Audi A8 Langversion:Fahren oder fahren lassen

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Die Basisversion der Ingolstädter Luxuslimousine kostet 146 500 Mark - es können aber auch 200 000 werden

(SZ vom 30.10.1999) Zehn Jahre oder länger hat es gedauert, bis die Oberklasse-Fahrzeuge von Audi in einem Atemzug mit den Nobelkarossen von Mercedes-Benz und BMW genannt werden - und dennoch waren die Ingolstädter mit ihrem Renommee noch nicht ganz zufrieden. Denn als Sahnehäubchen auf die Modellpalette fehlte noch eine Langversion des A8 - ein Auto für diejenigen, die nicht nur gerne selbst fahren, sondern sich auch fahren lassen.

Wer von Standes wegen einen Chauffeur hat - oder sich einen leisten kann -, der liebt normalerweise nicht nur das üppige Platzangebot im Fond einer verlängerten Limousine, sondern auch sonst allerlei Luxus. Und hiermit können die Ingolstädter dienen, wie sich bei einer ersten, kurzen Fahrt mit dem neuen Audi A8 lang herausstellte.

Nähert man sich dem Luxusgeschöpf, fällt zuerst auf, dass einem eigentlich nichts auffällt. Den Längenzuwachs von 13 Zentimetern auf 5,16 Meter haben die Designer sehr gut kaschiert, das Auto wirkt weder protzig noch unziemlich gestreckt. Die beinahe coupéhafte Silhouette des A8 ist erhalten geblieben. Das Größenwachstum geht auf die verbreiterten Fondtüren zurück, die den Einstieg gegenüber der normalen Limousine nochmals erleichtern.

Am liebsten rechts hinten

Im Fond angekommen, umhüllt der Geruch edlen Leders den Passagier. Er kann die Rückbank entweder mit einem oder zwei Kollegen teilen - je nachdem, ob die normale Dreier-Rückbank oder die aufpreispflichtige Einzelsitzanlage eingebaut worden ist. Bei diesen zwei Einzelsitzen kann sogar die Neigung der Lehne verstellt werden, und von hinten aus lässt sich auch der rechte Vordersitz elektrisch nach vorne dirigieren, bis die optimale Beinfreiheit erreicht ist. Denn am liebsten sitzen Passagiere, die nicht selbst das Steuerrad in die Hand nehmen wollen, hinten rechts.

Auch Zwei-Meter-Riesen haben kaum Probleme mit den Platzverhältnissen im Fond, nur mit der Kopffreiheit wird es dann ein bisschen eng. Die Beine hingegen können bequem ausgestreckt werden, um das Fernsehprogramm auf dem am Ende des Mitteltunnels angeordneten Bildschirm in bequemer Haltung genießen zu können.

Womit wir bei den Extras wären. Denn kaum eine A8-Langversion wird in der ohnehin schon reichhaltig konfigurierten Grundausstattung gekauft werden. Ein Fernseher sollte schon an Bord sein, um immer über die aktuellsten Aktienkurse informiert zu sein. Wenn man gerade telefoniert, kann der in die Armlehne zwischen den beiden Einzelsitzen integrierte Videorekorder seine Dienste anbieten, damit man keine wichtigen News verpasst. Und mit dem Büro bleibt man nicht nur mittels Telefon, sondern auch mit dem ebenfalls in der Armlehne versteckten Faxgerät in Verbindung.

Sollte man sich einmal ein Päuschen gönnen wollen, reicht ein Griff in die Mitte der Rücksitzlehne, wo sich ein kleiner Kühlschrank und ein Fach für Gläser befinden. Wenn die Arbeit dann wieder ruft, kann - elektrisch natürlich - ein edler Holztisch ausgeklappt werden, der in die Rückenlehne des Vordersitzes eingebaut ist.

Montiert werden diese Sonderausstattungen von der auf individuelle Wünsche spezialisierten quattro-GmbH. Klar, dass dies ein paar Mark extra kostet und der Grundpreis von 146 500 Mark schnell in Richtung 200 000-Mark-Grenze marschieren kann. Doch dafür erwartet den Besitzer ein Automobil, das perfekt auf seine Wünsche und Bedürfnisse angepasst ist.

Die besten Plätze befinden sich beim A8 unserer Erfahrung nach also im Fond. Doch laut Audi verspüren viele Chefs besonders am Wochenende den Drang, das Volant selbst zu dirigieren - so wie sie dies wochentags in ihrer Firma gewohnt sind. Auch für Selbstfahrer hat der A8 lang durchaus seine Reize: Da wäre zunächst einmal das Kraftpaket unter der Motorhaube, das 4,2-Liter-V8-Aggregat. Mit seinen 228 kW (310 PS) ist es ein souveräner Begleiter in jeder Lebens- und Straßenlage. Die Kraft wird unaufdringlich, aber doch mit dem nötigen Nachdruck, auf die vier angetriebenen Räder weitergeleitet. Das Fahrwerk kommt mit der angebotenen Leistung gut zurecht: Es ist ausreichend straff, aber dennoch komfortabel genug. Vor allem auf der Autobahn spielt der A8 seine Qualitäten als perfekter Gleiter aus.

Die Lenkung könnte noch eine Spur direkter sein, das ist aber der einzige Kritikpunkt am Fahrverhalten. Auch bei hohen Tempi bleibt die Geräuschkulisse angenehm niedrig, wobei sich subjektiv der Eindruck einstellt, dass in punkto Geräuschkomfort die automobilen Artgenossen aus Stuttgart und München noch eine Spur besser abgestimmt sind.

275 Exemplare haben die Ingolstädter von der verlängerten Vorgängerversion verkauft. Beim neuen A8 lang dürfte der Anteil an der A8-Baureihe in Deutschland bei etwa zehn Prozent liegen. Alles in allem ist die Langversion aus Ingolstadt eine echte Alternative zu den Luxuslimousinen mit dem Stern oder der Niere - so bleibt den Chefs wieder einmal die Entscheidungsfreiheit.

Von Otto Fritscher

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