Transplantationen:Männer im Vorteil

Lesezeit: 1 min

Wissenschaftler fordern, dass das Geschlecht bei der Entscheidung über eine Organvergabe berücksichtigt werden sollte. Denn Frauen stoßen neue Organe von Männern auffällig oft ab.

Christina Berndt

Der kleine Unterschied geht bis ins Mark. Männer und Frauen unterscheiden sich noch im Knochenmark und auch in anderen Organen, die bei Transplantationen eine Rolle spielen.

Der Kampf der Geschlechter tobt so heftig, dass Frauen Organe von Männern auffällig oft abstoßen.

Zu diesem Schluss kommen Ärzte aus Basel und Heidelberg, die den Ausgang von knapp 200.000 Nierenverpflanzungen untersucht haben. "Künftig sollte das Geschlecht bei der Entscheidung über Organvergaben berücksichtigt werden", fordern Alois Gratwohl und Gerhard Opelz nun im Fachblatt Lancet.

Die Gefahr, dass eine Niere abgestoßen wird, ist rund zehn Prozent höher, wenn eine Frau sie von einem Mann bekommt als bei allen anderen Geschlechter-Kombinationen.

Schuld ist offenbar das männliche Y-Chromosom. Es sorgt dafür, dass sich auf den Organen von Männern Moleküle befinden, die dem Immunsystem dabei helfen, den eigenen Körper von krankmachenden Eindringlingen zu unterscheiden. Weil Frauen kein Y-Chromosom haben, sind ihrem Immunsystem diese Moleküle fremd. Es bekämpft sie.

Frauen sollten daher eher Nieren von Frauen bekommen und Männer die von Männern, fordern Gratwohl und Opelz. Beide Geschlechter hätten etwas davon. Denn umgekehrt gingen die kleineren weiblichen Organe im Körper von Männern mit der Zeit häufig an Überlastung zugrunde.

Weil also beide Geschlechter mit einem Organ des anderen Geschlechts nicht restlos glücklich würden, sei die Zerstörung der männlichen Nieren durch das Immunsystem von Frauen bisher wohl nicht aufgefallen, glauben Gratwohl und Opelz.

Hinweise auf die politisch unkorrekte Abstoßung gab es bisher nur von Zellen aus dem Knochenmark. Weil diese nicht so leicht an Überlastung sterben, waren nur die Transplantationsergebnisse von Männern auf Frauen schlechter.

Das Problem für Männer ist nun nur: Es gibt viel zu wenig männliche Nieren. Der Grund? Der kleine Unterschied: Frauen sind bei der Organspende erheblich großzügiger.

© SZ vom 04.07.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: