Concorso D'Eleganza 2009:Legenden der Leidenschaft

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Wenn die automobile Zukunft schon düster aussieht, so strahlt wenigstens die Vergangenheit. Am Comer See waren exklusive Oldtimer zu sehen.

Stefan Grundhoff

Keine Messe, kein Großevent in Übersee oder Asien: Jedes Jahr im Frühling gibt es für gut betuchte Oldtimerfans aus der ganzen Welt einen ebenso kleinen wie beschaulichen Anlaufpunkt. Schon der Name hat Klang: Concorso D'Eleganza. Drei Tage Comer See, drei Tage Legenden automobiler Leidenschaft und die Schönheit aus rund hundert Jahren Automobilbau. Drei Tage träumen die Besucher von einer Zeit, als Autos noch Kunstwerke waren und nicht auf CO2-Ausstoß und Spritverbrauch reduziert wurden. Die Fahrzeuge, die es hier zu bestaunen gibt, sieht man sonst nur in Privatsammlungen.

Ein rarer Fiat Abarth 204A (Foto: Foto: Pressinform)

Die Paradefahrt am Samstagnachmittag ist der Höhepunkt eines jedes Concorso D'Eleganza. Moderator Simon Kidston ist ein alter Hase. Er kennt den Concorso, die Villa D'Este sowie die meisten Oldtimer und ihre Besitzer wie aus dem Effeff.

Bei einem Ferrari 250 GT von 1958 kommt Kidston zum wiederholten Male ins Schwärmen. "Dieser wunderschöne Roadster wurde im Jahre 2002 von einem Feuer nahezu komplett zerstört. Jetzt schauen sie sich einmal an, wie er jetzt dasteht." Natürlich wie aus dem Ei gepellt, in einem schmucken Goldmetallic. Eigentümer Peter McCoy sitzt hinter dem Volant und er sieht aus, als wäre er mit diesem breiten Grinsen die ganze Strecke aus seiner Heimat USA selbst hierher gefahren.

Die Oldtimerszene an der traditionsreichen Villa D'Este ist mit kaum einer anderen auf der Welt zu vergleichen. Bei normalen Oldtimern rümpft die Jury, die die schönsten automobilen Preziosen stilsicher auszeichnet, nur die Nase. Jeder Wagen beim Concorso D'Eleganza ist eine eigene Schau auf Rädern, eine Ausstellung für sich. Sonst wäre das Schmuckstück als Ergebnis jahrelanger Restauration am Comer See auch nicht zu bestaunen.

Die Oldtimersammler sind eine verschworene Gemeinschaft. Man mag sich oder auch nicht, applaudiert bei der Konkurrenz - während man in der Hosentasche aus Neid die Hand zur Faust ballt. Meist präsentiert man nicht nur einen seiner besonders exklusiven Oldtimer und sich selbst, sondern weist in überlangen Nebensätzen auch dezent undezent darauf hin, dass man zahlreiche weitere sein Eigen nennt und derzeit noch an zwei ganz heißen Restaurationsprojekten arbeite. Von den Ergebnissen kann sich honorige Publikum dann bei einer der nächsten Veranstaltungen in Cernobbio überzeugen.

Der Auburn 852 SC, der Speedster mit der Nummer 38, ist bei vielen Besucher der Villa D'Este einer der großen Stars. Acht Zylinder, 4,6 Liter Hubraum und Kompressoraufladung bringen arrivierte Oldtimerkenner ebenso zum Schwärmen wie die Linienführung mit den charismatisch gezeichneten Kotflügeln vorne und hinten.

Kaum weniger Aufmerksamkeit bekam zuvor das Sportsman Coupé des Bentley 8 Litre von 1931. Schwarzes Leder bespannt Dach und Kofferabteil. Die Räder sind aerodynamisch verkleidet und die Karosserie von Gurney Nutting ist auch sonst außergewöhnlich. Der acht Liter große Sechszylinder bringt den Bentley auf über 160 km/h. Eine Schande, dass von einem solchen Schmuckstück gerade mal 100 Fahrzeuge gebaut wurden.

Über einen Sonderpreis der Jury kann sich im Sonnenschein der Besitzer eines knallroten Fiat Abarth 204A freuen. 1950 brachte Fiat-Kenner Karl Abarth mit dem 204A unter eigenem Namen sein erstes Spielzeug auf die Straße. Heute freut sich Inhaber Mark Gessler aus den USA über den riesigen Pokal, der kaum auf den Beifahrersitz passt. Nicht weniger spektakulär der Fiat 8V von 1953: Seinerzeit waren die Turiner Autobauer noch in ganz anderen Dimensionen unterwegs und konnten es in Sachen Design auch mit Konkurrenten wie Alfa Romeo, Jaguar oder Bentley aufnehmen.

Die Besitzer strahlen mit ihren Autos um die Wette - Oldtimer, deren Werte sich meist nicht einmal schätzen lassen. Der Jaguar D-Type von Gary W. Bartlett aus den USA ist sicher nicht der wertvollste Oldtimer an diesem Wochenende. Doch Moderator Simon Kidston hat zu ihm eine besondere nette Geschichte parat. Nein, dies sei nicht der D-Type von Film- und Motorsportlegende Steve McQueen, sondern der Rennwagen eines ehemaligen Tennisprofis, der mit Grundlinienspiel weit weniger Erfolg als hinterm Lenkrad hatte. Er hatte den racinggrünen Renner aus dem Jahr 1956 nach Finnland geholt, mit Spikes verziert und damit die Konkurrenz bei Eisrennen in Grund und Boden gefahren. Vor lauter Scham habe man Siege im benachbarten Russland seinerzeit sogar geheim gehalten.

BMW hat den Event seit Jahren zu seiner Lieblingsveranstaltung auserkoren. So überrascht es nicht, dass der BMW 328 mit ungewöhnlicher Wendler-Karosserie fast genauso viel Aufmerksamkeit bekommt, wie der Pebble-Beach-Sieger Alfa Romeo 8C 2900B von 1938 oder der grandios gezeichnete Bugatti 57S.

Auch, wer sich für Prototypen aus Historie oder Neuzeit begeistern kann, bekommt die Kamera kaum mehr aus der Hand. Wo ausser im Museum gibt es auf dem alten Kontinent schon einmal einen giftgrünen BMW Spicup 2800 oder einen Momo Mirage von 1972 so nahe zu sehen? Im Zweifel allenfalls nächstes Jahr auf dem Concorso D'Eleganza 2010.

Wer nicht so lange warten mag: Die Oldtimer-Karawane zieht weiter: Im Sommer trifft man sich wieder im amerikanischen Pebble Beach nahe Monterey.

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