Benzinpreise:"Die wirklichen Ölscheichs sitzen in Berlin"

Lesezeit: 2 min

Angesichts der Rekordpreise für Benzin mehren sich die Rufe nach Entlastungen für Autofahrer - und die Kritik an der Steuerpolitik.

Der Benzinpreisrekord von erstmals mehr als 1,50 Euro in Deutschland hat die Diskussion über Entlastungen der Autofahrer neu angefacht. Politiker aus der Union und der FDP sowie Automobilclubs fordern Steuererleichterungen und eine Erhöhung der Pendlerpauschale.

Die Preise steigen, Politiker und Automobilverbände fordern eine Entlastung der Autofahrer. (Foto: Foto: dpa)

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sprach sich in der Kölner Tageszeitung Express für einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Kraftstoffe aus. Die Regierung sei nicht für den Ölpreis am Weltmarkt haftbar zu machen, aber sie könne den Preisanstieg durch einen teilweisen Verzicht auf Steuern dämpfen.

"Kraftstoff gehört zum alltäglichen Bedarf in einer mobilen Gesellschaft, deshalb sollte der Mehrwertsteueranteil auf den ermäßigten Satz von sieben statt 19 Prozent gesenkt werden - wie bei anderen Grundbedarfsartikeln", sagte Niebel.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle forderte in der Frankfurter Rundschau zudem eine Streichung der Kfz-Steuer. Für zwei Drittel von jeder Tankstellenrechnung trage der Staat die Verantwortung, sagte er dem Blatt.

"Pendler nicht im Regen stehen lassen"

"Die wirklichen Ölscheichs sitzen in Berlin", sagte er. Neben der Ökosteuer gehöre die Kfz-Steuer abgeschafft; es reiche, wenn "allein der wirkliche Verbrauch" per Mineralölsteuer vom Fiskus angetastet werde.

CSU-Chef Erwin Huber erneuerte seine Forderung, die Kürzung der Pendlerpauschale wieder zurückzunehmen. "Wir dürfen die Pendler, die mit den steigenden Spritpreisen zu kämpfen haben, nicht im Regen stehen lassen", sagte er dem Express.

Der stellvertretende Unionsvorsitzende Hans-Peter Friedrich sagte in der Frankfurter Rundschau, die abermalige Benzinpreiserhöhung verschaffe "auch dem Finanzminister unvorhergesehene höhere Einnahmen". Die müsse er "an die Bürger zurückgeben am besten durch die Wiedereinführung der Pendlerpauschale in vollem Umfang".

Ähnlich äußerte sich auch Sven Janssen, Sprecher des Automobilclub von Deutschland (AvD): "Steigt der Benzinpreis, steigen auch die Mehrwertsteuereinnahmen, da sie immer 19 Prozent vom Endpreis ausmachen. Im Vergleich zu Anfang 2007 nimmt der Staat momentan gut drei Milliarden Euro mehr pro Jahr ein", sagte er in der Berliner Zeitung.

Dieses Geld müsse über eine flexible Senkung der Mineralölsteuer wieder zurückgegeben werden. "Da ist eine Spritpreissenkung von fünf bis sechs Cent drin", sagte Janssen. Auch die Pendlerpauschale müsse wieder ab dem ersten Kilometer gelten, forderte er.

"Der Staat kassiert"

Ulrich Klaus Becker, ADAC-Vizepräsident für Verkehr, forderte die Regierung auf, die Aussetzung der Ökosteuer auf die Tagesordnung zu nehmen und die Pendlerpauschale zu erhöhen. "Der Staat kassiert immer größere Summen an Steuergeldern vom Autofahrer, während Millionen von Menschen längst nicht mehr wissen, wovon sie die nächste Tankrechnung bezahlen sollen", kritisierte Becker im Express.

Kurz vor dem langen Pfingstwochenende durchbrach der Benzinpreis erstmals in Deutschland die Marke von 1,50 Euro je Liter. Nach Angaben aus der Mineralölwirtschaft in Hamburg waren für einen Liter Benzin im bundesweiten Durchschnitt an Markentankstellen 1,51 Euro zu bezahlen.

Auch der Dieselpreis erreichte mit 1,45 Euro je Liter einen neuen Höchststand. Als Grund für die Preissteigerungen nannten Mineralölkonzerne die hohen Notierungen am europäischen Markt für Ölprodukte in Rotterdam. Die Rohölpreise kletterten am Freitag an den internationalen Märkten erstmals über die 125-Dollar-Marke, zeitweilig sprang der US-Ölpreis sogar über 126 Dollar je Barrel (159 Liter), bevor er am Abend wieder leicht nachgab.

© AP/dpa/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: