Audi A 8 2. 5 TDI:In neuen Dimensionen

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Mercedes-Benz arbeitet an einem V8-Motor mit Common-Rail-Technik und Direkteinspritzung

(SZ vom 01.10.1997) Als Arbeitstiere begannen sie ihre Karriere: Der Antrieb von Lastwagen war lange Zeit die Domäne von Dieselmotoren, da die Selbstzünder - salopp gesagt - die besten Futterverwerter sind. Sie gehen am sparsamsten mit dem Kraftstoff um, weil ihr Wirkungsgrad im Vergleich zu Ottomotoren höher ist. Die Fähigkeit, mehr Leistung aus weniger Kraftstoff zu erzielen, mußte aber mit einer ruppigen Laufkultur bezahlt werden. Doch die Ingenieure ruhten solange nicht, bis sich Dieselmotoren auch bei modernen Pkw durchzusetzen begannen. So liegt der Selbstzünderanteil in Deutschland bei rund 20 Prozent, in Frankreich und Spanien ist er jedoch wesentlich höher.

Nahezu jeder Hersteller, mit Ausnahme von Porsche, hat bereits entsprechende Motoren in seiner Palette, die bevorzugt in Autos der Kompakt- und Mittelklasse eingebaut werden. Erst vor wenigen Jahren wagten sich die Dieselmotoren in die automobile Oberklasse vor, zuerst bei Mercedes-Benz. Zunächst für den amerikanischen Markt, dann auch für Europa, wurde in die S-Klasse ein 3,5-Liter-Turbodiesel implantiert, der inzwischen durch einen 3,0-Liter-TD ersetzt wurde. BMW zog nach, indem für den Siebener der Turbodiesel aus dem Fünfer aus dem Regal geholt wurde.

Doch eigentlich haben weniger die Stuttgarter und Münchner, sondern viel mehr die Ingolstädter Anteil daran, daß der Dieselmotor auch in der Luxusklasse salonfähig geworden ist. Mit Hilfe der Technik der Direkteinspritzung schaffte es Audi, den dieseltypischen Vorzug der Sparsamkeit mit einer Kultiviertheit zu kombinieren, die an Benzinmotoren erinnert. Ein schönes Beispiel dafür ist der A8 2. 5 TDI, dessen 110 kW (150 PS) starker V6-Motor exzellente Fahrleistungen erlaubt, aber im Alltagsverkehr trotzdem bei zwischendurch forcierter Fahrweise auf der Autobahn bei dem uns zur Verfügung stehenden Wagen nur 8,1 Liter auf 100 Kilometer verbrauchte.

Mehr Hubraum, mehr Zylinder

Der neueste Dreh bei Dieselmotoren ist die Common-Rail-Technik, bei der die Zylinder über eine gemeinsame Leitung mit dem Kraftstoff versorgt werden. Das erlaubt zum einen noch niedrigere Verbrauchswerte und gleichzeitig eine höhere Leistungsausbeute, die sich vor allem in einem noch bulligeren Verlauf des Drehmoments niederschlägt.

Leistungskräftige Motoren sind gerade in der Oberklasse gefragt - und so werden in den nächsten ein oder zwei Jahren weitere Luxus-Limousinen auftauchen, unter deren Motorhauben großvolumige Selbstzünder stecken. Dies soll aber nur noch am Typenschild, aber nicht mit den Ohren feststellbar sein. Mercedes-Benz und BMW haben schon entsprechende Kombinationen von Selbstzünder und Nobelkarosse angekündigt. Während bei BMW bisher erst die Eckdaten bekannt sind (3,9 Liter Hubraum, etwa 170 kW oder 231 PS), stand das Mercedes-Pendant schon zu ersten Testfahrten bereit.

Die Daimler-Ingenieure haben den Motor in die Karosserie der E-Klasse verpflanzt, wo er den Motorraum bis auf das letzte Eck ausfüllt. Die acht Zylinder sind in einem Winkel von 60 Grad angeordnet, wobei eine Ausgleichswelle für mehr Komfort sorgen soll. Aus den vier Litern Hubraum werden 175 kW (238 PS) Leistung geschöpft - genug, um auch der neuen S-Klasse, die im nächsten Spätsommer präsentiert wird, ausreichend Leben einzuhauchen.

