Detroit Autoshow 2009:Aufbau oder Abriss?

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Im vergangenen Jahr applaudierten sich die Hersteller auf der Detroit Autoshow noch selbst. Dieses Jahr sieht alles anders aus - ein Stimmungsbild.

Stefan Grundhoff

Keine Frage: Die North American International Auto Show (NAIAS) 2009 ist die wichtigste Automesse des Jahres. Auch wenn später im Jahr noch die anderen großen Messen in Genf, Shanghai, Tokio und Frankfurt stattfinden: Das Schicksal der amerikanischen Autobranche könnte sich in den nächsten Monaten entscheiden. Und die Detroit Motorshow ist dazu der viel beachtete Auftakt in dieses Krisenjahr.

Mit Spannung erwartet: die Detroit Autoshow (Foto: Foto: Pressinform)

Nie haben mehr Menschen nach Detroit geschaut. Nie hatte die Messe in der 900.000-Einwohner-Stadt, die viele nur "Motor City" nennen, eine derart große Bedeutung für die Wirtschaft - weltweit. Die amerikanische Autoindustrie mit den Big Three Ford, General Motors und Chrysler steht am Abgrund, nur gestützt von Regierungsmilliarden.

Die ersten Gelder sind geflossen. Und so werden sich die drei großen US-Hersteller den peinlichen Auftritt auf der letzten Automesse im November 2008 in Los Angeles ersparen. Dort waren kurzfristig Flugtickets von Mitarbeitern zurückgezogen, Hotels storniert und die Messestände gähnend leer sich selbst überlassen worden.

Ein derart stümperhaftes Verhalten kann man sich in Detroit, immerhin traditionell die wichtigste Automesse auf dem US-Kontinent, nicht erlauben, wenn sie am 11. Januar öffnet. Im vergangenen Jahr kamen mehr als 700.000 Besucher, die mehr als 40 Weltpremieren bestaunen konnten. Diesmal steht fest, dass die Hersteller Porsche, Land Rover, Rolls-Royce, Ferrari, Suzuki, Nissan und Mitsubishi überhaupt nicht vertreten sein werden.

Doch diesmal werden die Neuvorstellungen weniger zahlreich sein und kaum im Vordergrund stehen. Stattdessen geht es um die Stimmung - und die dürfte nicht nur in den USA ein Fingerzeig für das neue Automobiljahr 2009 sein.

Die Vorzeichen könnten schlechter kaum sein. Neue, innovative Autos kann man nicht aus dem Boden stampfen. Die Entwicklungszeiten liegen weltweit zwischen drei und fünf Jahren. Zudem ist der Absatz der einst hoch gelobten Hybridfahrzeuge in den USA zuletzt drastisch um mehr als 35 Prozent, zurückgegangen. Grund dafür sind die günstigen Kraftstoffpreise: Kostete eine Gallone (3,8 Liter) Benzin vor einem guten halben Jahr noch üppige 4,80 Dollar, so fiel der Preis in den vergangenen Monaten ins Bodenlose. Nun bezahlt man für eine Gallone oftmals weniger als 1,50 Dollar.

Bei diesen Billigpreisen interessiert sich für sparsame Autos und den damit verbundenen Umweltschutz in den USA niemand. Denn ob der alte Pick-up oder die betagte Luxuslimousine 20 Liter pro 100 Kilometer verbraucht, geht weniger ins Geld als ein Neuwagenkauf. Zudem haben viele Amerikaner andere Probleme, als sich um den Autokauf zu sorgen. Häuser, Wohnungen und Jobs stehen auf dem Spiel - da rutscht der mobile Untersatz in der Werteskala schon mal nach hinten.

All das sind Gründe dafür, weshalb nicht nur die amerikanische Autoindustrie, sondern auch deren wenig ansehnliches Herz Detroit krankt.

Als die nordamerikanische Stadt am Detroit River vor knapp acht Jahren ihren 300. Geburtstag feierte, blickten noch viele hoffnungsvoll in die Zukunft. Große Feierlichkeiten, neue Sehenswürdigkeiten, abgerissene Bauruinen und ein neuer, junger Bürgermeister machten Detroit Mut.

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Denn: Seit mehr als 30 Jahren hat die Metropole von Michigan kaum gute Nachrichten erlebt. Die Bevölkerungszahl sank nach den Rassenunruhen Ende der 60er Jahre von 1,8 Millionen auf gerade einmal die Hälfte. Keine andere Metropole in den USA hat eine derart hohe Kriminalitätsrate und hängt derart an einer einzigen Industrie wie die GM-Stadt Detroit und die benachbarten Gemeinden Auburn Hills (Chrysler) und Dearborn (Ford).

Heute haben viele in der Region Wayne County keinen Job mehr. Andere arbeiten in der Autoindustrie. Noch. Mit einer Arbeitslosenquote von über zehn Prozent zählt Detroit landesweit zu den Schlusslichtern. Das Risiko, in der sterbenden Stadt ermordet zu werden, ist sechsmal so hoch wie in New York. Dass die Opferzahl zuletzt etwas fiel, nennt Bürgermeister Ken Cockrel schon "ermutigend". Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Bleibt als Freizeitrefugium nur noch der Sport. Da sind das Eishockeyteam der Red Wings, die Baseballmannschaft Detroit Tigers und die Basketballer Detroit Pistons, die seit Jahrzehnten landesweit einen guten Ruf genießen und in zum Teil neuen Arenen die City beleben sollen.

Doch rund um die Stadien gibt es nicht viel. Die Stadt ist trotz umfangreicher Bestrebungen hässlich, der engagierte Bürgermeister im Gefängnis und diesseits der legendären Eight-Mile-Road wohnen nach wie vor fast nur Schwarze.

Dabei ist es nicht so, dass man im Großraum nicht auch nett wohnen könnte. Jenseits der Eight-Mile-Line gibt es sehenswerte Einfamilienhäuser und schmucke Ausflugsziele. Davon wird man rund um die Messe in dem wenig charismatischen Cobo-Center, nur ein paar hundert Meter von der GM-Zentrale entfernt, allerdings nicht viel mitbekommen.

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