Autodesign:Die Zeichen der Zeit

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Designer treffen sich in wenigen Tagen in Los Angeles zu einem Wettbewerb der besten Ideen, Projekte und Fahrzeuge. Wir stellen die abgefahrensten Arbeiten vor.

Georg Kacher

Los Angeles ist keine Stadt im herkömmlichen Sinn, sondern ein Geflecht von Siedlungen, in dem sich unterschiedliche Kulturkreise und Besitzstände mehr oder weniger streng voneinander abgrenzen. Als Bindeglied funktioniert ein Raster aus Teer und Beton, auf dem Mobilität nicht nur notwendiges Übel ist, sondern auch Lebensform - mit dem Auto als integralem Teil vom Ich.

Geht ab wie eine Rakete: Der Kia Sidewinder ist vor allem für Drift-Wettbewerbe gedacht. (Foto: Fotos: LA Autoshow)

"An LA Adventure"

Weil in und um Los Angeles mehr Automobil-Designstudios angesiedelt sind, als irgendwo anders auf der Welt, und Design gleichzeitig seit mehreren Jahren Schwerpunkt-Thema der Los Angeles Autoshow ist, drängte sich ein Wettbewerb der besten Ideen, Projekte und Fahrzeuge geradezu auf.

Das Motto für 2006 lautet "An LA Adventure", ein Abenteuer in Los Angeles. Mit von der Partie sind sechs Studios, die Entwürfe für zehn verschiedene Marken ablieferten. Wie stellen schon heute jene Arbeiten vor, aus denen am 5. Januar der Sieger ermittelt wird.

Audi Nero: der König der Nacht. Wenn Zorro eines Tages von vier Hufen auf vier Räder umsteigt, dann wäre dies der passende Dienstwagen: Dunkel und düster schlägt der Nero einen Bogen von den klassischen Auto-Union-Monoposti zum modernen Sportcoupé.

Die Silhouette lebt nicht nur von den dynamischen Proportionen, sondern auch von ausgeklügelten Details wie den verkleideten Radhäusern, der transparenten Motorhaube und einem aggressiven Licht-Design.

GMC PAD: das Apartment auf Rädern. Wer dieses Fahrzeug besitzt, pfeift auf die Pendlerpauschale. Denn der PAD perfektioniert das My-Car-is-My-Castle-Idealbild, indem er auf sechs Rädern eine Ein-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad realisiert.

Für Mobilität und Energieversorgung sorgt ein Diesel-Hybridantrieb. Unterschiedliche Module befriedigen alle möglichen Ansprüche - vom rollenden Multi-Media-Studio bis zum Loft mit Glasveranda ist alles drin.

Honda LA: rollendes Film-Festival. Willkommen im virtuellen Designstudio von Honda. Hier entstehen Ideen - auf die Umsetzung ins 3D-Format wird allerdings verzichtet.

Zu verrückt? Entscheiden Sie selbst: eine Jacuzzi-Wanne auf Rädern, ein Kleinbus mit Tretantrieb, ein Mini-Panzer für unverbesserliche Stadtguerillas, ein Spinnenfüßler als Brückenersatz, ein Stelzenfahrzeug zum Über-Holen, ein Hochleistungs-Elektroauto und ein Luftkissenflügler als ultimative Waffe gegen Verkehrsstaus aller Art.

Hyundai Greenspeed Gator: King Kong meets Brennstoffzelle. Das zweisitzige Reptil sieht aus wie ein futuristischer Dragster. Vor der Fahrgastzelle sind die Brennstoffzellen untergebracht, direkt hinter dem Sitz treiben zwei überdimensionierte Elektromotoren ihr Unwesen.

König der Nacht: Der schwarz-rote Audi Nero (Foto: N/A)

Das geringe Gewicht, die ausgefeilte Aerodynamik und der umweltfreundliche Antrieb sollen dem Gator im Tempo-verrückten Kalifornien eine Sonderstellung garantieren. Für kurvenreiche Strecken scheint der lange Greenspeed allerdings weniger geeignet.

