist es nun ein V4-Zylinder-Triebwerk, mit dem die Bologneser Meccanica auf die Straße kommt. Gerade mal 40.000 Bikes produziert Ducati, Honda hingegen mehr als neun Millionen Zweiräder.

Große Nachfrage

Dennoch bringt die norditalienische Edelschmiede als erster Hersteller eine echte MotoGP-Replica inklusive TÜV-Segen zum Fan. Schon von Anfang Juli 2007 an sollen die roten Sirenen ausgeliefert werden. In Handarbeit auf höchstem Niveau werden es freilich jährlich nur etwa 400 Exemplare sein.

Trotz kalkuliert stolzer 55.000 Euro ist die Nachfrage groß. Via Internet oder beim Händler kann man sein Begehren ab sofort lancieren. Wer schon eine Ducati 999R hat, soll angeblich sogar vorrangig bedient werden.

Der Glückliche bekommt dann ein Juwel der mechanischen Kunst - entweder in klassischen Ducati-Rot mit weißem Startnummernfeld auf dem Monoposto oder mit einem Verkleidungsdesign direkt vom Ducati Corse Racing Team.

Mit Öhlinsfahrwerk, Brembo-Bremsen, Gitter-Rohrrahmen, Leichtmetallrädern, Vollverkleidung, Einzelhöckersitzbank, Underseat-Auspuff, modernster Motorentechnik samt kongenialem Elektronik-Equipment und carbon- wie titanorientiertem Leichtbau ist es ein dezent gedrosseltes Rennmotorrad mit Spiegeln, Blinkern, Scheinwerfern und Kat nach der EU3-Norm.

Zügel los!

Weil die Ducatista meist nicht auf Gemütlichkeit aus sind, ja, das Werk kennt seine Pappenheimer, kriegt der Asphaltglüher seinen Traum gleich mit Sponsoren-Aufkleber, Montageständer und insbesondere einem Racing-Auspuff nebst Chip-Tuning ausgeliefert.

Von Schalldämpfung ist dann nicht mehr ernsthaft die Rede. Doch wer in Mugello einmal den herrlich infernalischen Sound gehört hat, weiß, was das ausgehändigte Echtheitszertifikat bedeutet: Zügel los!

Tja, fragt man sich denn doch nach dem ersten Rausch im Schädel und dem Abgrund im Portemonnaie: Wer braucht so was? Drängen knapper werdende Ressourcen nicht längst zu ganz anderen Signalen? Noch jedoch scheint derlei nörgelnde Reflexion das magische Reich solch mechanischer Sensationen nicht zu berühren.

Man kann das verstehen: In uns Menschen haust anscheinend ein Hunger nach der befreienden, absoluten Form. Und ist diese dann auch noch so sauschnell und schön, ist unser Verstand betäubt - oder quirlt am Gasgriff.

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