BMW 5er touring:Luxuriöser Lastenträger mit Stil

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Details machen aus dem Kombi ein vielseitiges Auto, das mindestens 60 200 Mark kostet

(SZ vom 29.01.1997) Daß er kein gewöhnlicher Kombi sein will, verheißt schon der Name. Mit dem touring von BMW fährt man nicht einfach irgendwelche Lasten durch die Gegend, sondern am besten vagabundiert man mit ihm durch die Gefilde der Freizeitgesellschaft. Nobel, edel und sportlich, so definieren sich die Kombis der Münchner, die es ja in zwei Ausführungen - in der 3er- und der 5er-Reihe - gibt. Bislang war den tourings durchaus Erfolg beschieden - so erreichten sie in der 5er-Reihe etwa einen Anteil von 25 Prozent. Nun rollt im März die zweite Generation des großen Kombis zu den Händlern, zunächst mit den bekannten Motoren als 528i und dem Turbodiesel 525tds. Beim Design sind die Münchner zurückhaltend ans Werk gegangen: Der touring gleicht von vorne besehen der Limousine bis ins Detail, und bei der Gestaltung der Heckpartie wurde auf bewährte Design-Elemente aus der Vorgängerreihe zurückgegriffen. Zwar ist der Neue etwas rundlicher geworden, aber er unterscheidet sich optisch deutlich von seinem kleineren Bruder: Der 3er touring wirkt kompakter, während der 5er touring schon größer, aber dennoch beinahe graziler erscheint. Dies liegt an dem relativ schmalen Dachaufbau, während sich die Karosserie nach unten bis zur Höhe der Ladekante hin deutlich verbreitert.

Bei einer ersten kurzen Begegnung konnten vor allem eine Reihe durchdacht konstruierter Details überzeugen, die das touring-spezifische Element betonen: Die Ladekante wurde abgesenkt, die Heckklappe verfügt nun über eine Soft-Close-Automatik, welche die fünfte Tür automatisch entriegelt oder zuzieht. Wenn die große Klappe offen ist, strahlt ein rotes Licht als Warnung für andere Verkehrsteilnehmer, und weißes Licht beleuchet den Raum hinter dem Auto. Wie gehabt, läßt sich auch das Heckfenster separat öffnen, wenn man zum Beispiel nur einen Mantel in das Gepäckabteil legen will. Die Rücksitzbank kann im Verhältnis ein Drittel zu zwei Drittel umgeklappt werden - der Mechanismus funktioniert mit einem Knopf und völlig ohne Kraftaufwand. Dabei können die Kopfstützen in ihren Verankerungen bleiben. Der Laderaum ist nun deutlich besser ausnützbar, da keine Federbeindome und wuchtige hintere Radkästen das Durchladen beengen. Dies macht eine für den touring neu konstruierte Hinterachsaufhängung möglich. Die Länge des ebenen Gepäckabteils beträgt 1,86 Meter, das Fassungsvermögen des Abteils bei Beladung bis zur Dachkante 690 Liter, bei umgeklappten Rücksitzen 1525 Liter.

Völlig neu ist eine als Sonderausstattung lieferbare Ladehilfe: Wie ein Tablett läßt sie sich herausziehen, so daß schwere Gegenstände nicht mehr in den Kofferraum hineingewuchtet werden müssen, sondern auf dem Tablett abgelegt und dann hineingeschoben werden können. Das freut die Bandscheiben, kostet aber 750 Mark Aufpreis. Womit wir bei den Preisen wären - und es ist klar, daß der große touring kein Sonderangebot sein will, sondern sich auch vom Image her an eine Klientel wendet, die sich ein bißchen Luxus - oder auch etwas mehr - gönnen möchte. Generell gesagt, läßt sich BMW den touring mit einem Aufschlag zwischen 4000 und 5000 Mark gegenüber der Limousine bezahlen. Nicht mehr zu finden ist das von der Vorgängerreihe bekannte, doppelte Schiebedach.

Das Basismodell ist der 520i touring, der mit 60 200 Mark zu Buche schlägt. Er ist allerdings erst Anfang April lieferbar, ebenso wie die nächststärkere Modellvariante, der 523i touring mit seinem 2,5-Liter-Sechszylindermotor. Dieses Modell steht mit 64 300 Mark in der Preisliste. Von März an sind als erste Varianten der 528i t und der 525tds lieferbar. Der 2,8 Liter kostet 71 900 Mark, der Turbodiesel 62 800. Damit ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht: Der 540i touring mit dem 4,4-Liter-Achtzylinder kostet 95 300 Mark, es ist aber ein leichtes, ihn mit einigen Sonderausstattungen über die 100 000-Mark-Grenze zu treiben. Ein Wort noch zur Preispolitik von BMW: Natürlich ist der touring kein gewöhnlicher Kombi, aber daß man sich eine Dachreling mit 490 Mark extra bezahlen läßt, scheint uns zu weit zu gehen. Weitere Aufpreise: Niveauregulierung 1500 Mark (sie ist ab dem 528i Serie), Trennetz 350 Mark und in die Rückbank integrierte Kindersitze 500 Mark.

Wie fährt er sich nun, der neue große touring? Bei einer ersten kurzen Begegnung mit dem 525tds und dem 528i touring kommt bereits nach wenigen Kilometern Zweifel auf, ob man in der Limousine oder dem Kombi sitzt. Beide verfügen über nahezu identische Fahreigenschaften und Fahrleistungen im Vergleich zur Limousine. Nur einige Stichpunkte: ein straffes, aber komfortables Fahrwerk, ein auch beim Selbstzünder sehr niedriges Geräuschniveau auch bei hohen Autobahn-Tempi und die für BMW typische, klare Schaltung. Lediglich die Bremsen ließen bei einigen Turbodiesel-Gefährten leise Kritik aufkommen: Nicht, daß sie zu schwach erschienen, im Gegenteil. Sie verzögerten auch bei einem vorsichtigen Tritt auf das Bremspedal so plötzlich und nachhaltig, beinahe giftig, daß der Gedanke aufkam, hierbei handele es sich um die Antwort von BMW auf den brake assistant von Mercedes-Benz (ein elektronisches System, das im Notfall die maximale Bremskraft aufbaut). Beim Sechszylinder trat dieses Phänomen erstaunlicherweise nicht auf. Serienmäßig verfügen alle tourings über das Traktionskontrollsystem ASC+T, ab 528i ist auch eine Niveauregulierung mit Luftfederung an der Hinterachse serienmäßig.

Sicherheitstechnisch ist der 5er touring ganz auf der Höhe der Zeit: mit Fahrer- und Beifahrerairbag, Seitenairbags, und - in einigen Monaten lieferbar - speziellen Kopfairbags, die zusätzlichen Schutz bei einer Seitenkollission bieten.

Noch ein paar Worte zu den Motoren: Der Turbodiesel mit seiner Leistung von 105 kW (143 PS) ist ein sparsames Triebwerk, das seine Qualitäten erst bei mittleren Drehzahlen entfaltet. Trotz einer Überarbeitung läßt das Drehmoment bei niedrigen Touren zu wünschen übrig, etwa wenn bei 1500/min im dritten Gang beschleunigt werden soll. Das dieseltypische Nageln haben die Ingenieure dem Motor abgewohnt, und die Laufkultur braucht sich hinter einem Benziner kaum zu verstecken. Der 2,8-Liter, der übrigens das Kernmodell der touring-Flotte werden soll, kann alles noch ein bißchen besser. Er bietet Drehmoment in jeder Lebenslage und Fahrleistungen, die über jeden Zweifel erhaben sind - in Klammern die Werte für den Diesel: Leistung 142 kW/193 PS (105 kW/143 PS), Höchstgeschwindigkeit 229 km/h (210 km/h), Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 7,9 (10,7) Sekunden, Durchschnittsverbrauch nach EU-Zyklus 10,7 Liter Super bleifrei Benzin (8,3 Liter Diesel) auf 100 Kilometer.

Diese Zahlen geben wider, daß es sich bei den tourings um Autos handelt, die mehr können, als Güter zu transportieren. Wer einen BMW-Kombi kauft, der investiert etwas von seinem Lifestyle in die Kaufentscheidung. Und da Edel-Kombis zur Zeit ohnehin als sehr schick gelten, bedarf es keiner Propheterie, um den neuen tourings eine erfolgreiche Laufbahn vorauszusagen. Lieber ein bißchen Luxus, als nur Last.

Von Otto Fritscher

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