Chrysler PT Cruiser:Optik, Originalität und Ordnung

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Das derzeit unbestritten auffälligste und witzigste Auto auf Deutschlands Straßen krankt an einem völlig falschen Benzinmotor

(SZ vom 19.08.2000) Retrodesign - dieses Wort soll unter anderem beschreiben, was der Chrysler PT Cruiser darstellt. Wie unzureichend dieser Begriff allein ist, weiß man spätestens dann, wenn man mit diesem Gefährt längere Zeit unterwegs war. "Ich lasse Sie nur einscheren, wenn Sie mir sagen, was das für ein Auto ist", sagte der TT-Fahrer und blockierte die zweite Fahrspur. Vor der roten Ampel ließ es sich dann ausführlicher reden. Warum er denn mehr als 70 000 Mark für seinen Wagen, der nur zwei Sitze habe, ausgegeben habe, wenn der PT Cruiser weniger als 40 000 Mark kostet , räsonierte er. Seine Frau, die - wie er mitteilte - schwanger ist, war ganz seiner Meinung. Wer weiß, vielleicht schwenkt der Audi-TT-Fahrer um, wenn der Nachwuchs auf der Welt ist. Auch wenn diese Reaktion sicherlich nicht repräsentativ war, so interessierten sich doch überdurchschnittlich viele Audi-Fahrer für den PT Cruiser.

Und dieser eine Autofahrer war auch bei weitem keine Ausnahme. Als ob es sich auf einem Laufsteg befinde, starrten Menschen auf das außergewöhnliche Blechkleid, Taxifahrer schwärmten verzückt und bedauerten den für das Transportgewerbe zu kleinen Kofferraum, Passanten verweilten (gestoppte) 15 Minuten am geparkten Wagen, dutzende Finger zeigten auf den neuen Chrysler.

Diese und ähnliche Reaktionen auf ein neues Auto hat es schon manchesmal gegeben - man erinnere sich etwa an den VW Beetle oder den Renault SportSpider. Doch der PT Cruiser verschafft seiner Marke etwas, was die anderen Auto nicht mussten. Denn außer den überschwänglichen Reaktionen auf das Äußere, fragten viele auch: "Und welche Autos von Chrysler kann man sonst noch in Deutschland kaufen?" Mit seiner extremen Optik verhilft der neue Amerikaner seinem Herrn zu einem höheren Bekanntheitsgrad.

Aber was erwartet nun den PT-Cruiser-Fahrer wirklich, wenn er sich wieder beruhigt hat und zum Autoalltag zurückkehrt ist? Das Erstaunlichste am neuen Chrysler ist, dass er nicht nur originell aussieht, sondern auch noch praktisch und sehr übersichtlich (innen wie außen) ist. Das beginnt schon beim guten Raumgefühl, denn die hohe Karosserie (1,60 Meter) verleiht eine angenehme Kopffreiheit auf allen Plätzen. Und dem Taxifahrer können wir nicht beipflichten. Der Kofferraum bietet von 520 bis maximal 2150 Liter Volumen eine Menge Platz. Damit dürfte auch der anspruchsvollste Fahrgast auskommen.

Optik, Originalität, Ordnung - alles recht und schön. Aber hat denn der Cruiser so gar keinen Nachteil? Allerdings - und leider zwar einen ganz massiven: den Motor. Derzeit treibt ein 104 kW (141 PS) leistendes 2,0 Liter-Triebwerk den Wagen an. Klingt zunächst einmal nach nicht so wenig, aber hier zeigt sich einmal mehr, dass PS-Zahlen nur Schall und Rauch sind, wenn das Drehmoment nicht stimmt. Und bei 186 Nm bei 4400/min kann es mit der Elastizität nicht weit her sein.

Das merkt man auch beim Fahren: Schwerfällig ist der knapp 1,4 Tonnen schwere Wagen, vor allem auf der Autobahn sitzen einen schnell Nachfolgenden auf der Stoßstange. Und das liegt nicht an der maximalen Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h (mit Automatik 166 km/h). Vielmehr rührt sich der Cruiser nur mühsam von der Stelle, selbst, wenn man einen Gang herunter schaltet, was mit der wiederum leichtgängigen Fünfgang-Schaltung einfach ist.

Zeit wird es, dass der jetzt schon zum Kult erklärte Wagen auch den Motor bekommt, den er verdient hat. Und in Sicht ist auch schon ein 2,2-Liter-Common-Rail-Diesel aus der Mercedes-Palette, der für nächstes Jahr geplant ist. Wer sich mit dem Gedanken trägt, dem Kult Vorschub zu leisten, sollte sich jetzt schon für den Diesel entscheiden. Unbesehen kann er nur besser als der Benziner sein.

Von Marion Zellner

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