Chrysler Voyager:Der Raumkreuzer aus Amerika fährt weiter

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Der Minivan ist mehr als vier Million Mal produziert worden - und damit der Marktführer

(SZ vom 21.05.1994) Der kleinste unter den drei amerikanischen Automobilherstellern zählt in Deutschland mittlerweile zu den Großen. Trotz Rezession vermeldet Chrysler für 1993 ein Umsatzplus von 20,7 Prozent. Besonders im Segment der Großraumlimousinen legte man kräftig zu, denn jede vierte Neuzulassung ging auf das Konto des Voyager und das ergab für den Minivan ein Plus von 12,4 Prozent.

Zehn Jahre ist es nun her, daß der legendäre Chrysler-Chairman Lee Iacocca grünes Licht für den Minivan gab und damit eine völlig neue Nische schuf: den Markt für Großraumlimousinen. Denn in den Staaten war die Zeit schon anno 1983 reif für ein wendiges Wohnmobil, das dem Nutzer obendrein noch multifunktionale Einsatzmöglichkeiten bietet. Was Wunder, daß sich das Konzept im experimentierfreudigen Amerika schnell als perfekte Alternative zur Kombilimousine empfahl und die Verkaufszahlen nach oben schnellten. Denn Iacoccas Idee bot nicht nur der Großfamilie ausreichend Platz, sie erwies sich auch als praktisches Transportmittel unter den freizeitorientierten Amerikanern oder eröffnete als mobiles Büro so manchem Geschäftsmann eine neue Perspektive. Inzwischen nahm der Voyager in der Produktionsstatistik die Viermillionenhürde und avancierte weltweit zur Nummer Eins.

Auf dem Stand der Technik

Der Erfolg der Großraumlimousine ist für Chrysler allerdings kein Grund, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Vielmehr setzten die Amerikaner in den letzten Monaten alles daran, den Luxustransporter dem neuesten Stand der Technik und der Marktansprüche anzupassen. Und so präsentiert sich die 94er Auflage nicht nur optisch runder, besser verarbeitet, sondern auch noch komfortabler und variabler. Alleine durch die Serienausstattung setzt sich der Voyager deutlich von seiner Konkurrenz ab. So ergänzt ein Beifahrerairbag den bislang schon serienmäßigen Luftsack für den Fahrer. Ebenso sind ABS und Gurtstraffer Standard wie auch der verstärkte Seitenaufprallschutz. Annehmlichkeiten wie elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung sowie Servolenkung runden das Paket ab.

Sozusagen nach dem Baukastenprinzip ermöglicht Chrysler die Innenraumgestaltung. Abgesehen davon, daß die Zweiersitzbank durch Einzelsitze austauschbar ist, lassen sich auch die Sitze (Sitzbank) je nach Bedarf variieren. Im Ernstfall ist mit sieben Personen der Sonntagsausflug samt Picknickausrüstung (Gepäckraum 671 Liter) gesichert. Steht dagegen der Transport von sperrigen Utensilien an, kann wahlweise die dritte (Ladevolumen 1650 Liter) oder zusätzlich die zweite Rücksitzbank (3250 Liter) ausgebaut werden. In der Ausführung Turbo- Diesel und sechs Zylinder läßt sich der Voyager auch noch als längerer Grand Voyager ordern.

So vielseitig wie die Verwendungsmöglichkeit der Sitze entpuppt sich die gesamte Modellpalette der Chrysler- Großraumlimousine. So ist die Basisversion 2.5 SE, wegen ihres vergleichsweise günstigen Preises von 43 750 Mark bevorzugt von jungen Familien gekauft, mit einem 72 kW (98 PS) starken Vierzylinder-Motor versehen. Und der erweist sich in der Praxis als genügsames Aggregat. Im Drittelmix reichen ihm 9,4 Liter Normal bleifrei. Allerdings dürfen im Gegenzug auch keine Sprintqualitäten erwartet werden, vielmehr ist Geduld gefragt. Dem Wagen geht bei 158 km/h die Puste aus.

Wesentlich mehr Fahrspaß vermittelt der 2.5 SE mit dem Turbodiesel unter der Haube. Er beschleunigt nicht nur um gute drei Sekunden schneller als der etwas träge Benziner, sondern sorgt mit 87 kW (118 PS) auch für ein flotteres Vorwärtskommen. Immerhin ermöglicht das aufgeladene Nageltier für eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h und bleibt dennoch mit 6,7 Litern im Drittelmix genügsam. Das hat allerdings seinen Preis. Schon in der normalen Version sind dafür 48 360 Mark auf den Tisch zu legen und wer auf den Grand Voyager Wert legt, muß mindestens 51 135 Mark berappen.

Die Sahneschnitte in der Voyager-Modellpalette ist zweifelsohne der 3.3 SE. Denn der Sechszylindermotor mobilisiert 120 kW (163 PS), beschleunigt die 1800 Kilogramm schwere Karosse in knapp 13 Sekunden auf 100 km/h und garantiert mit maximal 180 km/h eine angenehme Reisegeschwindigkeit. Abgesehen von der Länge des Mobils bietet Chrysler beim Sechszylinder noch die Möglichkeit, statt der herkömmlichen Antriebsart die Version Allrad zu wählen. Die verlangt jedoch nicht nur nach einer Großfamilie, sondern auch nach einem Großverdiener: Denn die 68 660 Mark lassen sich vermutlich kaum aus der Portokasse bezahlen. Das gilt im übrigen auch für den täglichen Gebrauch des Fahrzeugs. Am sparsamsten fährt, wer den Sechszylinderallrad bei konstanten 90 km/h behutsam über die Landstraßen lenkt. In diesem Fall begnügt sich das Gefährt mit neun Litern. Dagegen beweist er in der Stadt mit 15 Litern schon Trinkerqualitäten. Eine Großfamilie hat eben ihren Preis.

Von Ina Reckziegel

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