Detroit 2008: Chrysler:Strom ist sexy

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Selbst im kleinsten texanischen Kaff klettern die Spritpreise. So spielen US-Autobauer notgedrungen die Umweltkarte. Vor allem Chrysler zeigt, wie man Elektro-Hightech und atemberaubendes Design zu echten Autoträumen vereint.

Von Sebastian Viehmann

Angesichts ihre flauen Verkaufszahlen schielen Amerikas Autohersteller neidisch auf die Konkurrenz aus Europa und Japan. Doch sie wagen jetzt auch die Flucht nach vorn. Und ihre Devise lautet: Strom ist sexy.

Der 4,8 Meter lange und 1,9 Meter breite ecoVoyager ist ein eleganter Viersitzer mit Yacht-Atmosphäre im Innenraum. (Foto: Foto: Chrysler)

Gleichzeitig fürchten die Amerikaner den optischen Einheitsbrei wie der Teufel das Weihwasser. "Wie unterscheiden wir Chryslers Design vom Rest der Meute?" Für Chefdesigner Trevor Creed gibt diese Frage die Antwort auf die Zukunft. Wie die aussehen könnte, zeigen die Show Cars Chrysler ecoVoyager und Dodge ZEO, die auf der Automesse in Detroit zu sehen sind.

Der 4,8 Meter lange und 1,9 Meter breite ecoVoyager ist ein eleganter Viersitzer mit Yacht-Atmosphäre im Innenraum. Das Heck erinnert ein wenig an einen Bootsrumpf, in das geschwungene Dach sind zwei große Panoramafenster eingelassen. Die hinteren Türen sind an der C-Säule angeschlagen und öffnen sich wie die vorderen in einem 90 Grad-Winkel. So gibt es beim Einsteigen weder eine störende B-Säule noch sonstige Hindernisse.

Die Passagiere gleiten auf anschmiegsam geformte Einzelsitze. Die Vordersitze verwöhnen zusätzlich mit einer Massage-Funktion. Unter den Voyager-Sesseln verbirgt sich ein klimatisierter Stauraum, der Krimskrams aufnimmt oder Getränke kühl hält. Die Armaturen sind nicht vor dem Lenkrad, sondern in einem breiten Band voller Digitalanzeigen unter der Scheibenkante platziert - ähnlich wie man das in einigen französischen Vans schon heute findet.

Der ecoVoyager wird von einem 268 PS starken Elektromotor angetrieben, gespeist von Lithium-Ionen-Akkus. Der komplette Antriebsstrang ist im Unterboden verbaut. Die Batterie-Packs reichen allerdings nur für eine Strecke von etwa 65 Kilometern, rechnet Chrysler vor. Um die Reichweite zu erhöhen, steht eine Brennstoffzelle zur Verfügung - ein Showcar hat schließlich den Vorteil, dass es keine serienreife Technik vorführen muss. Mit der Brennstoffzelle an Bord rennt der ZEO immerhin 480 Kilometer weit. Sagt Chrysler.

Während der Chrysler ecoVoyager eine visionäre Familienkutsche ist, soll der Dodge ZEO zeigen, wie sich die Designer das Spaßauto der Zukunft vorstellen. Das gold-orange lackierte Show Car wirkt wie ein überdimensioniertes Spielzeugauto von Hot Wheels. Beim Einsteigen schwenken die Flügeltüren des 2+2-Sitzers nach oben. "Ein Elektroauto kann genau so ausdrucksstark sein wie ein Benziner", meint der ZEO-Chefdesigner Bill Zheng.

Der "Need for Speed" soll auch im Elektrozeitalter nicht vergessen gehen. Und so beschleunigt das elektrische Muscle Car in knapp sechs Sekunden auf 100 km/h. Erst bei 210 km/h wird der Vorwärtsdrang gestoppt. Angetrieben wird das 4,4 Meter lange Gefährt vom gleichen 268 PS starken Elektromotor wie der ecoVoyager. Das Kürzel ZEO steht schließlich für "Zero Emissions Operation" - Antrieb ohne Abgase lautet also die Devise.

Grün vor Neid?

Bleibt zu hoffen, dass aus den automobilen Träumen keine Schäume werden, wie bei so vielen Showcars. Immerhin hat Chrysler im vergangenen Jahr eine eigene Abteilung namens ENVI gegründet, mit der die Entwicklung elektrischer Antriebe vorangetrieben wird. Ziel ist es, neue Technologien modular aufzubauen, damit sie zwischen den Sparten Dodge, Chrysler und Jeep ausgetauscht und natürlich kostengünstig produziert werden können. In der Entwicklungs-Pipeline sind sowohl reine Elektroantriebe als auch Hybridmodelle inklusive eines Plug-In-Hybrids. Und natürlich die Brennstoffzelle.

Dass die offizielle Bezeichnung der Abteilung (Environmentally Responsible Electric-drive Vehicle Technology) auf die Abkürzung ENVI zusammengestaucht wurde, dürfte nicht nur praktische Gründe haben: "Envy" ist das englische Wort für Neid. Und die amerikanischen Autobauer wünschen sich nichts sehnlicher, als dass die europäische und japanische Konkurrenz irgendwann endlich wieder neidisch auf sie sein kann.

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