Chrysler Voyager:Die Revolution bleibt aus

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Optisch kaum verändert bietet der Van für 52 900 Mark zwar viel Komfort, doch fehlt ihm der letzte Schliff zum Luxus-Liner

(SZ vom 14.02.2001) Entgegen des Markttrends in den USA verzeichneten die beiden amerikanischen Marken Chrysler und Jeep im Jahr 2000 in Deutschland ihr bestes Verkaufsergebnis seit Rückkehr in den hiesigen Markt Ende der achtziger Jahre. "22 483 Fahrzeuge bedeutet eine Steigerung von mehr als sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr", gab der deutsche Geschäftsführer Hartmut Hirtz bekannt. Damit avanciert Deutschland zum wichtigsten Exportland der US-Marken im DaimlerChrysler-Konzern außerhalb der NAFTA-Staaten (USA, Kanada, Mexiko).

Den entscheidenden Verkaufsschub allerdings soll der neue Chrysler Voyager bringen. Ab 31. März rollt die vierte Generation der Großraumlimousine zu deutschen Händlern. Im österreichischen Graz gebaut, bietet der Voyager wiederum das vielfältigste Angebot seiner Klasse. Zwei Karosserielängen und Radstände, drei Motorenvarianten, darunter ein moderner 2,5-Liter-Turbodiesel mit Common-Rail-Direkteinspritzung, Handschaltung oder Automatik stehen zur Auswahl, außerdem eine frontgetriebene und eine Allradversion.

Die umfangreichen Ausstattungslisten der Versionen SE, SX und Limited seien zur Lektüre an langen Wochenenden empfohlen. Zu finden sind eine gegenüber dem Vorgänger deutlich aufgewertete Sicherheitsausstattung sowie zahlreiche praktische Details. Wobei die funkgesteuerten elektrisch öffnenden Schiebetüren mit Hinderniserkennung, eine elektrisch und ebenfalls ferngesteuert operierende Hecktür, die automatisierte Dreizonen-Klimatisierung sowie eine multifunktionale, mobile Mittelkonsole mit Stromanschluss und Handy-Halterung zu den Highlights gehören.

Der Voyager des Jahres 2001 ist ein völlig neu konstruiertes Fahrzeug und demonstriert sein Selbstbewusstsein mit einem 25 Millimeter höheren Grill im Corporate Design. Dass nicht jeder den Voyager auf Anhieb als neues Modell erkennt, wissen seine Väter. "Der Kunde wünscht zahlreiche Verbesserungen, aber keine revolutionäre Veränderung des Designs", weiß Minivan-Entwickler Gordon Rinschler aus Auburn Hills.

Und so erfährt man von den wahren Werten des neuen Voyager erst unterwegs. Der Fahreindruck im neuen Minivan bestätigt Chryslers konstruktive Bemühungen um mehr Fahrfreude. Der Voyager wirkt erfreulich verwindungssteif, wahrt Spurtreue auch auf schlechten Straßen und in Kurven und rollt geschmeidiger ab als sein Vorgänger. Aus dem Motorraum dringt wenig ins Interieur, insbesondere höhere Drehzahlen werden nicht mehr wie bisher durch die Karosserie akustisch verstärkt.

Die verstärkte Bremsanlage des neuen Voyager mit vier Scheibenbremsen, ABS und elektronischer Bremskraftverteilung macht einen zuverlässigen Eindruck. Schwer verständlich bleibt, warum die erweiterte Sicherheitsausstattung mit Airbags und Gurtstraffern überwiegend nur dem Fahrer und Beifahrer zugute kommt. Denn Einzelsitze mit Gurtstraffern und in die Rückenlehnen integrierten Seitenairbags gibt es nur vorn. Hinten wurde aus Kostengründen auf Sitze mit integrierten Gurten völlig verzichtet. Erfreulicherweise verfügen die Fondplätze über Aufnahmepunkte für Kindersitze nach der ISOFIX-Norm. Damit trägt Chrysler seiner häufig propagierten Kinderfreundlichkeit Rechnung.

Überzeugen kann insbesondere der Voyager 2. 5 CRD mit tiefgreifend überarbeitetem 2,5-Liter-Turbodieselmotor und 104 kW (142 PS). Der mit neuem Alu-Zylinderkopf, 16 Ventilen und Common-Rail-Direkteinspritzung ausgestattete Selbstzünder legt schon bei 2000/min ein maximales Drehmoment von 320 Nm an. Er erlaubt eine Höchstgeschwindigkeit von 185 km/h. Dank zweier Ausgleichswellen arbeitet der in Italien von VM entwickelte und von der DaimlerChrysler-Tochter Detroit Diesel in Nordamerika gefertigte Vierzylinder-Selbstzünder mit angemessener Laufruhe. Leider ist dieser Motor noch immer nicht mit einem Automatikgetriebe kombinierbar.

Auch muss der mit Leder ausgestattete Voyager Limited 2. 5 CRD für stolze 78 900 Mark unter anderem ohne die als innovativ gepriesene Dreizonen-Klimatisierung auskommen. Immerhin wird ein GPS-gestütztes Autopilotsystem aus Stuttgart demnächst nachgereicht. Davon abgesehen sucht der anspruchsvolle Kunde Klapptische, drehbare Sitze, ein Sonnendach im Fond, eine akustische Einparkhilfe oder ein ESP vergebens.

Wer anspruchsloser denkt, erhält in Deutschland die Einstiegsversion Chrysler Voyager 2. 4 SE mit kurzem Radstand für 52 900 Mark. So ist der Weg ins automobile Oberhaus mit dieser Voyager-Generation zwar eingeschlagen, das Ziel aber noch nicht erreicht, selbst wenn die Preisspitze von immerhin 90 900 Mark für den Voyager Limited 3. 3 AWD etwas anderes suggeriert.

Von Jürgen Zöllter

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