(SZ vom 30.08.1997) Ein ausländisches Modell in der Kompaktklasse, die in Deutschland von VW Golf, Opel Astra und Ford Escort dominiert wird, erfolgreich einzuführen, ist etwa so schwierig, wie als deutscher Basketballer in der US-Profiliga spielen zu dürfen. Das haben diverse Importeure schon mehrfach schmerzlich zu spüren bekommen - aber dennoch nicht aufgegeben. So lanciert nun Citroën, wenige Tage nach dem Start des Golf IV, den neuen Xsara. Er tritt die Nachfolge des ZX an, der in Deutschland etwas glücklos war, aber immerhin in Europa reüssierte.
Um gegen Golf & Co. bestehen zu können, bedarf es besonderer Qualitäten. Die sind beim Xsara nicht auf den ersten Blick zu sehen. Das Design - früher eine der Stärken von Citroën - ist ein wenig aussagelos, nur die breiten Scheinwerfer und das Markenemblem im Kühlergrill lassen den Xsara auf Anhieb als Citroën auftreten. Dafür geizt der 4,17 Meter lange Xsara (zwei Zentimeter länger als der Golf) nicht mit inneren Werten: Er weist den größten Innenraum seiner Klasse auf und sein Gepäckabteil schluckt einen Koffer mehr als das des Golf (in Zahlen: Xsara 408 Liter, Golf 330 Liter).
Die Sitze: eine Spur zu weich
Auf den Vordersitzen finden auch Großgewachsene die richtige Einstellmöglichkeit, zumal auch das Lenkrad sowohl in der Höhe als auch im Abstand zum Fahrer serienmäßig verstellbar ist. Bei ersten Fahrten zwischen Niederhaslach und Oberhaslach erwiesen sich die Sitze allerdings immer noch als weicher, als sie in deutschen Automobilen sind - typisch französisch eben, könnte man sagen. Auf der Rückbank finden zumindest große Kinder genügend Platz.
Pfiffige Details, wie man sie eigentlich von Citroën erwartet, sucht man im Xsara ziemlich lange: So läßt sich etwa die Hutablage leicht ausbauen und senkrecht im Auto verstauen, wenn man einmal das maximale Ladevolumen durch Umklappen der Rücksitzlehnen ausnutzen will. Deutlich spürbar ist, daß die Franzosen etwas weniger Wert auf Originalität gelegt und dafür ganz die Qualität in den Vordergrund gestellt haben. Bei einem ersten Augenschein scheint dies auch gelungen zu sein - sonst würde auch der in Deutschland vorgesehene Werbeslogan "Einer, der Vertrauen verdient" wie eine Seifenblase platzen.
Das Armaturenbrett ist aufgeräumt, die großen Plastikflächen vor Fahrer und Beifahrer wirken zwar solide, aber nicht ausgesprochen hochwertig, und bei der Verarbeitung von Ablagefächern und Klappen merkt man, daß die Konstrukteure auch unter dem Druck der Kostenkontrolleure standen.
Um sich vom Golf abzuheben, beginnt die Motorenpalette recht weit oben: mit einem 1,8-Liter-Vierzylinder, der 66 kW (90 PS) leistet, während sich die Basisversion des Golf mit einem 1,4-Liter-Vierzylinder zufriedengeben muß, der 55 kW (75 PS) hat. Mutig ist es von Citroën auch, dieses Leistungsplus in ein Preisplus umzusetzen: Die Basisversion des Xsara kostet 26 990 Mark, immerhin 1300 Mark mehr als der preiswerteste Golf. Dafür hat der Golf aber auch noch Seitenairbags, die beim Xsara erst von Oktober an lieferbar sind und 650 Mark Aufpreis kosten. In Deutschland wird der Xsara zunächst ausschließlich als Fünftürer mit Heckklappe angeboten werden, der Dreitürer kommt im nächsten Frühjahr. Daß ein Kombi folgen wird, ist kein Geheimnis. Hier ein Überblick über die von September an lieferbaren Motorvarianten:
1. 8i: 1,8-Liter-Vierzylinder, 66 kW (90 PS), Höchstgeschwindigkeit 182 km/h, Null auf 100 km/h in 13,1 Sekunden, Durchschnittsverbrauch auf 100 Kilometer 7,9 Liter, Preis 26 990 Mark.
1. 8i Automatik: 1,8-Liter-Vierzylinder, 74 kW (101 PS), Vmax 177 km/h, Null auf 100 km/h in 15,4 Sekunden, Verbrauch 9,1 Liter, Preis 29 550 Mark.
1. 8i 16V: 1,8-Liter-Vierzylinder, 81 kW (110 PS), Vmax 195 km/h, Null auf 100 in 10,7 Sekunden, Verbrauch 8,3 Liter, Preis 33 000 Mark.
1. 9 TD: 1,9-Liter-Vierzylinder-Dieselmotor, 66 kW (90 PS), Höchstgeschwindigkeit, 178 km/h, Null auf 100 in 12,8 Sekunden, Verbrauch 6,6 Liter, Preis 29 140 Mark.
Die Basismotorisierung erwies sich als recht kräftig, sie will aber häufig geschaltet werden. Der Diesel ist nicht der leiseste Vertreter seiner Gattung, aber ein ordentlicher Motor.
Um in Deutschland jährlich 30 000 Xsara abzusetzen (so die Zielvorgabe), hat sich Citroën etwas Neues einfallen lassen: Der Xsara ist das erste Auto, das bei Nichtgefallen innerhalb von 14 Tagen zurückgegeben werden kann - ohne Begründung und nur gegen den Ausgleich der angefallenen Kosten in der Höhe eines Mietwagens, wie man bei Citroën versichert.
Von Otto Fritscher