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Das Silicon Valley zieht an die Isar
BU: Google baut das ehemalige Paketzustellamt mit seiner denkmalgeschützten Rotunde um. Ab 2024 sollen in Sichtweite zur Hackerbrücke weitere 1500 Mitarbeiter für das Technologieunternehmen arbeiten. Foto: © Visulent AB
Prestigeerfolge sind eine Medaille mit zwei Seiten. Die Münchner wissen das spätestens seit den Olympischen Sommerspielen 1972. Einerseits hinterließ ihnen das Großereignis ein wunderschönes Stadion, den Olympiaturm und den Mittleren Ring. Andererseits verdoppelten sich zwischen 1965 und 1973 die Mieten. Es war also nur zu verständlich, dass nicht alle jubelten, als Apple-CEO Tim Cook im März 2021 den Ausbau der Aktivitäten in München ankündigte. Schließlich werden an der Isar IT-Fachkräfte schon jetzt so händeringend gesucht wie sonst nur Wohnungen.
Der amerikanische IT-Gigant will München zum europäischen Zentrum für Chip-Design ausbauen und dafür hunderte neue Mitarbeiter einstellen. Zudem soll in der Karlstraße ein neuer und hochmodern eingerichteter Standort errichtet werden. „Ich könnte nicht gespannter sein auf das, was unsere Ingenieurteams in München noch alles entdecken werden“, sagt Tim Cook. Die Erweiterung sowie zusätzliche Investitionen in Forschung und Entwicklung will sich der Konzern aus dem Silicon Valley in den nächsten drei Jahren über eine Milliarde Euro kosten lassen.
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Nur einen Steinwurf entfernt verfolgt Google ganz ähnliche Pläne. Vor zwei Jahren sorgte der Suchmaschinenbetreiber für Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass er sein „Entwicklungszentrum der Zukunft“ an der Arnulfstraße bauen wird. Nach dessen Fertigstellung soll sich die Mitarbeiterzahl des Technologieunternehmens in München auf 3.000 verdoppeln. Mit Amazon baut ein weiterer US-Konzern seinen Standort an der Isar aus. Seit Mai 2021 entsteht in der Parkstadt Schwabing ein neues Bürogebäude, das bis Anfang 2024 fertiggestellt sein soll. Von den vier großen IT-Konzernen hat sich nur Facebook-Betreiber Meta für Hamburg, Berlin und Zürich als Standorte im deutschsprachigen Raum entschieden.
Dass sich die Giganten des Silicon Valleys ausgerechnet in München ein Stelldichein geben, ist kein Zufall, sondern Ergebnis zielgerichteter Politik. Sie begann als sogenannte High-Tech-Offensive der Bayerischen Staatsregierung in den 1990er-Jahren. Zu den Zielen des milliardenschweren Förderprogramms gehören die Stärkung der Infrastruktur sowie die Förderung von Kooperationen zwischen Unternehmen und dem Forschungs- und Finanzsektor. Dahinter steht der richtige Gedanke: Ohne Investitionen und Wagniskapital gibt es weder Start-ups noch Innovationen. Die Technische Universität München und die Ludwig-Maximilians-Universität zählen bis heute zu den Profiteuren der finanziellen Förderung.
Sie danken es dem Freistaat, in dem sie Jahr für Jahr Tausende hochqualifizierter Absolventen auf den Arbeitsmarkt bringen.
Die wiederum sind der Grund, warum Apple, Google und Co. der Bayernmetropole den Vorzug geben. Manche der Absolventen gründen mithilfe von Fördergeldern oder Risikokapitalgebern selbst Start-ups. Das macht die IT-Szene in München bunt und sorgt für Auslastung. „Im Vergleich zu anderen innovationsstarken deutschen Regionen schneidet der Informations- und Kommunikationstechnologie-Sektor der Region München gut ab: mehr Betriebe, mehr Beschäftigte, deutlich höhere Umsätze sowie Neugründungen mit durchschnittlich mehr Beschäftigten“, heißt es in einer ifo-Studie über den „Informations- und Kommunikationstechnologiestandort München“. Dass die bayerische Landeshauptstadt mit ihrem breiten Kulturanbot und dem Umland mit Alpen und Seen noch dazu sehr viel Lebensqualität zu bieten hat, ist quasi das i-Tüpfelchen. Hier ansässige Unternehmen haben es leicht, neue Mitarbeiter aus aller Welt davon zu überzeugen, zu ihnen zu kommen.
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Dass global agierende Digitalunternehmen aber nicht nur nach München ziehen, sondern dort auch zur Welt kommen, beweist Celonis. Das 2011 in der Isarmetropole gegründete IT-Unternehmen ist seit Juni 2021 Deutschlands erstes und bislang einziges Decacorn. So werden Start-ups bezeichnet, deren Börsenwert bei mehr als zehn Milliarden US-Dollar liegt. Celonis rasantes Wachstum beruht auf der Entwicklung einer Process-Mining-Technologie, mit der die Kunden Daten in Echtzeit erfassen und auswerten können. „Wir sind überzeugt, dass diejenigen Unternehmen zu den Gewinnern der digitalen Transformation zählen werden, die Daten in jeder Facette ihrer Geschäftsprozesse zielgerichtet einsetzen“, sagt Alexander Rinke, Co-CEO und Mitgründer von Celonis. Manager können auf diese Weise nicht nur ihre Prozesse verbessern, sondern auch die Kundenzufriedenheit steigern und, immer wichtiger, den CO2-Ausstoß verringern.
Mit Microsoft ist ein weiterer Weltkonzern in München ansässig. Der Umzug seiner 1900 Mitarbeiter starken Deutschland-Zentrale von Unterschleißheim nach München im Sommer 2016 kann rückwirkend geradezu als Fanal betrachtet werden. „München ist eine der führenden IT-Metropolen Europas“, hob Dieter Reiter, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, damals hervor. „Ein Ort, an dem Trends entstehen und gesellschaftliche Entwicklungen frühzeitig sichtbar werden.“ Mit demnächst noch mehr geballter IT-Power dürfte die Goldgräberstimmung an der Isar so schnell nicht enden.
Jacob Neuhauser
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