Legendär ist der Satz von Paul Hogan alias Crocodile Dundee: ¸¸Ein Messer? Das soll ein Messer sein? Das ist ein Messer!" Sprach's und zog ein Bowie-Messer im Bumerangformat aus dem Gürtel. Ähnlich dürfte heute die Antwort eines Ingenieurs ausfallen, befragt nach den neuesten Errungenschaften seines soeben entwickelten Autoradios. ¸¸Ein Radio? Das soll ein Radio sein? Das ist ein Radio!"
Ein Autoradio der neuesten Generation ist weit weg von den Mindestanforderungen, die jahrelang hießen: Musik machen und Verkehrsnachrichten ansagen. Navigation, Telefon, Datenkommunikation mit dem Internet, Fernsehen und mobiles Kino für die Passagiere im Fond: Diese Aufgaben erfüllt ein Autoradio - und passt nach wie vor in den DIN-Schacht im Armaturenbrett.
Radio mit 20 GB
Wie sehr Computertechnik Einzug hält, zeigt eine Weltpremiere, die der japanische Hersteller JVC auf der Computermesse Cebit präsentiert: Das Autoradio mit dem schönen Namen KD-NX901 verbirgt in seinem Innenleben eine Festplatte mit 20 Gigabyte Fassungsvermögen. Darauf wären vor wenigen Jahren noch Besitzer sündteurer Laptops stolz gewesen, und auch die sonstigen Rechenleistungen des Geräts haben das Niveau schlichter Heimcomputer längst überholt.
Knapp 14 Gigabyte der Platte sind gefüllt mit dem digitalen Kartenmaterial ganz Europas, geliefert von Navigationsanbieter Navtec. ¸¸Damit ist die Navigation erheblich schneller als mit einer CD", betont JVC-Mann Jürgen Wilken.
Nicht nur das: Entlang der Fahrtroute werden die Daten von Sehenswürdigkeiten, Tankstellen oder Restaurants bereitgehalten - inklusive der Telefonnummer für die Tischreservierung. Der Rest der Festplatte dient als rollende Musikbox: Rund 100 CDs können über das integrierte Laufwerk in MP3-Dateien gewandelt und so platzsparend komprimiert auf der Platte gespeichert werden. Außerdem dient das Gerät als DVD-Player. Der Preis: knapp 1300 Euro.
Einen anderen Weg geht Hersteller Harmann Becker: Mit dem soeben eingeführten Becker Traffic Pro 7945 werden vor allem Autofahrer angesprochen, bei denen der Fahrersitz oft gleichbedeutend mit dem Arbeitsplatz ist, und wo häufig telefoniert wird.
Radio mit Sprachsteuerung
Das Gerät bringt neben einem Radio mit Doppeltuner, der für optimale Empfangsleistungen sorgen soll, die Navigationstechnik sowie eine integrierte Bluetooth-Schnittstelle mit. Über die Bluetooth-Funktechnik können entsprechende Handys an das Radio angeschlossen werden, ohne dass man sie aus der Jackentasche nehmen muss. Somit kann der Autofahrer auf alle Telefonbucheinträge im Handy zurückgreifen - sogar per Sprachsteuerung.
Die Installation einer zusätzlichen Freisprechanlage erübrigt sich, was den Preis von knapp 1500 Euro stark relativiert. Wer Wert auf eigene Musikkonserven legt, kann CDs abspielen.
Film und Fernsehen im Auto ist eine Kostenfrage - der Preissturz für Flachbildschirme macht Multimedia-Systeme aber erschwinglicher. TopVision 730 nennt etwa Delphi Grundig ein System aus DVD-Spieler und sieben Zoll großem TFT-Bildschirm, das im Dachhimmel des Fahrzeugs integriert wird. Im Preis von knapp 900 Euro sind kabellose Kopfhörer enthalten, so dass die Geräuschkulisse den Fahrer nicht ablenkt. Als Nachrüstsystem bringt Anbieter Visteon sein ¸¸Portable Dock" auf den Markt - einen DVD-Spieler im Laptopformat mit ZehnZoll-Monitor, der ebenfalls Platz am Dachhimmel findet. Preis: 1300 Euro.
Glotze in der Mühle
Durch die Einführung des digitalen Fernsehens (DVB-T) in Deutschland sieht der Kerpener Hersteller außerdem die Chance, Fernsehsysteme im Auto zu etablieren. Allerdings ist der Preis für Empfänger, Sieben-Zoll-Monitor und Infrarot-Kopfhörer mit knapp 1500 Euro hoch.
Auf große Monitore setzen auch Pioneer und Blaupunkt. MoniCeiver nennt der Hildesheimer Hersteller Blaupunkt sein neuestes Produkt - ein Kunstwort aus Monitor und Receiver. Das Gerät ist im Radioschacht untergebracht, auf Knopfdruck fährt der Sieben-Zoll-Bildschirm im 16:9-Breitformat aus. Die Oberfläche ist berührungsempfindlich, sodass sich mit einem Fingerdruck das angeschlossene Radio (im Lieferumfang) oder ein Navi-System steuern lassen.
Pioneer bringt im April sein Entertainmentsystem AVIC-X1R auf den Markt (Preis rund 2000 Euro). Der 6,5 Zoll große Monitor ist ebenfalls im Radioschacht untergebracht und bietet die Steuerung über den berührungsempfindlichen Bildschirm. Der Arbeitsspeicher des Navigationssystems ist nach Herstellerangaben mit 14 Megabyte so groß ausgelegt, dass die komplette Route inklusive Ausweichstrecken bei Fahrbeginn ins System eingelesen wird. Der DVD-Schacht ist hinterher frei für Musik-CDs oder Videos.
Navigation via Handy
Wie sich die Navigation auch via Handy bewerkstelligen lässt, zeigt Zubehöranbieter Cullmann mit der Freisprecheinrichtung Varicom VC4. Die Anlage beherrscht Bluetooth und Spracherkennung, ein Adapter mit GPS-Antenne macht das System tauglich für die Navigation - das Display des eingelegten Handys dient als Monitor für die Navi.
Vor allem die Fahrer von Leasingfahrzeugen, die ihr Auto schon nach kurzer Zeit wieder abgeben, hat VDO Dayton als Zielgruppe. Die Siemens-Tochter bietet jetzt einen vier Zoll großen Monitor für ihre Navigationsgeräte an, der in den Innenspiegel integriert ist. Das knapp 400 Euro teure Gerät soll einfach zu montieren sein und bietet auch die Anschlussmöglichkeit für eine Rückfahrkamera.
Wie Unterhaltungs- und Informationsangebote künftig mobil verfügbar werden, zeigt Blaupunkt in einem gemeinsamen Vorführfahrzeug mit der Deutschen Telekom auf der Cebit. Über die Breitband-Verbindung WLAN können in der heimischen Garage Filme oder Musik ins Multimedia-Center an Bord eingespielt werden; unterwegs dagegen kann sich der Fahrer an Raststätten in so genannte Hotspots einklinken und somit Daten an den heimischen Rechner überspielen - oder sich die aktuellen E-Mails in sein Auto holen.