World Trade Center:Stahl wird weich wie Knetmasse

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Warum die Türme des World Trade Center dem Aufprall und dem Feuer nicht standhalten konnten.

Angelika Jung-Hüttl und Thilo Kunzemann

Die Zwillingstürme des World Trade Centers in New York - einer war 412, der andere 414 Meter hoch - sind am Dienstag in sich zusammengestürzt, kurz nachdem zwei Flugzeuge in sie hinein gerast waren.

Das Gelände des World Trade Center in New York. (Foto: Grafik: The Port Authority)

Hochhäuser wie das World Trade Center haben nach Auskunft von Hochbau-Experten in der Mitte einen Kern aus Stahlbeton. Er nimmt etwa 50 Prozent der Grundfläche ein. Darum herum tragen Konstruktionen aus Stahlstützen die Decken- und Wandelemente aus Beton.

Die Außenfassade der Twin Towers wurde nach dem Attentat von 1993 vestärkt. Doch dem waagrechten Aufprall der Flugzeuge konnte sie nicht standhalten. Aus Brandschutzverordnungen sind alle Fluchtwege im Kern aus feuerfestem Beton - Fachleute sprechen von einem Tube - integriert.

Kern durch Flugzeugeinschlag geschwächt

Es wird darüber spekuliert, dass bei der Explosion der Flugzeuge nach dem Aufprall der Kern beschädigt wurde, Benzin konnte eindringen und sich entzünden. Dadurch waren die Fluchtwege in den oberen Stockwerken sofort abgeschnitten.

Der Zusammenbruch

Experten zufolge hatte das stückweise Einbrechen der Wolkenkratzer folgenden Grund: Wände und Decken der Stockwerke wurden dadurch instabil. "Die Decken sind nur für eine bestimmt Last ausgelegt", sagt Stephen Reusch vom Institut für Tragkonstruktionen an der Universität Stuttgart. Wird diese Last überschritten, kommt eine Kettenreaktion in Gang. Das Gebäude stürzt wie ein Kartenhaus zusammen.

500 bis 800 Grad Celsius

Durch die große Hitze des Feuers kommt es bei Temperaturen zwischen 500 und 800 Grad zur sogenannten Plastifizierung: Das bedeutet, dass der Stahl "weich wird wie Knete", sagt der Statiker Marko Ludwig vom Ingenieur-Büro Pichler in Berlin.

Dabei gebe das Stahlskelett nicht plötzlich nach, sondern es entstünden zunächst immer mehr Stellen, die nicht mehr tragfähig seien. "Irgendwann kommt dann der Punkt, wo das Haus zu viele labile Punkte hat." In New York stürzten die Türme etwa eine halbe Stunde nach dem Aufprall plötzlich in sich zusammen, Großbrände folgten.

Neueste Hightech-Bauten

Laut Ludwig machten es erst Stahlskelette Anfang des Jahrhunderts möglich, Wolkenkratzer zu bauen. In der Regel seien Stahlskelette bis heute das Gerüst solch hoher Gebäude. Lediglich neueste Hightech-Hochhäuser seien aus hochfestem Beton gebaut. Dieser Beton konne Feuerbrünbsten besser standhalten. Aber angesichts des heftigen Aufpralls hätte das "vermutlich auch nichts genützt", meint Ludwig.

Der Zusammenbruch von Hochhäusern sei bei einem derart heftigen Eingriff in die Statik nicht zu verhindern, sagte auch der Oldenburger Baustatiker Hans-Georg Oltmanns.

Lediglich Atomkraftwerke seien in ihrer Statik so ausgerichtet, dass sie einem Flugzeugabsturz stand halten könnten - zumindest rechnerisch.

(sueddeutsche.de / dpa / AFP)

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