CO2:Die Klimaanlage als Klimakiller

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Bis 2011, so will es die EU, sollen die Auto-Klimanlagen umweltfreundlicher werden. Die Technik dazu gibt es - trotzdem wollen die Hersteller schon wieder mehr Zeit.

Günther Fischer

Der Brüsseler Umweltkommissar Stavros Dimas will die europäischen Autobauer seit längerem schon zwingen, weniger klimaschädliche Pkw herzustellen. Die deutschen Autobauer sind es vor allem, die dagegen argumentieren: Die von der EU vorgegebenen CO2-Grenzwerte seien im vorgegebenen Zeitrahmen nicht zu erreichen. So weit, so schlecht.

R744 nennt sich CO2 als Kältemittel - und ist wesentlich umweltfreundlicher als das momentan verwendete R134a. (Foto: Grafik: UBA)

Jetzt droht neuer Ärger: Für das Jahr 2011 wurde das Ende des Klimakiller-Kühlmittels R 134a in Autoklimaanlagen vereinbart (eine EU-Richtlinie, die ab 1. Januar 2011 greift). Der Grund: "Klimaanlagen sind bisher echte Klimasünder", wie das Umweltbundesamt (UBA) in Dessau bereits letzte Woche kritisierte.

Laut UBA enthalten viele Anlagen das Kältemittel R 134a (Tetrafluorethan), einen fluorhaltigen Kohlenwasserstoff mit einem Treibhauspotenzial, das 1300 Mal so hoch ist wie das von Kohlendioxid. So verursache ein Auto mit Klimaanlage bei mittlerer Fahrleistung allein wegen der laufenden Freisetzung von R 134a umgerechnet eine zusätzliche Emission von sieben Gramm CO2 pro gefahrenen Kilometer.

Aber: Die Autobauer fordern schon wieder "mehr Zeit" und wollen gleichzeitig noch in diesem Sommer eine gemeinsame Strategier verabreden, welches Kühlmittel in Zukunft zum Einsatz kommen soll. Eine Forderung, die auch deswegen unverständlich wirkt, weil schon heute eine klimafreundliche Technologie auf Basis des Kältemittels Kohlendioxid bereit stehe (CO2 wird als Kältemittel auch R 744 genannt) - so das Bundesamt.

Die Behörde appellierte denn auch an die deutsche Autoindustrie, schnellstmöglich das CO2-Gas einzusetzen: Es sei weniger schädlich für das Klima als die bisher eingesetzten Stoffe, serienreif entwickelt und weltweit verfügbar. "Die deutsche Automobilindustrie hat jetzt die Chance, mit einer Entscheidung für die CO2-Technik die Initiative für mehr Klimaschutz bei Autos zu ergreifen. An keiner anderen Stelle des Autos ist es so kostengünstig, die Klimawirkungen zu mindern", erklärte UBA-Präsident Andreas Troge.

In Deutschland gelangten nach Angaben des UBA im Jahr 2005 2,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente in die Atmosphäre. Das entspreche der CO2-Menge, die 1,5 Millionen Kleinwagen bei einer Fahrleistung von 15.000 Kilometern pro Jahr ausstießen. Zum Vergleich: Das gesamte Gebäudesanierungsprogramm der Bundesregierung erbrachte 2006 eine CO2-Einsparung von 0,9 Millionen Tonnen.

Die Mehrkosten für einen Kleinwagen in der Serienproduktion liegen bei unter 30 Euro pro Auto, schätzt ein namhafter Hersteller. Die Autoindustrie könne daher zügig mit den Planungen für neu Autos mit CO2-Klimaanlagen beginnen - ein schneller Ausstieg aus der klimabelastenden R 134a-Technik sei möglich.

Die momentan verwendeten Kältemittel sind schädlicher als CO2 selbst

Ab 2011, das ist Bestandteil der EU-Richtlinie, dürfen die eingesetzten Kältemittel die Atmosphäre "nur noch" 150 Mal stärker aufheizen als CO2. "CO2 als Kältemittel hat einen entscheidenden Vorteil: Mit modernen Klimaanlagen lässt sich nach unseren Informationen ein Kraftstoff-Minderverbrauch von bis zu 11 Prozent gegenüber dem bisherigen Klimakiller-Kühlmittel R134a erzielen", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). "Alle bisher bekannten anderen Alternativen führen hingegen zu Mehrverbräuchen gegenüber R 134a von bis zu acht Prozent."

Wir stünden vor einer weltweiten Weichenstellung mit erheblichen Rückwirkungen auf die künftige Treibhausgasbelastung durch Millionen Pkw-Klimaanlagen: "Diese Anlagen dürfen nicht länger das Klima killen", so Jürgen Resch. Und weiter: "Die Hersteller sind in der derzeitigen Klimadebatte nicht in einer Situation, in der sie auf naheliegende Klimaschutzmaßnahmen ohne weiteren Imageschaden verzichten können."

Die Autofahrer selbst können einstweilen noch einfacher mithelfen, das Klima zu schützen - durch Verzicht: einfach die Klimaanlage öfter ausschalten. Oder das Auto mitunter stehen lassen.

(sueddeutsche.de/ap/duh)

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