Airbus zum Nordpol:Feier und Eis

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Am 1. Mai fliegt erstmals ein Airbus von Düsseldorf zum nördlichsten Punkt der Welt. Das klingt spektaktulärer, als es ist. Für Mannschaft und Maschine ist der Flug keine Herausforderung.

Andreas Spaeth

Es war am 9. Mai 1926, vor fast genau 81 Jahren, als der Nordpol erstmals per Flugzeug erreicht wurde. Der Pionier war der amerikanische Admiral Richard E. Byrd, der gemeinsam mit seinem Piloten Floyd Bennett von Spitzbergen aus mit einer dreimotorigen Fokker in einem 15-stündigen Flug in den Luftraum über dem nördlichsten Punkt der Erde vorgedrungen war. "Um 9.02 Uhr nach Greenwicher Zeit ergab das Navigations-Besteck, dass wir uns über dem Pol befanden", notierte Byrd, "der Traum meines Lebens hatte sich erfüllt."

Allerdings befand sich Byrd im Wettlauf gegen den Italiener Umberto Nobile, den Amerikaner Lincoln Ellsworth und den Norweger Roald Amundsen, die mit ihrem Luftschiff Norge ebenfalls von Spitzbergen kommend auf Kurs zum Nordpol waren. Auch sie waren erfolgreich, allerdings erst drei Tage später, am 12. Mai 1926. Erstmals gelang es nachzuweisen, dass es im Gegensatz zur Vermutung damaliger Geographen am Nordpol kein Festland gibt, sondern nur gefrorenes Meerwasser.

"Keine Herausforderung"

"Solche Pioniertaten sind von Josef Moser am kommenden Dienstag nicht zu erwarten, trotzdem wird auch er einen Pionierflug absolvieren. Der 54-jährige Flugkapitän mit 25 Jahren Berufserfahrung ist oberster Pilot beim Düsseldorfer Ferienflieger LTU und wird einen Airbus A330-200 mit rund 300 Menschen an Bord ebenfalls zum Nordpol fliegen.

Fliegerisch ist das keine Herausforderung mehr", gesteht Moser, aber trotzdem hat es einen solchen Flug noch nie gegeben. Seit Jahrzehnten führen Anbieter aus Australien und Neuseeland Sightseeing-Rundflüge über der Antarktis durch, ein entsprechendes Pendant ins Nordpolargebiet gab es bisher nicht.

Jetzt haben sich eine Handvoll deutscher Luftfahrt-Enthusiasten, die bereits bisher einen Spezialveranstalter für Reisen von Luftfahrt-Fans betrieben, zusammengetan und die Deutsche Polarflug in Münster gegründet. Am 1. Mai findet der Premierenflug von Düsseldorf zum Pol und zurück statt, "die Resonanz war hervorragend, wir haben nur noch wenige Restplätze übrig und sogar Kunden, die extra aus den USA anreisen", sagt Mitbetreiber Manuel Kliese.

Tagestrip von Düsseldorf

Selbst die aktuelle Diskussion um die Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima konnten der Begeisterung keinen Dämpfer verpassen, allerdings zahlen die Passagiere auch eine Ausgleichsabgabe von 50 Euro zur CO2-Kompensation als Teil des Flugpreises, der je nach Sitzplatzkategorie zwischen 555 und 2499 Euro liegt. Dafür bietet der Tagestrip von Düsseldorf Aussichten auf vielfältige, spektakuläre Polarlandschaften.

"Wir fliegen zunächst zur Inselgruppe Spitzbergen und machen dort einen simulierten Anflug auf die Hauptstadt Longyearbyen, werden aber nicht aufsetzen", erklärt Josef Moser, "wir sind dabei voll unter Radarführung und begehen kein Harakiri", betont er. Ein Vertreter des Luftfahrt-Bundesamts (LBA) wird an Bord die Abläufe überwachen. Anschließend steht über Nord-Spitzbergen ein Live-Telefoninterview mit dem Leiter der deutschen Polarforschungsstation Koldewey in Ny Aalesund auf dem Programm, der nördlichsten bewohnten Siedlung der Welt.

Am Nordpol selbst wird nicht viel zu sehen sein, auch wenn in einer Höhe von nur 1500 Meter einige Schleifen gezogen werden - schließlich gibt es hier weit und breit nur flaches Eis. Spektakulärer verspricht dann der Rückflug über Westgrönland zu werden, wo in der Disko-Bucht, Geburtsstätte der größten Eisberge der Arktis, einige weitere Schleifen in einer Mindest-Höhe von 1000 Meter geplant sind.

"Ich gehe davon aus, dass wir zwischen zwölfeinhalb und 13 Stunden fliegen und dabei rund 11.000 Kilometer zurücklegen werden", sagt Captain Moser. Das bringt weder das Flugzeug noch die Besatzung an ihre Grenzen, obwohl nur zwei Piloten an Bord sein werden: "Sowohl unsere maximale Dienstzeit als auch die theoretische maximale Reichweite des Flugzeugs betragen 14 Stunden, und wir werden etwa 95 Tonnen Kerosin tanken, weniger als die Tankkapazität von 110 Tonnen."

Spätestens am Nordpol spielt die Navigation verrückt

Auch die Navigation über der Polregion ist heute nicht mehr so kompliziert wie zu Zeiten der Kolbenmotoren - die skandinavische Fluggesellschaft SAS führte ab 1952 Linienflüge über den Nordpol ein, die viermotorigen DC-6 allerdings landeten in Westgrönland zwischen. "Damals hatten die natürlich extra einen Navigator an Bord", weiß Josef Moser.

Auch heute noch müssen die Piloten für Flüge in dieser Region speziell qualifiziert sein - "wir haben uns Schulungsunterlagen über Flüge auf Polrouten von Thai Airways und Singapore Airlines besorgt", so Moser. Entscheidend ist, dass die Bordcomputer und der Autopilot entsprechend programmiert sind, "denn spätestens am geographischen Nordpol spielt die Navigation verrückt", so Moser, "aber heute werden solche Störfaktoren vom Navigations-Computer weggerechnet."

Bereits vor dem Start in Düsseldorf wird der Nordpol als Wegpunkt programmiert und sogar das geplante Holding dort, die zu fliegenden Schleifen, sind im Computer gespeichert. "Der Autopilot fliegt uns auch zum Nordpol, aber das war bei der DC-6 oder der Super Connie im Prinzip auch schon so", weiß Moser. Damals allerdings war es nicht so einfach, die Position derart exakt zu bestimmen wie heute dank GPS-Satellitennavigation. Und das ist gut so, denn sonst wäre die exakte Pol-Position von 90 Grad Nord nur schwer auszumachen.

© SZ vom 28. - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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