Bahn contra Flugzeug:Wachsende Konkurrenz

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Immer öfter überholt die Bahn auf bestimmten Strecken das Flugzeug. Allerdings nur, was die Fahrzeit betrifft - denn Fliegen ist ziemlich oft billiger.

Von Jens Flottau

Jean-Cyril Spinetta ist normalerweise ein ausnehmend freundlicher und geradezu höflicher Mann. Doch wenn der Chef der Fluggesellschaft Air France-KLM an die französische Staatsbahn SNCF und ihren Hochgeschwindigkeitszug TGV denkt und sich dann noch überlegt, mit wie viel Geld der Staat den Ausbau des Netzes fördert, dann platzt Spinetta der Kragen. Wenn eines Tages der Bahnverkehr liberalisiert sei, dann werde es eben Züge in Air-France-Farben geben, wettert er. Schließlich seien die TGV auch nur "Flugzeuge auf Schienen". So kann man das Problem natürlich auch betrachten, und die Sache mit der wachsenden Konkurrenz der Bahn für die Fluggesellschaften wäre gelöst.

Sauer wegen der Beihilfen für Frankreichs Staatsbahn: Air-France-KLM-Chef Jean-Cyril Spinetta. (Foto: Foto: afp)

Doch so einfach ist es nicht. Der Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes zwischen wichtigen europäischen Metropolen sorgt dafür, dass das Flugzeug in manchen Märkten nicht mehr konkurrenzfähig ist. Beispiel: die Reise von Frankfurt nach Paris. Wenn die SNCF im Juni die neue Strecke von Paris nach Straßburg für den Passagierverkehr freigibt, dauert die Tour nur noch drei Stunden und 45 Minuten von Stadtmitte zu Stadtmitte. Mit dem Flugzeug gibt es keine Zeitersparnis mehr: Eine halbe Stunde zum Flughafen, eine Stunde vor Abflug einchecken, eine Stunde und zehn Minuten Flug, zehn Minuten Rollen, eine Viertelstunde, bis das Gepäck da ist, eine Viertelstunde mit dem Shuttle-Bus zum Bahnhof und dann noch 45 Minuten mit dem Regionalexpress - unter vier Stunden ist das nicht zu schaffen.

Spinetta: "Ein TGV ist auch nur ein Flugzeug auf Schienen"

Die europäischen Bahnen greifen die Fluggesellschaften auf Strecken an, die besonders für die zahlungskräftigen Geschäftsreisenden interessant sind: Frankfurt - Paris, Köln - Paris, Paris - London (bald in zwei Stunden 15 Minuten), Brüssel - London (bald eine Stunde 51 Minuten), und hierzulande Frankfurt - Köln (69 Minuten). "Jedes Mal, wenn der TGV unter die Schwelle von drei Stunden kommt, gewinnt er gegenüber dem Flugzeug Marktanteile", sagt SNCF-Chefin Anne-Marie Idrac. Und Matthias Lieb, baden-württembergischer Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland, findet: "Es gibt keinen Grund mehr, zwischen Stuttgart und Paris zu fliegen." Die Bahn reklamiert für sich zudem eine geringere Umweltbelastung, was die Kollegen von den Fluglinien bestreiten.

Dabei sind die schnellen Verbindungen nicht die einzige gravierende Veränderung im Verhältnis Bahn-Flugzeug. Je nach Buchungslage ist das Flugzeug billiger geworden als der Zug. Die Lufthansa etwa bietet Kontingente für 99 Euro innerhalb Europas an - ungefähr so viel kostet auch die einfache Bahnfahrt nach Paris. Kurzfristig buchende Geschäftsreisende haben diesen Vorteil meist nicht. Allerdings ergänzen sich Bahn und Flugzeug manchmal sogar gut: So ist der Frankfurter Flughafen über seinen Fernbahnhof prima ans ICE-Netz angeschlossen.

© SZ vom 10.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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