Chrysler LeBaron LX Cabriolet:Renovierung tut not

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Wenig Fahrkomfort, aber Open-Air-Spaß für 55 350 Mark

(SZ vom 29.09.1993) Dort, wo die Straßen endlos und schnurgerade sind, ist die Heimat dieses Cabriolets - und dort fühlt es sich auch am wohlsten: in den USA. Das LeBaron- Cabrio von Chrysler, das uns in diesem Herbst einige Tage lang begleitet hatte, ist nämlich einer der letzten Vertreter des automobilen amerikanischen 'Urgesteins': Das Fahrwerk ist mehr auf Highways denn auf kurvige, europäische Landstraßen zugeschnitten. Der LeBaron wirkt aber auch in der Stadt außergewöhnlich unhandlich - und subjektiv kann sich sein Wendekreis mit dem eines kleinen Lkw messen. Die Inneneinrichtung ist auf dem Stand, den die Ergonomen wohl 1965 als Optimum bezeichnet haben - und der extrem zerklüftete und kleine Kofferraum ist eher als Zumutung, denn als Gepäckabteil zu bezeichnen.

Natürlich hat der LeBaron auch seine schönen Seiten, die sich besonders bei gutem Wetter zeigen: Wenn das Verdeck mit einem Knopfdruck geöffnet werden kann, ist die Qualität des Fahrwerks eigentlich ziemlich egal, denn wer mit einem Open-Air-Auto rast, bringt sich selbst um den größten Genuß. Bevor die elektrischen Helfer den Klappmechanismus in Bewegung setzen, müssen zwei Spriegel gelöst werden, die unter einer Abdeckung verborgen liegen. Die Bedienungselemente für Scheibenwiser und Licht sind so am Armaturenbrett angebracht, daß man jedes Mal die Hand vom Lenkrad nehmen muß, um nach ihnen zu tasten. Und daß das Kofferraumschloß unter dem klappbaren Nummerschild zu suchen ist, haben die Ingenieure wohl aus einem Krimi abgeschaut.

Als Antriebsquelle steht ein 3,0-Liter- V6-Motor zur Verfügung, der 100 kW (136 PS) leistet. In Verbindung mit der - für amerikanische Verhältnisse ungewöhnlich rauh schaltenden - Viergang- Automatik ermöglicht er eine Beschleunigung in 11,2 Sekunden von Null auf 100 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 182 km/h. Der Kraftstoffverbrauch beträgt im DIN-Drittelmix auf 100 Kilometer 10,2 Liter, wir schafften es aber trotz zarter Behandlung des Cabriolets kaum unter zwölf Litern.

Mit seinen neuen Modellen wie dem Vision, dem Jeep Grand Cherokee und dem Minivan Voyager hat es Chrysler binnen weniger Jahre geschafft, sich von einem maroden Unternehmen zu einer profitablen Company zu entwickeln. Die Entwicklungszeiten konnten drastisch verkürzt und die Produktionskosten gesenkt werden, indem sogenannte platform teams installiert wurden, in denen schon von Anfang an Fachleute aus den verschiedensten Bereichen bei der Neuentwicklung eines Autos zusammenarbeiten. So wurde der Super-Sportwagen Viper konstruiert, und es folgten der Vision und im nächsten Herbst der Neon, der auf der IAA Weltpremiere hatte.

Bleibt zu hoffen, daß sich Chrysler demnächst der kompletten Renovierung des LeBaron annimmt - denn ein schönes Cabriolet fehlt noch im Modellprogramm. Und der neue Baron darf ruhig ein bißchen amerikanisch bleiben - nur sollten seine Manieren den Erfordernissen der Zeit angepaßt werden. Aber da haben wir keinen Zweifel, denn schließlich hat man in Detroit entdeckt, daß sich auch in Europa und gerade in Deutschland mit US-Cars gutes Geld verdienen läßt.

Von Otto Fritscher

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