60 Jahre Land Rover:Der Überall-Radler

Lesezeit: 3 min

Go anywhere, do everything: Unter diesem Motto schlägt sich seit 60 Jahren der Land Rover durch Feld, Wald, Flur und Busch. Eine Zeitreise vom rustikalen Ur-Landy bis zum LRX mit Hybrid-Technologie.

Von Sebastian Viehmann

1948 ahnen die Briten nicht, dass ihnen ein großes Jahrzehnt bevorsteht. Ein Jahrzehnt, in dem Elizabeth II. neue Königin wird, die NATO das freie Europa zusammenschweißt und sich John Lennon der Schülerband von Paul McCartney anschließt. 1948 plagen viele Briten ganz andere Probleme, zum Beispiel dieses: Wie erreiche ich auch noch den letzten Winkel meiner Farm, obwohl der verflixte Regen mal wieder alles in eine Schlammwüste verwandelt hat?

Englands Coast Guard übernimmt eine ganze Flotte von Defendern - mit Grobstollern! (Foto: Foto: Land Rover)

Einfache und unverwüstliche Technik

Etwa zu dieser Zeit kurvt auch Maurice Fernand Cary Wilks, seines Zeichens Chefingenieur bei Rover, mit einem Willys Jeep auf seinem Landgut herum. Da kommt ihm die zündende Idee: Warum sollte sich solch ein Allzweckfahrzeug nicht auch auf dem britischen Markt verkaufen?

Wilks schwingt sich ans Reißbrett - und der erste Land Rover feiert noch 1948 seine Premiere auf der Automesse in Amsterdam. Den Motor mit 1,6 Litern Hubraum und 50 Pferdestärken mopst sich Wilks aus dem Rover-Regal. Die Karosserie besteht aus Aluminium, das zwar teurer, aber leichter zu bearbeiten ist als Stahl. Darüber hinaus ist es korrosionsbeständig, der Allradantrieb mit Untersetzung ist einfacher Natur, aber sehr effizient.

Die Technik des ersten "Landy" wiederum ist so einfach und unverwüstlich, dass sie jeder Dorfschmied nach fünf Minuten versteht und man selbst im afrikanischen Busch mit ein bisschen Werkzeug, etwas Muskelkraft und hungrigen Löwen als Motivationshilfe im Rücken einen defekten Landy wieder flott kriegt.

60 Jahre Land Rover (1)
:Vom rustikalen Ur-Landy bis zum LRX

Seit 60 Jahren im Gelände unterwegs: die Allradler des britischen Herstellers Land Rover.

Schon 1950 wird der Land Rover in 70 Länder exportiert. Neue Varianten folgen - zum Beispiel ab 1954 ein Viertürer mit festem Dach. Bis heute zählt ein Land Rover zu den langlebigsten Offroadern, die es gibt. Der Autohersteller behauptet gar, dass mehr als zwei Drittel aller jemals gebauten Fahrzeuge noch irgendwo auf der Welt im Einsatz seien.

Keine Seltenheit: Land Rover-Sonderanfertigungen mit Ketten (Foto: Foto: Land Rover)

Auch der große Range Rover ist nach wie vor ein vollwertiger Offroader

Oft genug sind diese Einsätze kein Privatvergnügen. Zahllose Land Rover wurden ans Militär ausgeliefert. 1954 erhielt das Rote Kreuz seinen ersten Land Rover. Auch bei Feuerwehren, Polizei oder Bergrettern war und ist der Wagen im Dauereinsatz. Es gab sogar Sonderanfertigungen mit sechs angetriebenen Rädern, Ketten oder einem Spezialfahrwerk für Eisenbahnschienen.

1970 schlug die Marke eine völlig neue Richtung ein - die des luxuriösen Geländewagens. Ob nun der Range Rover oder der Jeep Wagoneer dieses Segment begründet hat, sei dahingestellt: Der "Range" mit seinem 3,5 Liter großen V8-Motor war vom Start weg ein Erfolg. Mit Leiterrahmen und Starrachsen blieb er ein klassischer Offroader, bot jedoch Schraubenfedern, Scheibenbremsen, eine Niveauregulierung an der Hinterachse und echten Komfort im Innenraum.

In den folgenden Jahren kam Stück für Stück mehr Pkw-Komfort hinzu - Servolenkung, elektrische Fensterheber, Automatikgetriebe. Der Range Rover "Vogue" von 1981 nahm den heutigen Trend zu mit Technik voll gestopften Luxus-Geländewagen vorweg, die sich als Zugfahrzeug für den Edel-Zossen genauso eignen wie zum Angeben auf dem Golf- oder Tennisplatz.

Dass Land Rover auch zu den offiziellen Hoflieferanten des englischen Königshauses gehört, versteht sich von selbst. Inoffiziell wurde die Marke ebenfalls geadelt: James Bond, Geheimagent Ihrer Majestät, griff getreu seinem Motto "Die Welt retten ja, aber bitte mit Stil" mehrfach zum Range Rover-Schlüssel.

Das originellste Gefährt war ein zum Cabrio umgebauter Range, mit dem Bond alias Roger Moore 1983 im Film "Octopussy" einen brenzligen Einsatz auf Kuba durchführte und dabei von Tina Hudson unterstützt wurde. Der dänische Land Rover-Importeur war so beeindruckt, dass er das Bond-Girl gleich zum Foto-Shooting für seinen neuen Range Rover-Katalog bat.

Was wird die Zukunft bringen?

Die Qualität der britischen Offroader sprach sich selbst hinter dem eisernen Vorhang herum. Hobby-Jäger Erich Honecker ließ die Fahrzeuge der heimischen Automobilproduktion mit ihrem Fred Feuerstein-Komfort links liegen und gönnte sich für die Pirsch im volkseigenen Grün einen speziell umgebauten Range Rover. Der lindgrüne Allradler verfügte über Standheizung, Lammfellsitze, ein hydraulisch betätigtes Verdeck und eine Seilwinde.

Heute umfasst die Land Rover-Familie neben dem knochigen Defender und dem luxuriösen Range noch den Discovery (der wurde in den 90er Jahren als Wettbewerbsfahrzeug der "Camel Trophy" berühmt) und den Freelander. Für viel Aufsehen sorgte auf der Detroit Motor Show 2008 die Studie LRX mit Hybrid-Technik.

Die Herausforderungen für die Zukunft sind gewaltig - Gewichtsreduzierung und effizientere Motoren bedeuten Mammutaufgaben für ein Unternehmen, das ausschließlich Geländewagen produziert. Trotzdem kann Land Rover Rekorde bei den Verkaufszahlen vermelden. Welche konkreten Modelle in der Zukunft geplant sind, verraten die Briten noch nicht. "Doch was auch immer wir bauen", sagt Land Rover-Sprecher Paul Entwistle: "Es wird in jedem Fall geländegängig sein."

© sueddeutsche.de/Pressinform/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: