Bentley Arnage T:Britisch brachial

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Es gibt wenig Schöneres, als mit einem 456-PS-Bentley unterwegs zu sein. Erst recht, wenn der Rest der Welt just dann Fußball schaut...

Andreas Schätzl

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5,4 x 1,93 x 1,52 Meter und 2.585 Kilogramm Leergewicht: Bentley Arnage T (Foto: Foto: Bentley)

...und das Verkehrsgewühl ein entspanntes Gleiten zulässt.

Aber daraus darf man jetzt keineswegs schließen, dass es sich mit dem neuen Arnage T nicht auch im automobilen Getümmel gut leben und fahren lässt. Ganz im Gegenteil: Das fast fünfeinhalb Meter lange und an die zwei Meter breite Gefährt lässt sich mit einer Leichtigkeit dirigieren, die an einen Golf oder 3er-BMW erinnert - welche aber keine zweikommasechs Tonnen Leergewicht auf die Waage bringen, so wie dieses Auto.

Salon

Eine Selbstverständlichkeit: das hochedle Rauchsalon-Ambiente im Inneren der viertürigen Limousine: Leder (laut Stefan Brungs, ManagingDirector Europe von Bentley & Rolls-Royce Motor Cars, von 16 Kuhhäuten, bei denen sogar Mückenstiche herausgeschnitten werden), hochglanzlackiertes und -poliertes Wurzelholz in sieben Furnierschichten, höchstwertige Bodenteppiche.

Wer es zeitgemäßer (kontinentaler?) liebt, kann auch auf Modelle mit Aluminiumbestückung an Armaturenbrett und Mittelkonsole zurückgreifen - beziehungsweise so etwas a priori ordern.

Nobody is...

Hat man sich hinter dem Volant platziert, stellt man zum einen fest, dass sich dieses zwar in der Höhe, nicht aber im Abstand vom Fahrer verstellen lässt.

Was umso bedauerlicher ist, als dass zum anderen das Gestühl - gleichwohl aus eigener Fertigung und zudem in nahezu allen Ebenen elektrisch verstellbar - ebenfalls keine ganz optimale Position ermöglicht: Die Sitzflächen sind ziemlich kurz geraten, und langbeinige Fahrer haben es nicht ganz leicht, ihre unteren Extremitäten gleichermaßen bequem wie funktional zu verstauen.

Da sieht es im Fond deutlich geräumiger aus. Ein Eindruck, der dem praktischen Versuch standhält und gleichzeitig einen Zwiespalt generiert: Ist das Auto mit seinen 456 PS / 335 kW aus einem 6,75 Liter großen Aluminium-V-8-Motor mit zwei Turboladern (die anderen aktuellen Bentleys haben nur einen) nun eine Fahrer-Maschine oder eine Chauffeurs-Angelegenheit?

Die Antwort ist einfach: beides. Aber wer als notorischer Fondpassagier Wert auf Trennscheiben nach vorne, komplettes Multimedia-Séparée und dergleichen Petitessen Wert legt, ist vielleicht mit einem Maybach besser bedient.

Da hängt der Hammer

Die Kraftentfaltung jedenfalls ist phänomenal: Die 875 Newtonmeter Drehmoment (bei 3.250 / min) werden von der herrlich spontanen Viergang-Automatik so effektiv auf den Boden gebracht wie kürzlich Mike Tyson von Lennox Lewis.

Auch dabei ist jene Leichtfüßigkeit zu spüren, die ein hervorstechendes Charakeristikum des Arnage T ist, welches auch in sehr flott gefahrenen Kurvenfolgen (ESP-unterstützt) oder im Stop-and-Go-Generve des Frankfurter Rings in München getreu mit von der Partie ist.

Das Fortkommen in diesem schnellen Salon wirkt irgendwie sehr britisch: lässig, unaufdringlich, elegant, aber bei Bedarf von Atem beraubender Brachialität.

Steife Angelegenheit

Das permanente Gefühl, gut aufgehoben zu sein in dem Gefährt, wird von der propagierten Sicherheitsausstattung faktisch unterstützt: Acht Airbags sind vorhanden, und die Verwindungssteifigkeit der Karosserie konnte gegenüber den normalen (!) Bentley-Modellen noch einmal um mehr als zehn Prozent erhöht werden - nachzuprüfen im CAD-Computer im Bentley-Ur-Werk im englischen Crewe.

Geschmackssache bei der Optik: Die Frontscheinwerfer befinden sich unter einer Glasabdeckung, die irgendwie nicht ganz standesgemäß wirkt. Aber da ist in zukünftigen Design-Elementen bereits an Abhilfe gedacht, wie Bentley-Chef-Designer Dirk van Braeckel versichert und dabei dezent auf den neuen Jubiläums-Bentley der Queen verweist.

Ja, also...

...der Bentley Arnage T 2002 ist eine Wucht. Andere Limousinen mögen noch perfekter, technisch avancierter oder zeitgemäßer (= leichter, sparsamer) sein: An den Charme dieses Gesamtkunstwerks kommen sie allesamt kaum heran. Auch nicht an den Preis: 263.000 Euro.

P. S.: Schiebedach kostet extra.

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