BMW Z3 coupé:Kein Auto für alle Fälle

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Auf jeden Fall demonstriert der 64 000 Mark teure Zweisitzer eine Vorliebe für Extravaganz

(SZ vom 04.07.1998) Endlich dürfen die Münchner mal wieder so richtig die Muskeln spielen lassen: "Ein scharfes Auto" beschreibt BMW-Markt-und-Produkt-Vorstand Wolfgang Reitzle kurz und knapp das neueste Geschöpf seines Hauses - und Burkhard Göschel, der Gesamtprojektleiter, befindet: "Für dieses Auto hat sogar der Nürburgring zu wenig Kurven. " Was die BMW-Ingenieure einhellig in Entzücken versetzt, wird nicht nur bei den Freunden der bayerischen Marke für geteilte Meinungen sorgen: Denn eine elegante Erscheinung kann man dem Z3 coupé nun wirklich nicht bescheinigen. Während sich die Limousinen mit dem nierenförmigen Grill durch optische Zurückhaltung und ästhetisch gerundete Linien auszeichnen, wirkt der Neue ungemein kraftvoll und extrovertiert - egal, aus welcher Perspektive man ihn ansieht.

Geglückte Geschlechtsumwandlung

Das ist um so erstaunlicher, wenn man das Coupé mit dem offenen Z3, dem Roadster, vergleicht. Das Coupé scheint das erheblich größere, erwachsenere Auto zu sein, obwohl die Abmessungen mit 4,03 Meter exakt gleich sind. Den Designern scheint so etwas wie eine Geschlechtsumwandlung gelungen zu sein: Während der offene Z3 mit seinen verspielten Rundungen feminin wirkt und eine warme Eleganz ausstrahlt, gibt sich das Coupé männlich-markant. Von der Seite betrachtet, paßt die wie eine Untertasse gewölbte Fensterlinie nicht so richtig zu der unendlich lang wirkenden, ansteigenden Motorhaube. In der Heckansicht könnte man glauben, einen 3er touring vor sich zu haben, der in die Hände eines wildgewordenen Tuners gefallen ist, der gleichmal einen Dachspoiler montiert und die Kotflügel und Radkästen kräftig aufgeplustert hat. In der Frontansicht verspricht die Motorhaube das, was BMW zum Firmen-Slogan erhoben hat: Freude am Fahren.

Doch man mag es drehen und wenden, wie man will, hier eine Linie kritisieren und dort an einer Kante mäkeln: Das Z3 coupé ist auf jeden Fall kein Auto für alle Fälle, aber ein Auto, mit dem man immer auffällt. Es polarisiert: Man mag es, oder man mag es nicht.

Freunde der automobilen Extravaganz müssen sich aber noch bis Mitte September gedulden, bis die ersten Coupés zu den Händlern rollen werden. BMW beschränkt sich dabei auf zwei Varianten, eine weniger als beim Cabrio: Der Vierzylinder wird für das Coupé nicht angeboten, das Einstiegsmodell ist der 2,8-Liter-Sechszylinder, und das M coupé richtet sich an die Leistungsfetischisten. Hier die wichtigsten technischen Daten:

Z3 coupé 2. 8: 2,8-Liter-Sechszylindermotor, 142 kW (193 PS), Höchstgeschwindigkeit 231 km/h, Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 6,8 Sekunden, maximales Drehmoment 280 Nm bei 3500/min, durchschnittlicher Verbrauch 9,4 Liter Super auf 100 Kilometer, Preis 64 000 Mark.

Z3 M coupé: 3,2-Liter-Sechszylindermotor, 236 kW (321 PS), Höchstgeschwindigkeit 250 km/h, Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 5,4 Sekunden, maximales Drehmoment 350 Nm bei 3250/min, durchschnittlicher Verbrauch 11,1 Liter auf 100 Kilometer, Preis 95 000 Mark.

Preise auf Roadster-Niveau

Das sind rund 1500 Mark mehr, als BMW für den offenen Z3 verlangt - die Differenz wird mit der serienmäßigen Klimaanlage begründet. Wie das Verhältnis zwischen verkauften Coupés und Roadstern sein wird, darauf will man sich bei BMW nicht festlegen, der Anteil der Variante mit Blechdach dürfte aber zwischen 20 und 30 Prozent pendeln. Die Fertigung im US-amerikanischen Werk in Spartanburg ist auf jeden Fall so flexibel, daß man auf Veränderungen in der Nachfrage rasch reagieren kann.

Wie fährt sich nun die "emotionelle Spaßmaschine für Individualisten" (Reitzle)? Schon beim 2,8er kommt Freude auf: Der Sechszylinder dreht so sahnig und willig, wie man es von den Reihenmotoren von BMW kennt; er läßt sich aber auch so schaltfaul fahren, daß ein gemächliches Mitschwimmen ohne weiteres möglich ist. Die gravierendenste Änderung gegenüber dem Roadster betrifft das Fahrverhalten: Ist schon dieser ein agiles Auto, so läßt sich das Coupé noch eine Spur schärfer um die Kurven bringen. Es liegt im Grenzbereich ruhiger auf der Straße, das Fahrwerk ist straff, aber noch im komfortablen Bereich.

Als bequem läßt sich die Sitzposition leider nicht beschreiben - zumindest dann nicht, wenn man eine Körpergröße jenseits der 1,80 Meter hat. Die Knie liegen dann am Lenkrad an wie die Besucher an der Wand eines Schleuderkarussells am Oktoberfest. Die Inneneinrichtung verströmt ein bißchen den Charme der Großserie, was nicht so ganz zum eigenwilligen Außendesign passen will. Aber hier haben wohl die Kostenrechner einer Individualisierung Einhalt geboten. Hinter den beiden Sitzen wartet ein urlaubstauglicher Kofferraum mit einem Volumen von 210 bis 410 Litern.

Ein funktioneller Makel mag auf den ersten Blick nicht wichtig erscheinen, im Autofahreralltag ärgert man sich aber doch über das nicht stimmige Spiegelkonzept: Der Innenspiegel ist zu groß, er verdeckt wichtige Bereiche der Scheibe, und bei den Außenspiegeln fehlen die asphärisch geformten Teilpartien, die den "toten Winkel" kleiner machen.

Dies gilt auch für die anders geformten, aber dennoch nicht optimalen Spiegel des M-Coupés. Weitere Differenzierungsmerkmale sind neben Reifen und Felgen die Nüstern (Lufteinlässe) an der Seite und natürlich der Vier-Rohr-Auspuff. Im Innenraum darf der M-Fahrer auf drei zusätzliche Instrumente in der Mittelkonsole blicken. Der Motor, der aus dem M3 stammt, stellt Kraft im Überfluß bereit, manchmal sogar zuviel, da hier auf das ASC+T-Traktionskontrollsystem verzichtet wird. Das Aggregat läuft auch etwas nervöser als der 2,8-Liter, was aber auch für die offenen Z3 gilt.

Ob mit Verdeck oder Blechdach - das ist beim Z3 keine Frage der Technik: Ausschließlich die Optik entscheidet, welchem der ungleichen Brüder man den Vorzug gibt. Oder sollte man Coupé und Roadster lieber als Bruder und Schwester betrachten?

Von Otto Fritscher

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