BMW 535d Limousine und Touring:Der Pferdestärken-Flüsterer

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BMWs neuer Diesel erweist sich als leise bis zur Selbstverleugnung, aber voller Tatendrang über das gesamte Drehzahlband.

Von Jörg Reichle

Wie sich die Zeiten ändern: Es ist noch gar nicht lange her, da musste man im Freundeskreis oder am Stammtisch schon gute Argumente suchen, wenn man seinen neuen Diesel begründen wollte. Heute ist es fast schon umgekehrt.

Wer einen Benziner kauft, muss sich heute fragen lassen, warum er sich nicht für einen Selbstzünder entschieden hat - schließlich ist er immer häufiger der attraktivere Motor: Drehmoment- und leistungsstark, dabei sparsam und nicht selten bereits annähernd so kultiviert wie ein guter Benziner.

Außerdem liefert der Literpreis des Treibstoffs ein regelmäßiges und schwer zu widerlegendes Argument pro Diesel. Und seit der Rußfilter auch bei uns auf dem Vormarsch ist, gehen am Ende selbst den konsequentesten Umweltfreunden so langsam die Contra-Argumente aus.

Gerade hat BMW ein weiteres spannendes Kapitel in der überraschend rasanten Erfolgsgeschichte des modernen Diesels aufgeschlagen. Der Variable Twin-Turbo-Motor, den man zum ersten Mal auf dem Genfer Salon im März gezeigt hatte, feiert jetzt im neuen 535d seine Premiere.

Ein Aufsehen erregendes Triebwerk. Die Bayern kombinierten dabei den Dreiliter-Reihensechszylinder mit einer zweistufigen Turboaufladung - ein bislang einmaliges Verfahren bei Dieselmotoren für Straßenfahrzeuge.

Der theoretische Vorteil dieser variablen, zweistufigen Aufladetechnik liegt auf der Hand: Das Zusammenwirken der beiden Turbos löst den klassischen "Zielkonflikt zwischen hohem Drehmoment bereits bei niedrigen Drehzahlen und maximaler Leistung bei hohen Drehzahlen", wie BMW verspricht.

Während der kleine Lader schnell anspricht und bereits bei niederen Drehzahlen hohen Ladedruck aufbaut, entfaltet der große Lader seine Wirkung bei höheren Drehzahlen: Er sorgt für stetigen Leistungszuwachs bis zur absoluten Obergrenze.

Schon die nackten Leistungsdaten beeindrucken: Der Motor erreicht seine maximale Leistung von 200 kW (272 PS) bei 4400 Umdrehungen. Noch wichtiger: Das höchste Drehmoment von 560 Nm erreicht er schon bei 2000/min und selbst bei lächerlichen 1500 Umdrehungen kann man sich auf 530 Nm verlassen.

Stolz verkündet BMW: "Damit verfügt er über das Leistungspotenzial aktueller Vierliter-V8-Dieselmotoren bei deutlich niedrigem Gewicht und günstigerem Kraftstoffverbrauch."

Tatsächlich: Der vom Werk angegebene Durchschnittsverbrauch von 8,0 Liter (Kombi-Modell Touring: 8,2 Liter) ist von den real erreichbaren Werten auf der Straße nicht weit entfernt.

Zwischen 8,5 und 10,2 Liter schafften wir je nach Fahrweise ohne Mühe, das sind Marken, die kaum über denen liegen, die die vorige (konventionelle) Generation des Dreiliter-Diesels mit seinerzeit noch 185 PS erzielte.

Und natürlich sind die Fahrleistungen deutlich besser: Von Null auf Tempo 100 beschleunigt der 535d in 6,5 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist wie üblich auf 250 km/h limitiert.

Dabei benimmt sich der neue Diesel vorbildlich kultiviert, dreht tatsächlich samtweich aus dem Drehzahlkeller bis ins helle Licht der Tempohatz.

Wobei man gut daran tut, den Tacho im Auge zu behalten, immer ist man mit diesem Motor schneller als man denkt, so leise bewältigt das Triebwerk in allen Drehzahlbereichen seine Arbeit.

Das hat natürlich seinen Preis: Mindestens 49.300 Euro kostet die Limousine, den Touring gibt es für 51.700 Euro - die für deutsche Premiummarken typische, ellenlange Aufpreisliste setzt logischerweise nach oben wenig Grenzen.

Wenigstens bekommt man dafür ab September einen der besten Diesel weltweit - mit Rußfilter übrigens.

© SZ vom 7.7.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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