Kia Sidewinder: driften als Lebenszweck. Die Japaner haben damit angefangen, die Engländer haben nachgezogen, und jetzt sind auch die Amerikaner ganz scharf auf querfahren. Jedes Wochenende finden auf zweckentfremdeten Parkplätzen Drift-Wettbewerbe statt.

Für diese Subkultur hat Kia den Sidewinder entwickelt, in dessen Flugzeugheck eine Gasturbine sitzt. Das heulende Monstrum versorgt die beiden Radnabenmotoren mit genug Energie, um den Hinterreifen schon im Stand die Gummis von der Karkasse zu pellen.

Scion Exile: die erschwingliche Allzweckwaffe. Scion ist die Trendmarke von Toyota, der jugendlich-avantgardistische Gegenpol zu Lexus. Der Exile überzeugt durch sein minimalistisches Konzept und seine Realitätsnähe. Austauschbare Module machen den Zweisitzer geeignet für unterschiedliche Einsatzzwecke.

Das kantige Mittelmotorauto funktioniert je nach Bedarf als Pisten-Bulli, Beach-Buggy und City-Coupé. Ein Auto wie gemacht für LA, wo man an ein und demselben Tag Ski fahren, surfen und cruisen kann.

Mitsubishi Roadster Konzept: ein Sportwagen für die City. Man weiß bei diesem Gerät zwar nie so genau, wo vorne ist und wo hinten. Aber dafür überrascht uns der MRK mit einer cleveren Dachlösung und mit einem gut versteckten Schwiegermuttersitz.

Das Japan-Goggo aus LA besitzt vier elektrisch angetriebene Radnabenmotoren, die 280PS mobilisieren - da könnte man auf den 80 PS starken Verbrennungsmotor, der mittschiffs eingebaut ist, beinahe verzichten. Das Credo des MRK lautet: minimaler Verbrauch in Verbindung mit maximalem Fahrspaß.

Mercedes-Benz Mojave Runner: der Wüstenfuchs. Rommel hätte seine Freude an diesem Expeditionsmobil gehabt, mit dem Mercedes das Umfeld von LA erschließen möchte. Die Exoskeleton-Karosserie besteht aus Kohlefaser und einem Alu-Rohrrahmen, der unter Druck steht, um diverse Werkzeuge betreiben zu können.

Der Gas-Elektro-Hybridantrieb wird durch eine mit Wasserstoff gefütterte Brennstoffzelle unterstützt. Weitere Besonderheiten sind ein Sandsturm-Radar und ein Reifenprofil, das sich automatisch dem Gelände anpasst.

Maybach California Gourmet Tourer: Dreirad für Genießer. Auf dieses Auto hat die Welt schon lange gewartet - Maybach kreiert eine spezielle Form von Essen auf Rädern. Fix eingebaut sind Kühlschrank, Küche mit Mikrowelle und Espressomaschine, Weinkeller, Picknicktisch und Biotonne.

Gekocht wird im Stand, gegessen wird auf Wunsch während der Fahrt und getrunken wird, bis man dieses seltsame Gefährt doppelt sieht. Geht nicht, gibt's nicht: Der GPS-gesteuerte Autopilot kutschiert als unsichtbarer Chauffeur die Schlemmerpartie sicher nach Hause.

Smart Rescue Vehicle: Ein Auto für den schlimmsten aller Fälle. Pamela Anderson wird sich umstellen müssen, denn das Smart Rescue Vehicle dürfte nicht nur die nächste Baywatch-Staffel revolutionieren, sondern auch die Strände rund um LA. Der viersitzige Crossblade-Verschnitt ist eine witzige Mischung aus Jetski, Amphicar und funktionsoptimiertem Strand-Buggy.

Neben dem schwachen 0,8-Liter-Motörchen besitzt das vierrädrige Rettungsboot einen Pumpe-Düse-Antrieb für Einsätze im nassen Element - Lifeguard, bitte kommen!

© SZ vom 31.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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