BMW X5:Ein Bayer auf der Pirsch

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Für die Markteinführung sind Sechs- und Achtzylinder geplant / Ein Diesel folgt drei Monate später

(SZ vom 20.10.1999) Der X5 ist auf dem Nürburgring so zu Hause wie in der Sahara". Mit dieser Feststellung wollte Wolfgang Ziebart, Entwicklungsvorstand bei BMW, die Vielseitigkeit des neuesten Münchner Kindls unterstreichen. Und um das Ergebnis schon einmal vorweg zu nehmen: Ziebart hat mit dieser Feststellung Recht.

Der X5 ist ein so genanntes SAV (Sport Activity Vehicle), was so viel bedeuten soll, wie dass sich der Wagen eben in allen denkbaren Situationen bewähren kann. Dabei hilft ihm nicht nur der Vierradantrieb, sondern auch die größere Bodenfreiheit. Der X5 besitzt alle Vorteile einer Limousine, trotz seiner Geländegängigkeit aber nicht die klassischen Nachteile eines Offroaders.

Der Name X5 leitet sich zum einen von der BMW-Tradition ab, allradgetriebene Modelle mit dem X in der Nomenklatur zu kennzeichnen. Zum anderem lässt die Fünf vermuten, dass das neue Modell auf der Basis der Fünfer-Reihe steht. Dem ist aber nicht so. Ziebart drückte es noch drastischer aus: "Diese Idee ließ uns einen Schauer über den Rücken laufen. " Somit wurde der X5 eine Neuentwicklung. Denn im Gegensatz zu anderen großen deutschen Automobilunternehmen verfolgt BMW keine Plattformstrategie. Die Fünf steht allerdings schon in Verbindung mit der Fünfer-Reihe. Diese Zahl soll dem Kunden signalisieren, dass der X5 ebenso luxuriös ausgestattet und komfortabel zu fahren ist wie die Limousinen der Baureihe.

Dem X kommt aber auch noch eine weitere, verkaufspsychologische Bedeutung zu. In den USA - dem wichtigsten Markt für den X5 - verbindet man mit dem X große Dimensionen; etwa so, wie man es von x-large kennt. BMW möchte damit unterstreichen, dass der X5 ein ordentliches und komfortables Raumangebot für die Passagiere und das Gepäck hat. Und das ist auch der Eindruck, der sich einstellt, wenn man den Innenraum des Autos erklommen hat.

Auf den Passagierplätzen herrscht vorne wie hinten eine angenehme Großzügigkeit, die sich im Kofferaum (450 bis 1550 Liter) fortsetzt. Dieser lässt sich sozusagen in zwei Teilen öffnen. Das heißt, die zweigeteilte Heckklappe erweist sich als sehr praktisch, da auf dem unteren Teil auch einmal zwei Personen beim Picknick Platz finden - für die USA ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Ein bisschen fummelig dagegen ist die Kofferraumabdeckung, die nicht dem Rollladen- , sondern dem Faltprinzip folgt. Dabei ist eine Einhandbedienung nur schlecht möglich. Ein Manko, das BMW erkannt hat, und bis zur Europa-Einführung im Juni 2000 ändern will.

Wenn der X5 im Dezember diesen Jahres zunächst in Amerika auf den Markt kommt, hat er nur 36 Monate Entwicklungszeit hinter sich. Als Investitionssumme wurden rund 650 Millionen Dollar (mit dem Umbau des US-Werkes Spartanburg, wo er gefertigt wird) fällig. Als Antrieb bekommt der X5 zunächst nur einen Motor: ein 4,4-Liter-Achtzylinder mit 210 kW (286 PS). Die Statistiker können sich noch folgende Werte notieren: Höchstgeschwindigkeit 207 km/h, der Spurt von Null auf 100 km/h dauert 7,3 Sekunden. Für den X5 gibt es zum Preis von rund 2800 Mark ein Sportpaket, das nicht nur die Begrenzung auf 207 km/h überflüssig macht (wegen der Serienbereifung nötig), sondern auch ein Sportfahrwerk und größere Räder umfasst.

Im Juni 2000 kommt für den europäischen Markt ein weiteres Aggregat hinzu, das es bei BMW eigentlich schon gibt. Der bekannte Sechszylinder mit 2,8 Litern Hubraum und einer Leistung von 192 PS wird 0,2 Liter mehr Hubraum bekommen, die Pferdestärken beibehalten, jedoch mit mehr Drehmoment ausgestattet sein. Der X5 wird der erste BMW sein, der von diesem überarbeiteten Sechszylinder angetrieben wird. In den anderen Baureihen, wird er nach und nach eingebaut werden. In Kombination mit diesem Triebwerk gibt es dann auch ein Handschaltgetriebe. Der Achtzylinder ist in Deutschland wie in USA nur mit Automatik-Getriebe zu bekommen. Allerdings verfügt sie über eine Steptronic, mit der in einer zweiten Schaltebene die Gänge vom Fahrer gewählt werden können. Drei Monate nach der Europa-Einführung wird ein Dieselaggregat folgen.

Bei einer ersten ausführlichen Fahrt hat sich der X5, der mit einer Länge von 4,66 Meter 15 Zentimeter kürzer als ein Fünfer ist, aber um einen Zentimeter breiter als ein Siebener, als ein überaus komfortables und großzügiges Fahrzeug entpuppt. Seine Fahreigenschaften auf der Straße sind ohne weiteres mit den Münchner Limousinen vergleichbar. Im Gelände bietet er dagegen elektronische Finessen, die bei einer abschüssigen Winterstrecke sehr hilfreich sein können. So ermöglicht die serienmäßige Bergabfahr-Kontrolle HDC (Hill Descent Control) ein kontrolliertes und gefahrloses Fahren auf rutschigem Untergrund.

Und nicht unerwähnt bleiben sollte das Sicherheitpaket des X5. Bei allen Crashtests in der Entwicklungsphase hat der amerikanische Bayer durchwegs sehr gut abgeschnitten - unterstützt von acht serienmäßigen Airbags. Die Preise des X5 liegen bei rund 80 000 Mark für den Sechszylinder und 111 000 Mark für den X5 4.4i. Für diese Summe bekommt der Kunde ein ebenso schickes wie sportlich dynamisches Auto, das das Zeug dazu hat, der Konkurrenz aus Stuttgart davonzufahren.

Von Marion Zellner

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