BMW 5er-Reihe:Eine geballte Ladung Hightech unter dem Blech

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Das Design haben die Münchner nur behutsam modifiziert / 523i (58 500 Mark) und 528i (65 000 Mark) eröffnen den Modellreigen

(SZ vom 23.09.1995) Wolfgang Reitzle, der für Forschung, Entwicklung und Einkauf zuständige Vorstand von BMW, hatte die Konkurrenz im Blick, als er eigentlich die Vorteile der neuen BMW 5er-Reihe ins rechte Licht rücken wollte: 'Wenn schon Doppelscheinwerfer innovativ sind, dann sind wir seit Jahren innovativ,' merkte er bissig zum Wirbel um die neue E-Klasse von Mercedes-Benz an. Denn während den Schwaben mit ihrem neuesten Modell ein Hingucker gelungen ist, haben die Münchner die vierte Generation ihrer erfolgreichen Fünfer-Reihe so behutsam modifiziert, daß sie manchem beim ersten Kontakt nicht sofort als neu auffällt. Reitzle nennt das 'Konzeptharmonie' und 'Familienidentität'. Dieser Familienähnlichkeit ist auf der letzten Samstagseite sogar die SZ auf den Leim gegangen, wo sie fälschlich einen Dreier statt eines Fünfers abgebildet hat. Auf jeden Fall haben die Münchner ihrer Mittelklasse eine geballte Portion Hightech unter dem Blechkleid spendiert.

Zwar ist der Bestseller aus München (bisher wurden weltweit 1,3 Millionen Exemplare verkauft) rund fünf Zentimeter in die Länge und das gleiche Maß in die Breite gegangen - das fällt aber kaum auf. Der Zuwachs kommt vor allem dem Innenraum zugute, während der Kofferraum mit einem Volumen von 460 Liter nicht außergewöhnlich üppig ausgefallen ist. Das Tankvolumen ist sogar von 80 auf 70 Liter geschrumpft; der Reichweite aber soll dies dank optimierter Motoren und des sehr guten Cw-Wertes von 0.28 keinen Abbruch tun.

Vier Modelle hat BMW vorläufig angekündigt - alles Sechszylinder. Den Auftakt machen Ende November der 523i und der 528i. Die wichtigsten Daten:

o 523i: 2,5-Liter-Sechszylindermotor, 125 kW (170 PS), Vmax 228 km/h, Null auf 100 km/h in 8,5 Sekunden, Drittelmix- Verbrauch 8,4 Liter bleifrei Super auf 100 Kilometer.

o 528i: 2,8-Liter-Sechszylindermotor, 142 kW (193 PS), Vmax 236 km/h, Null auf 100 km/h in 7,5 Sekunden, Drittelmix- Verbrauch 8,6 Liter bleifrei Super auf 100 Kilometer.

Bei ersten kurzen Fahrten zwischen Tausendblum und Nest erwiesen sich beide Varianten als harmonische Mittelklasse-Limousinen, die ihrem sportlichen Anspruch in nahezu jeder Lage gerecht werden. Besonders das völlig neue Fahrwerk aus Aluminium - das erste weltweit in einem Großserienauto - sorgt für einen hervorragenden Abroll- und Geräuschkomfort an Bord. Die Alu-Konstruktion bringt einen Gewichtsvorteil von 65 Kilogramm und trägt so der Regel Rechnung, daß möglichst geringe gefederte Massen viel Komfort schaffen. Allerdings kostet ein solches Fahrwerk in der Herstellung mehr als 500 Mark Aufpreis - die BMW aber nicht an die Kunden weitergibt. Der 523i kostet 58 500, der 528i 65 000 Mark. Das sind - ausstattungsbereinigt - in etwa die Preise der Vorgänger. In den ersten Monaten des nächsten Jahres werden dann der 520i (54 500 Mark) und der 525tds (57 000 Mark) folgen.

Zur Serienausstattung gehören zwei Airbags, ABS, Gurtstrammer und erstmals die Automatische Stabilitäts- und Traktionskontrolle ASC+T, die ein Durchdrehen der Räder und ein Ausbrechen des Hecks in den meisten Fällen verhindert. Weitere Fahrwerksnovität: Die Fünfer können als Sonderausstattung mit einer Luftfederung geordert werden, die bei Beladung ein stabiles Niveau garantiert. Allerdings handelt es sich dabei nicht um ein aktives Fahrwerk, das Wankbewegungen des Aufbaus verhindern kann. Im ersten Halbjahr 1996 werden alle Fünfer zudem mit Seitenairbags ausgerüstet sein. Und die letzte Aufrüstungsstufe in puncto Luftsack streben die Münchner für 1997 an: Dann sollen Kopfairbags (über den Vordertüren montiert) im Falle eines Falles speziell das Haupt des Fahrers oder der Fahrerin schützen.

Mit Hilfe der Aufpreisliste ist es ein Leichtes, die Preise in die Regionen eines Siebeners hinaufzutreiben. Wer will, kann sich Doppelverglasung, das Navigationssystem, TV an Bord, eine Lenkradheizung oder die Park-Distance-Control (laut Reitzle 'viel eleganter als Stäbchen' wie in der S-Klasse) gönnen. Zur Serienausstattung gehören hingegen die hervorragend ausgeformten Sitze und eine Stereoanlage. Besonders an ihr wird der behutsame Wandel deutlich: Das Cassettenteil ist extra unter einer Abdeckung angebracht. Somit - und nicht nur hier - sind einige Knöpfe vom Armaturenbrett verschwunden. Die Technik wird nicht mehr so augenfällig demonstriert.

Noch ein wenig warten - laut Reitzle 'drei bis vier Jahre' - muß man auf den ersten Benzin-Direkteinspritzmotor aus München, wie ihn Mitsubishi auf der IAA vorgestellt hat. Auch nach dieser Zeitspanne dürfte der neue Fünfer noch nicht alt aussehen.

Von Otto Fritscher

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