Drogen am Steuer:Risiko Rausch

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Traurige Wahrheit: Die Zahl der durch Drogenkonsum verursachten Unfälle hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. 2005 starben aus diesem Grund insgesamt 654 Menschen.

Marion Zellner

Es ist kaum zu glauben, aber die bittere Wahrheit: Jeder achte im Straßenverkehr Getötete wurde Opfer einer Fahrt im Rausch - entweder als Folge des eigenen Leichtsinns oder als Ahnungsloser. Denn: 2005 starben auf deutschen Straßen 654 Menschen bei Unfällen, die auf Alkohol- und Drogeneinfluss zurückzuführen waren.

Wer Drogen konsumiert, hat bei einer Verkehrskontrolle nichts zu lachen. (Foto: Foto: dpa)

Zudem wurden laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat (DVR) 8583 Menschen schwer und mehr als 20.000 leicht verletzt. "Die Frage ist, wie viel Risiko die Gesellschaft bereit ist zu tragen?", so Hans-Peter Krüger, Professor am Interdisziplinären Zentrum für Verkehrswissenschaften (IZVW) der Universität Würzburg.

Wie viele Menschen unter Einwirkung psychoaktiver Substanzen fahren, kann nicht genau beziffert werden. Experten gehen davon aus, dass bis zu fünf Prozent der Verkehrsteilnehmer unter Drogen stehen und fünf bis 15 Prozent Medikamente eingenommen haben, die sich auf die Verkehrstüchtigkeit auswirken; knapp fünf Prozent fahren alkoholisiert.

Besonders markant scheint die Entwicklung bei den Drogenfahrten zu sein. Laut DVR verdoppelte sich die Zahl der Drogenunfälle seit 1995 von 607 auf 1373 Unfälle im Jahr 2005; allerdings sei dies nicht unbedingt auf erhöhten Konsum zurückzuführen.

Bessere Schulung der Polizisten nötig

Vielmehr seien die bessere Schulung der Polizisten, die höhere Kontrolldichte sowie die genauere Analysetechnik wesentliche Gründe. Und genau an der Nachweisbarkeit von Drogen entzündet sich seit Jahren die Frage nach Konsum und Wirkung.

Laut Paragraf 24a, Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) handelt "ordnungswidrig, wer unter Wirkung ... berauschender Mittel im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird." Bei den Substanzen handelt es sich etwa um Cannabis, Kokain, Heroin und Amphetamin.

Welche Konzentration des Cannabis-Wirkstoffes THC zur Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit führt, beschäftigt Wissenschaftler wie Gerichte gleichermaßen.

Ein Polizeibeamter zeigt den 'Drugwipe'-Drogentest. Damit kann anhand von Schweiß Drogenkonsum nachgewiesen werden. (Foto: Foto: AP)

So sank die heute technisch mögliche Nachweisgrenze auf 0,3 bis 0,5 Nanogramm pro Milliliter Blut; 1999 lag der Nachweis noch bei 1,0 ng/ml.

Auch Karlsruhe beschäftigte sich mit bekifften Fahrern

Das führte beispielsweise dazu, dass bei einem Fahrer, dem 16 Stunden nach Cannabis-Konsum eine Blutprobe entnommen wurde, eine THC-Konzentration von weniger als 0,5 ng/ml nachgewiesen und er verurteilt wurde.

Allerdings: Das Bundesverfassungsgericht stellte im Dezember 2004 fest, dass der Nachweis von THC im Blut nicht zwingend zur Fahruntüchtigkeit führt. Denn: Eine Wirkung unter 1,0 ng/ml sei nicht belegt.

Beim Alkohol dagegen ist die Sache klar. Bereits bei 0,3 Promille wird es ernst: Bei Zeichen von Fahrunsicherheit oder als Unfallgrund gibt es sieben Punkte, Geld- oder Freiheitsstrafe bis fünf Jahren, der Führerschein ist weg. Bei 0,5 Promille, 1998 eingeführt, braucht es keine Auffälligkeiten im Verkehr; vier Punkte, bis zu 1500 Euro Strafe und ein dreimonatiges Fahrverbot sind sicher.

Auch wenn seit Jahren der Anteil der Alkoholunfälle sinkt, so zeigt eine Analyse der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), dass sich die Zahl der alkoholbedingten Unfälle 1998 "deutlich, nämlich um 13 Prozent gegenüber 1997, reduziert hat", sagt Andrea Hasse von der BASt. Dabei wurden auch weniger Menschen getötet - das Minus betrug 23 Prozent.

So klar die Erkenntnis ist, dass Fahren mit psychoaktiven Substanzen gefährlicher ist als ohne, so unklar ist die gesellschaftliche Akzeptanz. Alkohol werde als Teil unserer Kultur angesehen, und so rechtfertige der Genuss ein leicht erhöhtes Unfallrisiko, so Hans-Peter Krüger.

Dagegen wolle niemand Drogen. Dennoch dürfe das Verkehrsrecht kein Instrument der Drogenpolitik sein. "Wir brauchen stabile wissenschaftliche Erkenntnisse zum Unfallrisiko psychoaktiver Substanzen", so Krüger.

© SZ vom 9. 9. 2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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