Umwelt:Trübe Aussichten für den Globus

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Hier Regen, dort Dürre - eine Veränderung des Weltklimas lässt sich kaum noch aufhalten.

Patrick Illinger und Martin Thurau

Regen ist die eine Sache. Trockenheit ist die andere. Beides hat den Erdball in diesen Tagen fest in den Griff genommen.

Hochwasser in Mitteleuropa, Dürre in Indien. "Es gibt kaum Zweifel daran, dass ein Wandel des Weltklimas eingesetzt hat." (Foto: AP/dpa)

Sind das Anzeichen dafür, dass das Weltklima nun aus den Fugen gerät? Hat es der Mensch zu weit getrieben mit Energieverbrauch und Schadstoffausstoß?

Wissenschaftler mahnen zur Nüchternheit. "Es gibt zwar kaum Zweifel daran, dass ein Wandel des Weltklimas eingesetzt hat", sagt Hans-Joachim Schellnhuber, Direktor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Die Durchschnittstemperatur auf der Erde hat sich in den vergangenen hundert Jahren um 0,9 Grad Celsius erwärmt, die Menge des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre, das vor allem beim Verheizen fossiler Brennstoffe entsteht, hat im gleichen Zeitraum um etwa 30 Prozent zugenommen.

Dennoch lässt sich kein einzelnes Unwetter als direkte Folge dieser Verschiebungen nachweisen. Erst statistische Analysen der Häufigkeit von Regenfällen, Gewittern und Stürmen können Verbindungen zwischen Klima und Wetter knüpfen.

Rätselraten mit Modellrechnungen

Und hier beginnt das Rätselraten. Denn Modellrechnungen, die auf eine Erderwärmung in den kommenden Jahrzehnten hindeuten, sagen für unsere Breitengrade tendenziell trockenere Sommer vorher. Unbestritten ist, dass dabei Extremereignisse auch in unseren Breiten häufiger vorkommen als früher.

"Die Menge der aktuellen Niederschläge und die vielen betroffenen Orte stimmen dabei bedenklich", sagt Christian Schönwiese, Klimaforscher an der Universität Frankfurt. Doch katastrophale Unwetter gab es auch in der Vergangenheit: Im Jahr 1342 haben Hochwasser reihenweise Brücken in ganz Europa weggerissen und 1954 sind in Rosenheim an einem Tag 260 Millimeter Regen niedergegangen - ein Wert, der in diesem Jahr nicht erreicht wurde. Insofern lässt sich kaum nachweisen, dass die aktuellen Unwetter von Menschen verursacht sind.

Wissenschaftlich erwiesen ist dagegen, dass der Mensch für die Erwärmung des Erdballs wesentlich verantwortlich ist. Und die Welt wird weiter dem Kollaps entgegenheizen. Denn der Klimawandel lässt sich kaum noch aufhalten.

Bislang haben alle Bemühungen, die CO2-Menge in der Atmosphäre zu reduzieren, wenig gebracht. Alles, was man von nun an tut, kann erst in ferner Zukunft Wirkung entfalten. Das Weltklimasystem reagiert träge wie ein schwerer Öltanker. "Kohlendioxid bleibt hundert bis zweihundert Jahre in der Atmosphäre", sagt Klimaforscher Schellnhuber.

Und um den Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts auf nur zwei Grad Celsius zu begrenzen, müssten die Industrieländer ihren Kohlendioxid-Ausstoß um rund 80 Prozent bis zum Jahr 2050 senken - ein aussichtsloses Unterfangen. Die Umsetzung des Kyoto-Prokotolls, das die Staatengemeinschaft nur mit viel geschmeidiger Diplomatie auf den Weg brachte, kann nur eine Erderwärmung von 0,1 Grad ausgleichen. Bis zum Jahr 2100 rechnet das Expertengremium IPCC der Uno jedoch mit einer Aufheizung bis zu sechs Grad.

Dunstglocke aus Asche, Ruß und Säure über Asien

Nun macht eine weitere Hiobsbotschaft die Runde: Eine dichte Dunstglocke aus Asche, Ruß, Säure und anderen Schadstoffen hat sich über Asien festgesetzt. Ausgehend von den großen Metropolen des fernen Ostens hat sich eine zähe, graubraune Smogschicht über weite Teile des Kontinents gelegt, die bis an die Hochtäler des Himalaya heranreicht.

Reisende kennen den Eindruck, wenn ihr Flugzeug über einer der asiatischen Metropolen zum Landeanflug ansetzt und sich das Gefühl einstellt, man tauche in einen riesigen Topf Hühnerbrühe.

Nach einem Bericht der UN-Umweltorganisation Unep stellt die drei Kilometer dicke Dreckschicht eine Bedrohung für das Klima der Region und die Gesundheit der Menschen dar. 15 Prozent weniger Sonnenlicht treffe dort auf die Erde, haben Forscher aus vier Kontinenten berechnet.

Sie fürchten, der Monsunregen im Winter könnte sich deshalb um bis zu 40 Prozent verringern - mit katastrophalen Folgen für den Reisanbau. Unep-Chef Klaus Töpfer betont, dass dieses von Menschen gemachte Phänomen nicht auf Asien beschränkt bleibe, "nicht zuletzt, weil ein drei Kilometer hohes Schmutzpaket wie dieses in einer Woche um die halbe Erde reisen kann."

© Dieser Text erschien in der SZ vom 13.08.2002 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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