Noch beeindruckender als die PS-Leistung ist an solch großvolumigen Dieselaggregaten die Art und Weise, wie sie ihre Leistung entfalten - die Kraft kommt aus dem Drehzahlkeller. Mercedes-Benz nennt ein Drehmoment von 560 Newtonmeter für den V8, das bereits bei 2200/min anliegt. 550 Nm stehen schon bei einer Drehzahl von 1800/min an aufwärts zur Verfügung. Auf der Autobahn und auf der Landstraße unterwegs, bedeutet dies, daß Anstiege und Berge bei jedem Tempo praktisch nicht existieren. Von der Papierform her liegt der V8-Diesel leistungsmäßig zwischen den Benzinmotoren mit einem Hubraum von 3,2 und 4,3 Liter. Subjektiv wirkt das neue Aggregat, das soeben aus der Vorentwicklung entlassen wurde und nun zur Serienreife getrimmt werden soll, im Vortrieb ungemein kräftig, wenngleich es eine andere Charakteristik aufweist als die Ottomotoren. Bei ihnen setzt bei einer Drehzahl oberhalb von 4000/min nochmals ein kräftiger Leistungssschub ein, während der V8-CDI (Common Rail Direct Injection) über das ganze Drehzahlband mit der gleichen, beeindruckend großen Intensität zu Werke geht.

Deutlich hält sich der CDI (noch ein neues Kürzel, an das wir uns gewöhnen müssen) beim Verbrauch zurück: Als Zielwert nennt Mercedes-Benz acht Liter nach dem neuen Fahrzyklus - nach Aussagen von Technikern werden zur Zeit bei Versuchsfahrten Werte um die neun Liter erreicht. Wie sich bei einer ersten Fahrt herausstellte, ist aber auch das Akustikverhalten noch verbesserungsfähig: Die beiden Turbolader fallen durch ein leises Pfeifen auf, was ihnen bis zum Serienanlauf des CDI aber noch abgewöhnt werden soll. Zwangsbeatmet wird der V8 von zwei Turboladern mit Ladeluftkühlung und variabler Turbinengeometrie. Diese Technik, die auch Audi und BMW verwenden, beinhaltet schlicht gesagt, daß die Schaufeln des Turboladers in ihrem Winkel verändert werden können. Das ergibt ein bessseres Ansprechverhalten. Aus diesem Grund verwenden sowohl die Stuttgarter als auch die Münchner kleinere zwei Turbolader, die für die Versorgung jeweils einer Zylinderbank zuständig sind. Bis ein großer Lader (man kann ihn sich als eine Art Turbine vorstellen) auf die nötige Drehzahl käme, entstünde das umkomfortable Turboloch - und die Leistung würde plötzlich mit einem unangenehmen Schub aufgebaut.

Der Audi - eine Spur dezenter

Gut verträgt sich sowohl im Versuchsfahrzeug der E-Klassse als auch im serienmäßigen A8 das Geräuschniveau der Dieselmotoren mit dem Anspruch an Ruhe im Innenraum. Der V6 von Audi ist ein Spur dezenter als der CDI von Mercedes, wobei man fairerweise anmerken muß, daß Audi im A8 ein ganzes Paket von Sekundärmaßnahmen ergriffen hat, um das Nageln dahin zu verbannen, wo es hingehört: in den Motorraum. Es wird zum Beispiel reichlich Dämmaterial um das Aggregat herum eingesetzt, das im Versuchsfahrzeug der E-Klasse fehlte. Bei BMW, versichert Pressesprecher Rudi Probst, werde der künftige große Diesel "für einen Laien akustisch nicht von einem Benzinmotor zu unterscheiden sein. " Die Münchner haben sich für eine V-Bauweise im 90-Grad-Winkel entschieden. Ihr 3,9-Liter-V8 soll beim Drehmoment auf dem Niveau von MB liegen und ebenfalls mit durchschnittlich rund acht Litern Diesel auskommen.

So vernünftig Dieselmotoren vom wirtschaftlichen Standpunkt her sein mögen - manche Autofahrer schrecken von einem Umstieg vor allem aus Umweltgründen zurück. So haben Dieselmotoren noch immer den Ruf, nicht besonders umweltverträglich zu sein - Stichwort Partikelemissionen. Sowohl bei BMW als auch bei MB wird an einem Denox-Katalysator gearbeitet. Dieser Abgasreiniger benötigt für die Umwandlung der Stickoxide ein Reduktionsmittel - etwa Kohlenwasserstoffe, die vom CDI-Motor erzeugt werden. Die Daimler-Ingenieure untersuchen zur Zeit die sogenannte Sekundär-Einspritzung, bei der sehr kleine Kraftstoffmengen unmittelbar vor den Katalysator eingespritzt werden. Menge und Zeitpunkt dieser Nacheinspritzung müssen exakt auf die jeweiligen Betriebsbedingungen angepaßt sein. Das stellt wiederum besondere Anforderungen an die Edelmetallbeschichtung des Kats - es scheint eine Kombination aus Platin und Kupfer sinnvoll zu sein. Bis die großen Diesel also wirklich zu kaufen sind, wird sich wohl noch einige tun.

Von Otto Fritscher

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